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Zurück Wohnungsbau

Gedämpfte Freudigkeit

So leidenschaftlich wie gründlich plant Stefan Forster Geschosswohnbauten. Doch im aktuellen Boom sieht er vor allem eine Gefahr für die Alltagsqualität

31.03.20138 Min. Kommentar schreiben
Prägung mit einfachen Mitteln Westparc 826, Frankfurt Drei Häuser mit 59 Wohnungen nach Entwürfen von Stefan Forster entstanden 2010 im neuen „Europaviertel“ auf dem Gelände des früheren Frankfurter Hauptgüterbahnhofs im Stadtteil Gallus. Das Städtebaukonzept für die Zeilen- und Punkthäuser war vorgegeben. Bauherrin war die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Hessen. Bei der Gestaltung ging es laut Forster darum, „mit einfachen, reduzierten architektonischen Mitteln sowie Anklängen an bekannte Architektursprachen dem Ort eine eigene, erhabene Prägung“ zu geben. ­Brüstungs- und Sturzkanten und gleiche Fensterformate sollen für formale Ruhe sorgen. Alle Wohnungen haben tiefe, flexible Balkons, entsprechen dem KfW-40-Standard und sind barrierefrei – Letzteres eine Anforderung, über die der Architekt wegen der zusätzlich nötigen Flächen nicht immer begeistert ist. Foto: Lisa Farkas

Text: Roland Stimpel

Eigentlich müsste Stefan Forster jetzt glücklich sein. In vielen deutschen Städten belebt sich der Wohnungsbau. An seinem Bürositz Frankfurt gab es im vorigen Jahr sieben Prozent mehr Baugenehmigungen für Geschosswohnungen als 2011, in Berlin knapp 20 und in Hamburg sogar fast 30 Prozent. Damit wächst Stefan Forsters Markt: Er hat sich ganz dieser Bauaufgabe verschrieben. Lange interessierte sein Thema nur wenige; jetzt ist in aller Munde.

Aber Forster ist nicht sehr zufrieden – und trauert sogar ein bisschen der vergangenen Wohnungsbau-Flaute nach. „Da gibt es zwar insgesamt weniger Aufträge. Aber wenn Wohnungen nicht so gefragt sind, dann müssen Sie Qualität liefern. Jetzt dagegen lässt sich jede Wohnung verkaufen oder vermieten. Und das senkt das Niveau.“

Grundriss: Stefan Forster Architekten GmbH

Schlampigen Bauherren machen es viele Abnehmer allzu leicht. „Ich kenne Wohnungen für 4.000 Euro pro Quadratmeter, die die Leute blind kaufen. Der typische Erwerber so einer Wohnung ist Mitte 30, hat vielleicht 600.000 Euro geerbt, begnügt sich mit einer Baubeschreibung auf einem DIN-A4-Blatt und nimmt alles ab, was an der Oberfläche chic wirkt.“ Solches Verhalten verführe Planer und Bauherren zur Schlamperei. „Je teurer die Adresse, desto schlechter die Architektur“, hat Forster festgestellt. „Da baut man heute mit immens viel Geld die Sanierungsfälle von morgen.“ Nebenbei ärgern ihn die bizarren Honorare: „Oft verdient der Makler mit zwei Besichtigungsterminen mehr Provision als der Architekt für monatelange Planung.“

Grundriss: Stefan Forster Architekten GmbH

 

Zwischen Gründerzeit und Moderne Idsteiner Straße 123-125, Frankfurt In historisch bedeutsamer Nachbarschaft baute Stefan Forster 2011 ein Haus mit 22 Wohnungen für die städtische AGB Frankfurt Holding. Es ist das Bindeglied zwischen dem gründerzeitlichen Teil der Hellerhofsiedlung und den gegenüberliegenden Zeilenbauten von Mart Stam aus den Jahren um 1930. Das Passivhaus ersetzte ein Wohnhaus der Nachkriegszeit, dessen Substanz eine Sanierung nicht mehr lohnte. Foto: Lisa Farkas

Hat der Makler eine teure Wohnung vom Plan weg verkauft, dann beginnt bei Erwerbern das große Individualisieren. „Solche Eigentumsprojekte sind für uns ein Horror. Die Arbeit ist wegen der ganzen Sonderwünsche extrem aufwendig und rechnet sich dann nicht.“ Halb ehrfürchtig und halb mitleidig sagt Forster: „Ich bewundere Kollegen, die sich mit privaten Kunden beschäftigen. Mein Ding ist es nicht, mit der Dame des Hauses über ihre ganz persönlichen Dinge zu sprechen.“ Auch Baugruppen und -gemeinschaften sind nicht seins. „Ich finde das zwar eine tolle Sache, dass es das gibt. Aber sie umfassen vielleicht ein Prozent des Marktes. Damit können wir keine Stadt bauen.“

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