
Das Projekt „Element & Lingot“ haben die Architekten vom Berliner Studio Loes im Stadtteil Moabit realisiert, der von einer dichten Blockrandbebauung geprägt ist.
Nate Cook Photography
Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Anspruch, zu gestalten“ im Deutschen Architektenblatt 10.2025 erschienen.
Mit der Modulbauweise hatten wir bis zu diesem Projekt noch keine Erfahrungen gesammelt, aber für den Bauherrn war sie fester Bestandteil der Agenda“, erinnert sich Lukas Specks, Architekt bei Studio Loes. „Zudem waren die Rahmenbedingungen speziell, vom Grundstück bis hin zum Boden.“
Ein Immobilienentwickler hatte das Architekturbüro beauftragt, ein neues Wohngebäude zu entwerfen, das zwischen zwei Berliner Vorder- und zwei Hinterhäusern Platz finden sollte („Element“). Hinzu kamen Dachaufstockungen auf den beiden vorderen sowie hinteren Bestandsgebäuden („Lingot“).

Auf dem engen Bauplatz zwischen Vorderhaus und zweitem Hinterhaus war Vorfertigung ein Pluspunkt.
STUDIO LOES
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Modulbau in dichter Blockrandbebauung
Das Projekt „Element & Lingot“ haben die Architekten im Berliner Stadtteil Moabit realisiert, der von einer dichten Blockrandbebauung geprägt ist. Das heißt: enge Begrenzung inmitten von bewohntem Bestand, allein durch eine Zufahrt erschlossen. „Genau diese eingrenzenden Umstände sprachen für Modulbau“, erläutert Projektleiter Lukas Specks. „Dank Vorfertigung konnten wir die Bauzeit vor Ort und die damit einhergehende Lärmbelastung deutlich reduzieren.“ Baubeginn war 2022, Fertigstellung 2023. Der modulare Holz-Korpus stand innerhalb von rund drei Wochen.
Aufwendige Pfahlgründung
Viel Arbeit erforderte im Vorfeld die Gründung. Der Boden in diesem Hof besteht vor allem aus dem Schutt von Häusern, die bis zum Zweiten Weltkrieg dort gestanden hatten. Er erwies sich für eine erneute Bebauung als nicht tragfähig, was eine Pfahlgründung erforderlich machte. Darüber hinaus mussten die Architekten die Durchfahrt samt dem darunterliegenden Kriechkeller statisch ertüchtigen lassen, um das für den Bau notwendige Gerät auf das Grundstück bringen zu können. „Im Raster zu arbeiten, ist auf einem Grundstück auf grüner Wiese sicher einfacher“, fasst Lukas Specks zusammen. Bauordnungsrechtliche Einschränkungen mussten die Architekten in diesem Umfeld maximal ausreizen. „Das war kompliziert, hat aber gut funktioniert.“
Zufällig zum Modulbau gekommen
Eher zufällig ist auch das Büro Adobe Architekten + Ingenieure zum Modulbau gekommen – durch ein öffentliches Projekt, bei dem dieser vorgegeben war. „Wir haben uns seit jeher mit modularem Bauen beschäftigt, aber bisher nur mit Elementbauweise“, berichtet der Architekt Matthias Schodlok. Gefordert war ein Bürogebäude für das Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund) in Ilmenau, das den spezifischen Anforderungen eines IT-Dienstleisters gerecht wird.
Was nach einer typischen Aufgabe für ein Architekturbüro klingt, stellt sich im Modulbau jedoch ein wenig anders dar: „Man sollte von Anfang an versuchen, die Grenzen kennenzulernen – also konstruktive Vorgaben“, sagt Matthias Schodlok. „In unserem Fall waren das die recht massiven Eckstützen.“ Auch der Deckenaufbau sei deutlich anders als im herkömmlichen Bauen, da es Boden und Decke gebe.

