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Der öffentliche Bauherr braucht wieder mehr Fachleute!

Statt Architekten oder Stadtplanerinnen arbeiten in den Bauverwaltungen zunehmend fachfremde Personen. Die Baukultur wird darunter leiden

Verkehrsschild Bauamt vor Baustelle
Baustelle Bauamt: In den öffentlichen Bauverwaltungen fehlt qualifiziertes Fachpersonal.

Von Claus Klein

War bauen früher einfacher? Und vielleicht dadurch sogar besser? In gewisser Weise ja, zumin­dest in Bezug auf die großen Baumeister, denn die waren zumeist alleine verantwortlich für die Bauwerke des öffentlichen Bauherrn, für Stadtgestaltung, Straßen und Plätze, für Park und Wald. Etwas Langlebiges zu schaffen, war Vision und Ziel zugleich. Baumeister mit Erfahrung und Weit­sicht waren anerkannte Persönlichkeiten in der Stadtgesellschaft, ihr Rat war gefragt, ihre Meinung hatte Gewicht im öffentlichen Diskurs; und nicht selten waren sie auch prominente Persönlichkei­ten ihrer Zeit.

Bauen war immer eine Aufgabe für Spezialisten

Schon damals stand außer Frage, dass die Gestaltung und Errichtung von Bauwer­ken und Städten in die Hände von Menschen gehörte, die sich hierauf in besonderer Weise spezia­lisiert hatten, sei es durch langjährige praktische Erfahrung bei einem erfahrenen Lehrmeis­ter oder durch ein Studium ihres Fachgebietes. Den Job bekam nur, wer über weitreichende Quali­fikation und Erfahrung verfügte. Und dies aus gutem Grund: Der öffentliche Bauherr stand wie kein anderer in der öffentlichen Verantwortung. Die von den Bürgern bereitgestellten Gelder (Steuern) für Bauwerke und für die Gestaltung des öffentlichen Raumes waren nur begrenzt verfügbar, woll­ten gut angelegt und investiert sein. Experimente beim Bauen konnte und wollte man sich nicht er­lauben, weil der Erfolg oder Misserfolg von Bauwerken auch immer untrennbar mit den jeweils poli­tisch handelnden Personen verbunden wurde.

Heute viele Fachfremde in den Bauämtern

Und heute? Auch in unserer Zeit verwendet der öffentliche Bauherr das Geld der Bürgerinnen und Bürger, um Bauwerke und Infrastrukturmaßnahmen zu realisieren, um Stadtgestaltung zu betrei­ben, Landschaften zu formen, Erholungsräume zu erschließen und Naturschutzprojekte umzuset­zen. Die gesamte gebaute Umgebung wird durch Steuergelder finanziert. Aber es gibt einen fei­nen, bemerkenswerten Unterschied: Heute sind die Verantwortlichen für diese Projekte nicht im­mer Fachleute aus Architektur, Landschaftsarchitektur oder Stadtplanung.

Immer häufiger werden die leitenden Positionen in den Behörden und Ämtern mit fachfremden Berufen besetzt. Sie haben dann als Vorgesetzte eine juristische, verwaltungstechnische oder betriebswirtschaftliche Ausbil­dung. Und auch auf der Ebene der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entdeckt man immer häufiger fachfremde Kolleginnen und Kollegen. Da werden dann Juristen zum Baudezernenten gewählt, Betriebswirtschaftlerinnen als Leiterinnen des Gebäudemanagements bestellt und Geologen als Stadtplaner eingestellt. Die Liste ließe sich beliebig weiterführen.

Während in größeren Verwaltungen immer häufiger vor allem die Leitungspositionen fachfremd besetzt werden, sind in mittleren und kleineren Verwaltungen oftmals auch Stellen auf der Arbeitsebene betroffen. Nicht selten führt dies dazu, dass in Bauämtern kleinerer Gemeinden nur noch ein einziger Architekt arbeitet, Baukontrollen des Bauaufsichtsamtes durch Verwaltungsfachangestellte wahrgenommen werden und der kommunale Denkmalbestand durch Mitarbeiterinnen der Kulturverwaltung instandgehalten wird.

Langfristig negative Folgen für die Bauqualität

Die Folgen dieser personellen Fehlbesetzungen werden oftmals erst nach Jahren sichtbar. Denn Bauprojekte sind in der Regel sehr langwierige Prozesse. Fehler und Versäumnisse in Planungs- und Bauphase fallen häufig somit nicht sofort auf. Das fehlende fachliche Know-how und ein Man­gel an gut ausgebildeten Architektinnen, Landschaftsarchitekten und Stadtplanerinnen in den öffentlichen Verwaltungen und Baubehörden kann zu gravierenden Beeinträchtigungen, manchmal auch zu Schäden bei Bauprojekten führen. Fehlentscheidungen äußern sich in Kostensteigerungen, Verlust an Bauqualität und Zeitverzug. In der Folge muss oft mit einem erheblichen Mehraufwand (Zeit und Geld) nachgebessert werden, um das angestrebte Qualitätsziel überhaupt noch zu erreichen.

