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[ Leserbeitrag ]

Württembergische Landesbibliothek: Genau hinsehen!

Gerade junge Denkmale bleiben in den Menschen lebendig. Sie wirken identitätsstiftend und geben Antworten auf aktuelle Fragen: Was hat sich der Architekt gedacht, wo ist eigentlich der Haupteingang und warum ist der Energieverbrauch so niedrig?

Die Württembergische Landesbibliothek in Stuttgart. Rechts im Bild das Denkmal, links der Erweiterungsbau.

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Innehalten und genau hinsehen“ im Deutschen Architektenblatt 08.2023 erschienen.

Von Levin Koch, Architekt, Stuttgart

Wir standen nach einem Termin mit dem Denkmalschutz noch zusammen und plötzlich entbrannte eine fast hitzige Diskussion darum, welcher der Eingänge von Horst Lindes Bau der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart denn nun als der eigentliche Haupteingang angesehen werden müsse. Jede der beteiligten Denkmalschützerinnen bestand auf eine andere Position und wir, die Architekt:innen, standen irgendwie ratlos dazwischen.

Welcher ist der Haupteingang?

An eine Einigung war nicht zu denken, alle Eingänge waren anders und doch gleichwertig. Die Frage war, von wo man kam. Durch den Erweiterungsbau von LRO wurde die Frage des Haupteingangs als großes Angebot an die Stadt geklärt. Die Diskussion unter den Expertinnen zeigt aber, wie lebendig gerade jüngere Denkmäler in Menschen bleiben und wie sie Ankerpunkte für persönliche wie auch kollektive Erinnerungen sein können. Für manche mögen sie sogar identitätsstiftend sein.

Minimaler Enegerieverbrauch im Denkmal

Neben der allgemeinen, vielleicht gar gesellschaftlichen Dimension des Denkmalschutzes bringt uns Planende und Entwerfende der Denkmalschutz dazu, innezuhalten und genau hinzusehen. Und da kann man manchmal nur staunen, so wie zum Beispiel unser Bauphysiker, als er den Energieausweis für den oben erwähnten Bestandsbau zur Sicherheit gleich zweimal nachrechnete, denn der Verbrauch lag für ein Gebäude aus den 1960ern in einem ungeahnt niedrigen Bereich.

Ein Blick in die Originalpläne von Horst Linde verriet, warum: eine ausgeklügelte Detailplanung mit Kerndämmung, frühen Isolierverglasungen, einer durchdachten Führung der Haustechnik und einer nach dem Sonnenstand orientierten Kubatur, die sich aus detaillierten Studien von Sonnenständen und Einfallswinkeln über die Jahreszeiten ergab. Alles vor dem Club of Rome und den ersten gesetzlichen Vorgaben.

Häufig außerhalb anerkannter Regeln

In meinen Augen liegt der professionelle Wert des Denkmalschutzes genau darin, uns im Planungsprozess genau hinschauen zu lassen und das Objekt, mit dem man sich beschäftigt, wirklich kennenzulernen. Sich sowohl räumlich wie auch planerisch mit einer Welt zu befassen, die sich häufig außerhalb unserer, scheinbar, allgemein anerkannten Regeln der Technik bewegt. Das läuft vermeintlichen Gewissheiten und dem eigenen Ego zuweilen konträr, aber beides tut unserer Zunft vermutlich recht gut.

 

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