Serielle Vorfertigung ermöglichte es, den Bürobau in Ilmenau binnen sechs Monaten zu realisieren.
Markus Steur
Baustellenverkehr minimiert
Die 176 Arbeitsplätze im Bürogebäude verteilen sich auf verschiedene, flexibel gestaltbare Arbeitsbereiche, die sich an die individuellen Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer anpassen lassen. „Um die Bauzeit zu verkürzen und die Kosten zu optimieren, fiel schon bei der Formulierung des Auftrags die Entscheidung auf Modulbau“, erläutert Matthias Schodlok. Dies habe es ermöglicht, vorgefertigte Module in einer kontrollierten Umgebung produzieren und dann schnell vor Ort montieren zu lassen. „Das brachte uns gleich zwei Vorteile: Wir konnten die witterungsbedingten Verzögerungen erheblich reduzieren, gleichzeitig haben wir den Baustellenverkehr und den Lärm minimiert.“
Präzision dank Vorfertigung
Einen weiteren Vorteil des Modulbaus weiß der Architekt ebenso zu schätzen: „Die industrielle Fertigung ist sehr präzise, solche Möglichkeiten hat man beim herkömmlichen Bau nicht.“ Bis zum Auftrag für den Bürobau des ITZBund lag der Schwerpunkt des Büros auf Holz. „Wir haben häufig mit vorgefertigten Flächenelementen gearbeitet“, so Matthia Schodlok. In Ilmenau seien erstmals für das Büro Stahlmodule zum Einsatz gekommen. „Das machte für uns aber keinen großen Unterschied, im Gegenteil: Die große Spannweite von Stahl gab uns bei der Planung mehr Freiheiten.“ Auch dank der Maßgenauigkeit erwies sich die Wahl des Materials als gute Entscheidung.

Der Entwurf für das ITZBund in Ilmenau spiegelt die Nutzung als funktionales und flexibles Bürogebäude wider und passt sich zugleich an seine Umgebung an.
ADOBE Architekten + Ingenieure GmbH
Trotz Modulbau gleicht kein Geschoss dem anderen
Beim Studio Loes verlief der Weg beim Material in die andere Richtung. „Wie der Modulbau war auch der Holzbau für uns neu“, sagt Lukas Specks. „Wir haben für den Sechsgeschosser im Hof ein Exoskelett aus vorgefertigten Stahlbetonelementen entworfen und darin das für uns in der Praxis weniger erprobte Material eingesetzt: einen Korpus in Holzrahmenbauweise“. Das Büro hat teilweise mit einzelnen Elementen gearbeitet, etwa bei Wänden und Decken, teils mit kompletten Modulbauelementen, wie bei den Bädern und den innen liegenden Treppenhäusern. Kein Geschoss gleicht dem anderen.
„Herausfordernd bei der Planung waren die von uns gewollten Abweichungen von der Standardstruktur, um Varianten zu erzeugen“, sagt der Architekt. „Trotz strengem Raster wollten wir einen Wohnungsmix schaffen. Optisch sollte der Bau nicht wie ein Stapel Container aussehen, die Struktur aber dennoch ablesbar bleiben.“ Die 20 durchgesteckten Wohnungen mit drei bis fünf Zimmern, einige von ihnen Maisonettes, lassen sich bei Bedarf auch in anderen Varianten kombinieren. Die unterschiedlichen und variablen Grundrisskonfigurationen ermöglichte Studio Loes, indem das Team Haustechnik und Erschließung im Exoskelett platzierte.

Beim „Element“ befinden sich die Holzmodule hinter einem Skelett aus Beton.
Nate Cook Photography
Exoskelett aus Stahlbeton
Dass es sich bei „Element“ um Modulbau handelt, sieht man dem Haus nicht an. Auch die durchdacht verschränkten Baustrukturen lassen diesen nicht vermuten. Das nach außen gestülpte Exoskelett aus Stahlbeton-Fertigteilen bildet die Balkone der Wohnungen aus und lässt Treppenhäuser und Laubengänge zu öffentlichen Flächen werden, die die Bewohnerinnen und Bewohner gemeinschaftlich nutzen können. An den Stirnseiten werden die Treppenhäuser jeweils um Aufenthaltsflächen ergänzt.
Die Ostfassade verfügt aufgrund ihrer offenen Süd-Ost-Ausrichtung über besonders großzügige Terrassen und Balkone, die zum Verweilen unter der Sonne einladen. Die eigentliche Fassade liegt dahinter und besteht aus Wänden in Holzrahmenbau mit bereits vorgefertigten Fenstern und Türen. Im Inneren dienen Brettsperrholzwände und -decken als tragende Elemente. Durch die außen liegenden Zirkulationsflächen profitieren alle Bewohnerinnen und Bewohner gleichermaßen von einer Querlüftung sowie ganzjähriger Sonneneinstrahlung.
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Bei Bedarf erweitern und anpassen
Der Entwurf für das ITZBund in Ilmenau spiegelt die Nutzung als funktionales und flexibles Bürogebäude wider und passt sich zugleich an seine Umgebung an. „Die modulare Bauweise erleichterte es uns, eine klare und strukturierte Architektur zu schaffen, bei der die einzelnen Module harmonisch miteinander verbunden sind“, so Matthias Schodlok. „Der Modulbau bietet zudem die Möglichkeit, bei Bedarf Erweiterungen oder Anpassungen etwa in Form von Umstrukturierungen vorzunehmen, sodass das Gebäude auch in Zukunft den wachsenden Anforderungen des ITZBund gerecht wird.“
Verkürzte Bauzeit dank serieller Bauweise
Für das Berliner wie für das Ilmenauer Projekt heben die Architekten jeweils explizit hervor, dass die serielle Vorfertigung nicht nur den Lärm vor Ort reduziert hat, sondern auch die Bauzeit extrem verkürzte. Das Bürogebäude für das ITZBund ist in sechs Monaten realisiert worden. „Neben der funktionalen Gestaltung der Räume haben wir auch auf eine effiziente Logistik und eine benutzerfreundliche Infrastruktur geachtet“, sagt Matthias Schodlok. „So haben wir bei der Planung nicht nur die Raumnutzung optimiert, sondern auch die Erreichbarkeit des Gebäudes sowie die Versorgung mit Parkmöglichkeiten und Nahverkehrsanbindungen berücksichtigt.“

