Text: Wolfgang Bachmann
Damals, als wir Architekturstudenten unsere Seminararbeiten an der Seite der Arbeiterklasse verfassten, Beton für faschistisch hielten und dachten, Warmdach sei der despektierliche Hinweis auf eine schwule WG, da hätte uns so eine praktische Bastelanleitung vielleicht geholfen. Aber wer glaubt heute, dass er mit zwei DVDs „Erfolgreich Entwerfen!“ lernen kann? So ist das Versprechen „des jungen Unternehmens architracks aus Stuttgart“ für „Erstsemester bis zum erfahrenen Architekten“.
Die Befürchtung, hier sollte der Fachmann eingespart und der Laie ermutigt werden, sich seine Hütte selbst zu planen, bestätigt sich nicht. Das 60-minütige Lernprogramm richtet sich im hemdsärmeligen Per-du an „Kommilitonen und Kollegen“. Entwerfen ist ja so einfach: Es geht um die Verteilung und Orientierung von Massen auf einem Lageplan. Dazu helfen Skizzen, Modelle oder digitale Werkzeuge, nachdem man sich hat inspirieren lassen: von Fachzeitschriften oder den Büchern der Pritzker-Preisträger (!) und der dann mit dem Neufert alles in eine baubare Ordnung presst. Als Beispiel dient ausgerechnet der Entwurf einer kleinen Schule. Wichtig ist, seine Zeit einzuteilen und nicht den Überblick zu verlieren. Aha. „Sei kreativ, in dieser Phase gibt es keine Grenzen“, ermuntert die Stimme aus einem Musikbrei.
Mit Entwerfen hat das allerding nichts zu tun. Dass Architekten erst mal denkend wahrnehmen und begreifen müssen, welche Wissenskultur sich in einer räumlichen Organisation abbilden kann, wie Schüler lernen und Lehrer unterrichten möchten und wie man die nötigen Funktionen verknüpfen kann, das ignoriert architracks. Es geht bei Architektur auch nicht um die Verteilung von Nutzflächen, sondern um die Erfindung atmosphärisch gestimmter (Innen-)Räume. Schulen werden vor allem in Städten gebaut, also heißt es auch, eine Haltung zum öffentlichen Raum einzunehmen. Davon abgesehen gibt es gesetzmäßige Festlegungen, auf die die Architektur reagieren muss. Und so weiter…
Aber was heißt schon Architektur? architracks liefert lediglich eine Anleitung zur Herstellung von Bauklötzen. Zu befürchten: So läuft es in der Praxis. Dann, heiliger Böhmermann, handelt es sich wohl um eine Satire?
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