Die negativen Auswirkungen fehlender Fachkompetenz bleiben auf Jahre sichtbar und können häufig nicht mehr kompensiert werden. Es entsteht eine sich immer weiter drehende Abwärtsspira­le. Nicht geeignetes Personal plant, steuert, koordiniert und betreibt Projekte, die nicht selten in ei­nem Misserfolg enden. Der öffentliche Bauherr muss die Kritik einstecken, weiß aber auch keinen Ausweg, da nicht erkannt wird, dass es möglicherweise am Personal liegt. Und schon geht es wei­ter mit dem nächsten Projekt. Das Image der Behörde wird langfristig beschädigt, Vertrauen in die Baubehörden zerstört, und manchmal wollen dann in der Folge die politischen Entscheidungsträ­ger lieber alles selbst in die Hand nehmen.

Öffentliche Bauaufgaben brauchen qualifiziertes Personal

Dabei könnte es doch viel besser laufen. Schon in der sogenannten Phase Null, bei der Definition der Aufgabenstellung, ist die Fachkompetenz gut qualifizierter Planerinnen und Planer erforderlich. Sie nehmen in den Behörden die Bauherrenaufgaben wahr, können Raumbedarfe ermitteln, Funk­tionszusammenhänge aufzeigen und einen ersten Kostenrahmen benennen. Sie sind aber auch fachlich in der Lage, Verträge mit den am Bau beteiligten Planern und Fachingenieuren zu schlie­ßen, denn sie wissen und verstehen auch, was sie da im Vertrag unterschreiben, und welche Ge­genleistung dafür eingefordert werden darf.

Im Öffentlichen Bauen wechseln sich stän­dig die Bauaufgaben ab. Heute ist es ein Schulneubau, morgen der Anbau an das Rathaus, dann die denkmalgerechte Sanierung und Instandsetzung des historischen Museums oder der Bau einer Aussegnungshalle. Diese Vielfalt von Projekten macht das öffentliche Bauen so interessant und abwechslungsreich, aber auch zugleich schwierig und herausfordernd. Der Gebäudebestand, Stra­ßen, Wege und Plätze, die Parks und die Sportanlagen sind das größte Eigenkapital der öffentli­chen Körperschaften und müssen daher unbedingt im Wert erhalten werden. Die dafür notwendi­gen öffentlichen Mittel müssen sachgerecht, verantwortungsvoll und vorausschauend eingesetzt werden. Projekte werden von den Räten oder von den Parlamenten beschlossen beziehungsweise freigege­ben.

Verantwortung tragen, Visionen entwickeln

Wer anders als die Mitglieder der Architektenkammern – Architektinnen, Landschaftsarchitekt­en, Innenarchitektinnen und Stadtplaner – könnte diese Verantwortung tragen? Wer, wenn nicht sie, versteht auch komplexe Abhängigkeiten und Zusammenhänge beim Bauen und Betreiben und ist dadurch in der Lage, mit den Verantwortlichen (Baufirmen und andere am Bau beteiligte Planungsbüros) auf Augenhöhe zu verhandeln und die berechtigten Interessen der Gebietskörperschaft nach au­ßen zu vertreten? Und wer soll denn die Visionen entwickeln, die notwendig sein werden, um un­sere Städte nach der Pandemie wieder mit Leben zu füllen, die Mobilitäts- und die Klimawende umzusetzen, kurz eine zukunftsorientierte Stadtplanung zu erarbeiten – wenn nicht die eigens da­für intensiv ausgebildeten Fachleute?

Der öffentliche Bauherr besteht immer aus einer heterogen besetzten Gruppe von Menschen mit zum Teil recht unterschiedlichen Vorstellungen und Interessenlagen vom Bauen. Die Planungs- und Abwägungsprozesse für die Projekte sind für den Außenstehenden manchmal nicht leicht nachzuvollziehen, aber genau dies macht die Bauaufgaben häufig dann sehr spannend und ab­wechslungsreich. Die Fachleute in den Verwaltungen und Behörden fungieren in diesen Fällen nicht nur als Planer, sondern sind für die politischen Entscheidungsträger Beraterin oder Sachver­ständiger, sie sind die Expertinnen im Bauprozess mit jahrelanger Erfahrung und fundiertem Fachwis­sen.

Beitrag zur Baukultur

Öffentliche Bauherren tragen eine besondere Verantwortung. Ihre Projekte sollen häufig Vorbilder sein, sie werden von der Öffentlichkeit sehr eng begleitet, stehen in der Aufmerksamkeitsliste ganz oben im Fokus und leisten damit auch einen wichtigen Beitrag zur Baukultur. Architekten, Landschaftsarchitektinnenen Innenar­chitekten, und Stadtplanerinnen sind diejenigen, die unsere Bauwerke, Siedlun­gen und Städte gestalten und damit auf Jahrzehnte festlegen. Diese gesellschaftliche Aufgabe ist viel zu wichtig, als dass man die Verantwortung dafür in die Hände von „Nichtfachleuten“ legen darf.

Die Forderung nach einer adäquaten und fachlich kompetenten Besetzung der entsprechenden Stellen in Planungs- und Baubehörden auf allen staatlichen Ebenen muss deshalb mit Nachdruck und großer Hartnäckigkeit vorgetragen werden. Gerade in Zeiten der Digitalisierung staatlicher Leistungen ist es unverzichtbar, aufseiten der Planungs- und Genehmigungsinstanzen fachkompe­tente Kolleginnen und Kollegen zu haben, die komplexe Fragestellungen und perspektivische Planwerke mit Know-how und Erfahrungswissen kompetent und entschlussfreudig zur Entschei­dungsreife bringen können.

Claus Klein ist Vorstandsmitglied der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und Mitglied des BAK-Ausschusses „Angestellte und Beamte“

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