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[ Potenziale und Probleme ]

BIM-Objekte: Bauprodukte im digitalen Raum

BIM-Objekte rationalisieren Arbeitsabläufe und minimieren Fehlerquellen. Doch bei einheitlichen Standards ist noch Luft nach oben.

Blick in die Zukunft: Digitale Bauprodukte rationalisieren die Bauplanung und können zum Beispiel per VR- oder AR-Brille virtuell präsentiert werden.

Text: Marian Behaneck

Für Planer ist das Zusammentragen von Bauproduktdaten ebenso arbeitsaufwendig wie für die Hersteller deren Bereitstellung. Medienbrüche und unterschiedliche Aktualitätsstände digitaler und analoger Produktinformationen führen in der Prozesskette von der Ausschreibung über die Bestellung und Lieferung bis zum Einbau zudem immer wieder zu Fehlern: Produkte werden in der falschen Farbe geliefert, nicht eindeutig beschrieben oder sind so nicht mehr lieferbar. BIM-Objekte, das sind digitale Entsprechungen realer Bauprodukte, sollen Arbeitsabläufe rationalisieren, die Planungssicherheit steigern und Fehlerquoten senken. Im Kontext der Planungsmethode Building Information Modeling (DAB 06/16: Methode, nicht Software) sollen sie sowohl die Konstruktion, Berechnung, Simulation und Ausschreibung von Projekten als auch die Bestellung, Lieferung und Montage von Produkten einfacher und sicherer machen.

Vorteile für Planer

Bisher werden die Produktdaten als DXF-, DWG- oder PDF-Zeichnungen von entsprechenden Web-Datenbanken oder den Webseiten der Hersteller heruntergeladen und in die CAD-Planung eingefügt. Das ist zwar schneller als das Nachzeichnen oder Scannen aus Produktkatalogen, schöpft aber nur einen Bruchteil der Rationalisierungspotenziale digitaler Prozessketten aus. Auch für die Ausschreibung, Kostenschätzung oder Dimensionierung relevante Daten müssen sich Planer umständlich aus verschiedenen Quellen zusammensuchen. Das führt immer wieder dazu, dass zum Beispiel durch veraltete Informationsstände, falsche Eingaben oder Übertragungsfehler Probleme entstehen. Mit der Planungsmethode BIM und den BIM Objekten soll sich das ändern. Die Hersteller rüsten schon seit einiger Zeit die Darstellung ihrer Produktpalette von den bisher gebräuchlichen zweidimensionalen Produktsymbolen sukzessive auf smarte, parametrisierbare, konfigurierbare und mit zahlreichen Produktattributen versehene BIM-Objekte um. Sie stehen in der Regel in mehreren Datenformaten, zum Beispiel dem nativen Format BIM-fähiger CAD-Programme wie Allplan, Archi-CAD, Revit etc. oder als neutrale XLS-, DWG- oder IFC-Datei, zum kostenlosen Download bereit. Alle planungsrelevanten Objektinformationen, wie verfügbare Abmessungen, Ausführungen und Ausstattungen, technische Spezifikationen, Brandschutz-, Schallschutz- oder bauphysikalische Daten, sind mit den BIM-Objekten verknüpft, sodass man sie direkt in digitaler Form für die Planung und Ausschreibung nutzen kann. Sowohl die geometrische oder alphanumerische Informationstiefe als auch die Art der Objektinformationen lässt sich bedarfsgerecht filtern, sodass Architekten, Tragwerks- und TGA-Fachplaner oder andere Projektbeteiligte für die aktuelle Planungsphase die jeweils für sie relevanten Objektdaten erhalten. Dadurch werden beispielsweise Berechnungen und Simulationen von Fachplanern präziser, weil genau die statischen, haustechnischen oder bauphysikalischen Bauteildaten konkreter Baustoffe und Produkte verwendet werden, die später auch verbaut werden. BIM-Objekte können zusätzlich mit Logiken und Regeln verknüpft werden. Damit ist bei der Auswahl von Produkten mit unterschiedlichen Ausstattungsvarianten sowohl eine Prüfung zulässiger Produktkombinationen als auch eine automatische Verifizierung von Bauvorschriften, wie etwa von Brandschutzbestimmungen, möglich. Werden neben den Produkt- auch die Betriebskosten in BIM-Objekte eingepflegt, können Planer auch Betriebszeiten und laufende Kosten präziser beziffern. Auch für ausführende Unternehmen wird es einfacher: Sie können vom Planer vorgegebene Produktmodelle, Oberflächen, Farben oder Ausstattungsvarianten ohne Übertragungsfehler digital für die Kalkulation und Bestellung übernehmen. Bauherren, Nutzer und Betreiber profitieren ebenfalls von detaillierten Bauteilinformationen für die spätere Nutzungsphase: Werden BIM-Objekte etwa mit PDF-Montage-, Inspektions-, Wartungs- und Pflegeinformationen verknüpft, erleichtert das die Gebäude-Instandhaltung.

