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Renovation Wave: Architektur in der Kreislaufwirtschaft

Wer ist für die Qualitäts­sicherung der Renovierungswelle verant­wortlich? Mit der Kreislaufwirtschaft bekommt die Architektur neues Gewicht.

Präsidentin der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen Brigitte Holz
Brigitte Holz, Präsidentin der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen

Der Auftrag der Wählerinnen und Wähler der zurückliegenden Bundestagswahl an die Parteien der Mitte bei den nun anstehenden Koalitionsverhandlungen lautet, für zukünftige, aber auch viele schon seit Längerem bekannte Herausforderungen mit Neugier und Aufgeschlossenheit, jenseits festgefahrener Diskurse, einen größtmöglichen gesellschaftlichen Konsens zu erzielen. Vor allem der Umbau einer nach wie vor auf fossile Energieträger angewiesenen Wirtschaft und Industrie zu klimaneutraler Produktion verlangt – sehr schnell – nach neuen Allianzen und verantwortungsvoll agierenden Partnern.

Green Deal und Renovation Wave

Im Bereich des Planens und Bauens ist der für Europa machtvoll ausgerufene Green Deal und die Renovation Wave als Gesetzgebungspaket bereits auf dem Weg. Wir dürfen gespannt sein, ob und wie der Brüsseler Politikansatz von den Mitgliedsstaaten, insbesondere auch Deutschland, getragen und gestaltet wird. Fatal wäre, wenn dies nicht geschieht.

Wir müssen umdenken: Das heißt, unsere Städte und Häuser nicht nur als gebaute Umwelt, sondern auch als anthropogenes Materiallager zu sehen. Wir müssen in Städten wie in einer Mine auf Material- und Schatzsuche gehen. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes summiert sich die Materialnutzung der deutschen Wirtschaft auf 1,3 Milliarden Tonnen, bildhaft umgerechnet ist das ein Würfel aus Beton mit einer Kantenlänge von 800 Metern – und das Jahr für Jahr. Es ist ein Materialstrom an grauer Energie von unvorstellbarem Ausmaß. Umso verblüffender ist, dass das Thema „Kreislaufwirtschaft“ in der Bauwirtschaft, die erheblichen Anteil am Ressourcenverbrauch hat, nur verlangsamt angekommen ist.

Kreislaufwirtschaft am Bau

Unsere Planung wird zukünftig die Wiederverwertbarkeit der eingesetzten Materialien im Sinne eines kontinuierlichen Materialflusses umfassen. Planen in einer voll ausgebauten Kreislaufwirtschaft des Bauens heißt, Neubau ist Umbau und Abbruch ist der Beginn des Neubaus. Teil der Planung wird damit unübersehbar die Planung der Wiederverwendung bereits eingesetzter Materialien sein, was in den Vergütungsdiskussionen von der Leistungsphase 0 bis zur Leistungsphase 10 einer novellierten HOAI reichen wird.

Digitale Erfassung von Baustoffen

Unabdingbar hierfür ist nicht nur das Verständnis für vorgefundene Bausubstanz, für Cradle to Cradle, sondern auch ein digitales Gebäudedatenmodell, gleich einem Gebäudelogbuch, das Auskunft über Baustoffe, technische Ausstattungen und Veränderungen von Gebäuden im Lauf ihrer Nutzung gibt; das in der Zusammenschau den Kurs abbildet, den ein Gebäude im Laufe von Jahren und Jahrzehnten genommen hat. Die Strom- und Seemannsmetapher ist nicht zufällig gewählt, denn der Ansatz Brüssels ist, gemessen an aktuellen Planungs- und Genehmigungsabläufen, mehr als ambitioniert. Wer ist für die Qualitätssicherung der Renovierungswelle verantwortlich und dazu befähigt, lautet die Grundfrage?

Architektur muss Materialströme organisieren

Über ihre Ausbildung, ihre Berufserfahrung und ihre Unabhängigkeit im Urteil sind Architektinnen und Architekten sowie Ingenieurinnen und Ingenieure aller Fachrichtungen berufen, Materialströme durch eine qualifizierte, ihnen vorbehaltene Planung so zu organisieren, dass CO2-neutrales Bauen möglich wird.

Dies ist eine große Chance, eine immense Herausforderung und in vielen Fällen auch ein völlig neuer, angemessen zu honorierender Vergütungstatbestand. Für die Erreichung der unabdingbar notwendigen Veränderungen ist unser Berufsstand mehr als relevant.

Brigitte Holz, Präsidentin der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen

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