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[ Transformation ]

Radikal umdenken! Und dabei gestalten

Der Handlungsrahmen der Architektenschaft wird durch die ökonomischen ­Interessen der Mächtigen begrenzt. Trotzdem können Architektinnen und Architekten in ihren Entwürfen dem Umdenken Gestalt verleihen

Mit Pflanzen begrüntes Haus

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Radikal umdenken!“ im Deutschen Architektenblatt 01-02.2023 erschienen.

Von Julia Köpper

Angesichts der extremen aktuellen Herausforderungen im Hinblick auf Klimaschutz und eine gerechtere Verteilung von Raum muss auch im Selbstverständnis von Architekt:innen, Urbanist:innen und Stadtpla­ner:innen ein strukturelles Umdenken stattfinden. Architektur und Stadtplanung spielen eine wesentliche Rolle, wenn es darum geht, schonend mit unserem Planeten umzugehen und die verfügbaren Ressourcen sozial und kulturell gerecht und nachhaltig zugänglich zu machen, zu gestalten oder zu verteilen.

Gesellschaftliche Strukturen verstetigen oder auflösen

Architektur ist eben nicht nur gebauter Raum, sondern umfasst immer auch die Beziehung zwischen Gesellschaft und Raum. Architekt:innen sind durch das, was sie zeichnen, planen oder bauen, an der Verstetigung oder Auflösung gesellschaftlicher Strukturen beteiligt. Dies ist eine große Verantwortung, aber auch eine Chance, Räume für und mit ­einer diversen Nutzer:innenschaft im Heute zu denken und zu kreieren – feministische, integrative Räume, Räume für die kommenden Generationen ebenso wie für die Tier- und Pflanzenwelt.

Der Handlungsrahmen der Architekt:in­nen­schaft wird durch die ökonomischen Interessen derjenigen begrenzt, die Entscheidungsmacht über Raum und Boden haben. Deshalb ist neben einer Erweiterung des Gestaltungswissens auch eine Veränderung der politischen Rahmenbedingungen notwendig beziehungsweise Grundlage dafür. So wären wichtige politische Maßnahmen beispielsweise Bodensteuern, die eine Spekulation mit Bauland unterbinden, eine stärkere Förderung gemeinschaftlicher, selbstverwalteter und räumlich flexibler Wohnformen mit geringem CO2-Fußabdruck anstelle der Förderung von Einfamilienhäusern sowie der Wille, Raum und Ressourcen nicht danach zu verteilen, wer am meisten bezahlen kann, sondern wer was benötigt.

Dennoch können Architekt:innen in ihren Entwürfen andere inhaltliche Prioritäten setzen, andere Arbeitsweisen erlernen und andere Sichtweisen einnehmen als die bisher gewohnten. Es gilt, dem Umdenken Gestalt zu verleihen und damit einen vielstimmigen Diskursbeitrag zu leisten.

Weiterwentwicklung des Vorhandenen

Prioritär sollte sein, die Transformation und Weiterentwicklung des Vorhandenen zu forcieren, das heißt die Nachnutzung und Instandsetzung und Umnutzung obsoleter Gebäude und Flächen anstelle von Neubau sowie die Umstrukturierung und Entsiegelung bestehender Flächen anstelle einer weiteren ­Zersiedelung der Landschaft. Ebenso: ein Kreislaufdenken anstatt eines linearen Denkens hinsichtlich Materialeinsatz und Raumressourcen, eine stärkere Einbindung stadtökologischer Aspekte in Städtebau und Architektur, das Mitdenken von Räumen, die über die herkömmlichen Kategorien von „öffentlich“ und „privat“ hinausgehen sowie eine stärkere Co-Produktion von Stadt.

Was die Veränderung von Arbeitsweisen angeht, so brauchen wir mehr kollektive Strukturen und co-kreative Prozesse, um andere Ergebnisse zu erzielen; um neue Formen des Zusammenlebens in anderen räumlichen und organisatorischen Strukturen zu entwerfen. Die zukünftigen Nutzer:innen sollten wir stärker als unsere Auftraggeber:innen verstehen und diese in die Entwurfs- und Planungsprozesse mit einbeziehen, um Quartiere, Lebens- und Wohnräume zu entwickeln, die die Diversität ihrer Nutzer:innen widerspiegeln.

Ein Ziel für die Zukunft ist es, gemeinsam Orte zu schaffen, die einen Mehrwert für viele Menschen haben, Orte, an denen verschiedenste Menschen sich wohlfühlen können, Orte, an denen ein selbstbestimmter und inklusiver Raumgebrauch stattfinden kann, unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten Einzelner.

Ich wünsche mir, dass dieses Umdenken mit einer neuen Generation von Archi­tekt:innen und Urbanist:innen gelingt, die selbst viel diverser ist als die bisherige, weitgehend weiß und männlich geprägte, Architektenschaft. Ich wünsche mir kollektive, inter- und transdisziplinäre Arbeitsweisen und Autorenschaften als selbstverständlichen Bestandteil unserer Profession.

Julia Köpper ist Architektin, Stadtplanerin und Stadtforscherin im Octagon Architekturkollektiv, einer interdisziplinären Planungsgruppe aus Leipzig

 

Weitere Beiträge finden Sie auch gesammelt in unserem Schwerpunkt Zukunft.

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