Das Exoskelett aus vorgefertigten Stahlbetonelementen umfasst auch die Laubengänge und Balkone.
Nate Cook Photography
Modulbau und Nachhaltigkeit
Dass modulares Bauen nicht nur effizient ist, sondern auch strukturelle Flexibilität ermöglichen und dabei gut aussehen kann, haben beide Büros bei ihrem je ersten Projekt dieser Art vorgemacht. Doch auch Nachhaltigkeit ist gefordert – und wird realisiert. So hat Studio Loes in Berlin nach KfW-40-EE-Standard gebaut. Die Wohnhäuser verfügen über eine großflächige extensive Dachbegrünung, eine Photovoltaikanlage sowie Wärmepumpen. Der nachhaltige Ansatz für das Ensemble setzt sich auch im Konzept für die Außenanlagen fort, wo zwischen den Häusern ein kleiner urbaner Wald nach dem Konzept des japanischen Ökologen Akira Miyawaki entstehen soll.
Adobe hat beim Neubau des ITZBund in Ilmenau ebenfalls eine Photovoltaikanlage auf dem Dach realisiert. Zudem ist das Gebäude an ein Fernwärmesystem angeschlossen, das mit erneuerbaren Energien betrieben wird. Das begrünte Dach des Bürobaus verbessert das Mikroklima des Gebäudes, indem es die Wärmeaufnahme reduziert und so den Energieverbrauch für Kühlung und Heizung senkt. Darüber hinaus schafft es Lebensraum für Vögel und Insekten.
„Ressourcenschonend und seriell zu bauen, hat eine ökologische und eine ökonomische Dimension“, sagt Lukas Specks. Es bedeute, Lösungen auf begrenztem Raum zu finden, und dafür mit modularen, vorgefertigten, bestenfalls lokalen Bauteilen zu arbeiten. Darüber hinaus gebe es auch eine soziale Dimension: „Wir wollen Gebäude schaffen, die von ihren Bewohnerinnen und Bewohnern vielfältig genutzt werden können – und dadurch besonders lange erhalten bleiben.“
Inspirierende Herausforderung
Welche Erfahrungen haben die Architekten mit ihren ersten Projekten gemacht – und was schließen sie daraus? „Als Architekten haben wir den Anspruch, zu gestalten“, sagt Lukas Specks. „Um das sicherzustellen, müssen wir mit den Herstellern – den Modulbauern – im Austausch sein.“ Wer wisse, wie diese Akteure denken und produzieren, könne sich durch gute Kommunikation Freiräume schaffen. „Das sollte künftig in unserer Ausbildung stärker verankert werden.“
Matthias Schodlok ist sicher, dass der Modulbau ein großes Potenzial habe, dieses aber noch nicht ausgespielt sei: „Einige Projekte in den vergangenen Jahren erscheinen etwas verstaubt, da wurde vieles bloß aus der Schublade gezogen.“ Deshalb sollte man in Wettbewerbsverfahren beziehungsweise mit Studierenden versuchen, neue kreative Lösungen zu finden. Architekten, so Matthias Schodlok, könnten sich über Literatur einen guten ersten Überblick verschaffen. „Viel wichtiger ist es aber, sich ein realisiertes Bauwerk anzuschauen – oder zumindest eine Baustelle.“ Seine Hoffnung: „Man kann im Modulbau sehr schnell große Baumassen umsetzen und so auf den dringenden Raumbedarf reagieren, etwa für Wohnraum in Großstädten.“
Beide Architekten ziehen das Fazit: „Gerne weitere Projekte im Modulbau!“
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