DABonline | Deutsches Architektenblatt
Menü schließen

Mehr Inhalt

Services

DABonline | Deutsches Architektenblatt
Zurück Kommentar

Mit dem Hamburg-Standard günstiger bauen

Einfacher und günstiger Bauen, aber nicht schlechter: Der Hamburg-Standard soll das trotz widersprüchlicher Anforderungen möglich machen.

19.09.20253 Min. Von Karin Loosen Kommentar schreiben
Karin Loosen, Präsidentin der Hamburgischen Architektenkammer

„Wer mit den wider­sprüchlichen Anforderungen vertraut ist, ahnt, welch dicke Bretter zu bohren waren“: Karin Loosen, Präsidentin der Hamburgischen Architektenkammer.
privat

Dieser Kommentar ist unter dem Titel „Gemeinsam zu einem kostengünstigen und qualitätvollen Bauen“ im Deutschen Architektenblatt 10.2025 erschienen.

Die Frage, wie die Kosten im Wohnungsbau effektiv gesenkt werden können, ohne die Qualität zu verringern, ist von essenzieller Bedeutung für den sozialen Zusammenhalt, aber auch für die Ökonomie in unserem Land.

Wohnungsbau für unter 3.000 Euro pro Quadratmeter

In Hamburg haben sich vor mehr als einem Jahr auf Initiative der Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Karen Pein, Stakeholder der Immobilien- und Bauwirtschaft, Wohnungsbauunternehmen, Politik und Verwaltung, Planerinnen und Planer sowie die Architekten- und die Ingenieurkammer zusammengetan, um Möglichkeiten für einen kostengedämpften Wohnungsbau zu identifizieren. Ziel der Initiative ist es, künftig einen Wohnungsbau für unter 3.000 Euro brutto pro Quadratmeter (KG 200–700) zu ermöglichen.

Keine schlechteren Gebäude

In vielen Workshoprunden haben wir unsere Expertise und Erfahrung eingebracht und mitgeholfen, den neuen „Hamburg-Standard“ zu definieren. Das Ziel war es, zentrale Kostentreiber zu identifizieren, rechtssichere, praxistaugliche Alternativen sowie neue Prozess- und Verfahrensansätze zu entwickeln, um die Baukosten um über ein Drittel zu senken.

Uns war es dabei wichtig, dass Kostenreduktion und Effizienzgewinne nicht zu schlechteren, unattraktiven Gebäuden und Wohnungen führen, sondern im Gegenteil, dass essenzielle Qualitäten definiert und gestärkt werden. Der Hamburg-Standard bedeutet also, neue Wege einzuschlagen um, sowohl bezahlbare als auch wohnliche, schöne, zeitgemäße und klimagerechte Lebensräume zu entwickeln.

Gemeinsame Ziele trotz unterschiedlicher Perspektiven

Wer mit der Komplexität heutigen Bauens und den zahllosen, widersprüchlichen Anforderungen und Wünschen an den Wohnungsbau vertraut ist, ahnt, welch dicke Bretter zu bohren waren. Umso erfreulicher ist es, dass sich die heterogen zusammengesetzten Arbeitsgruppen allesamt auf Lösungsansätze einigen konnten.

Dass alle Beteiligten trotz unterschiedlicher Perspektiven zusammenwirkten, um das gemeinsame Ziel zu erreichen, und dass darüber hinaus ein gegenseitiges Verständnis gewachsen ist, ist in Zeiten der Polarisierung eine gute Nachricht. Die bundesweite Aufmerksamkeit für diesen Prozess und seine Ergebnisse zeigt, dass Hamburg hier eine Vorreiterrolle einnimmt. Die Resultate und Handlungsempfehlungen sind auf einer Website aufgeführt: bezahlbarbauen.hamburg.

Pilotprojekte für Hamburg-Standard

Nun sind wir bereits in der Umsetzung, und hier kommt es darauf an, dass alle Beteiligten auch in der Praxis an einem Strang ziehen. Das ist die eigentliche Herausforderung: Nicht nur Auftraggeber und Planende, auch Politik und Verwaltung müssen gewillt sein, unnötige oder übertriebene Standards und Bürokratie abzubauen. Derzeit starten in allen Bezirken von einer hochkarätig besetzten Expertengruppe betreute Pilotprojekte. Man darf gespannt sein auf die Ergebnisse.

Beratungspflicht für Hamburg-Standard

Ein weiterer, zentraler Aspekt: Die Planenden können ihrer durch den Hamburg-Standard umfangreicher und komplexer werdenden Beratungspflicht nur nachkommen, wenn sie alle relevanten Informationen und die erforderliche Klarheit über die rechtlichen Rahmenbedingungen beim kostenreduzierten Bauen nach dem Hamburger Modell erhalten. Hier ist Eile geboten, denn Architektenkammern und Planungsbüros erreichen bereits seit Monaten viele Anfragen von Bauherren zu diesem Thema.

Die Information und die Kommunikation müssen also verbessert und intensiviert werden, wenn der Hamburg-Standard in der Breite wirksam werden soll. Ich bin zuversichtlich, dass das geschieht. Wir, die Kammern und die in ihnen organisierten Planerinnen und Planer, werden alles dafür tun, damit der Hamburg-Standard ein Erfolgsmodell wird für einen kostengünstigen, qualitätvollen Wohnungsbau.


Karin Loosen, Präsidentin der Hamburgischen Architektenkammer

Details zu einem Pilotprojekt und dessen Bauweise finden Sie hier!

War dieser Artikel hilfreich?

Danke für Ihr Feedback!