Mehr Input: BIM-Objekte enthalten neben Geometrie- auch umfangreiche Objektdaten und bieten dadurch gegenüber herkömmlicher 2D- oder 3D-Symbolik Vorteile.

Von PIM nach BIM

Um die Bauprodukte BIM-fähig zu machen, greifen die Hersteller auf PIM zurück. PIM, das „Produkt-Informations-Management“, sorgt in den Unternehmen für eine zentrale Datenhaltung von einkaufs-, produktions- und marketingrelevanten Bauproduktinformationen sowie dafür, dass die Daten strukturiert gesammelt und effizient an andere Systeme übergeben werden können. BIM und PIM sind zwei aktuelle Entwicklungen, die sich gegenseitig ergänzen und mittel- bis langfristig eine automatisierte Übergabe von Daten ermöglichen werden. Insbesondere große Bauprodukthersteller unterstützen auch deshalb BIM und offerieren – häufig in Kooperation mit BIM-Dienstleistern – BIMObjekte zum kostenlosen Download auf ihrer Unternehmens-Homepage und auf cloudbasierten BIM-Objektdatenbanken wie bim.archiproducts.com, www.bimobject.com, www.bimsystems.de, www.magicloud.com, www.mepcontent.eu oder www.nationalbimlibrary.com. Bauprodukthersteller stellen digitale Bauprodukte natürlich nicht uneigennützig kostenlos zur Verfügung – sie bauen darauf, dass ihre realen Produkte mit dem Einbau in das BIM-Gebäudemodell frühzeitig in den Planungsprozess eingebunden und bei der Ausschreibung automatisch berücksichtigt werden. Außerdem eröffnen digitale Bauprodukte neue Möglichkeiten: für die Produktpräsentation, Dokumentation, Akquisition, das Marketing oder den Vertrieb. Per Virtual- oder Augmented-Reality-Technik können Hersteller beispielsweise ihre Produkte quasi im eingebauten Zustand virtuell präsentieren. So kann sich der Bauherr besser vorstellen, wie Produktvarianten, Farben oder Materialien am Gebäude oder im Raum später aussehen.

Hohe Informationstiefe: Zu den BIM-Objektdaten gehören neben der Geometrie alle planungsrelevanten Objektinformationen, wie Abmessungen, Ausführungen, Ausstattungen, technische Daten und vieles mehr.

Noch fehlen einheitliche Standards

BIM-Objekte bieten Herstellern klare Marktvorteile, andererseits verursachen deren Konzeption, Erstellung, Bereitstellung und Pflege viel Aufwand. So müssen Hersteller BIM-Modellanforderungen für ihr Produktportfolio formulieren, dabei internationale Richtlinien beachten und sich mit Verbänden und Fachgruppen abstimmen. Zu einer wesentlichen Anforderung gehört die Minimierung des Datenumfangs, weil das Datenvolumen eines aus Tausenden von BIM-Objekten bestehenden BIM Gebäudemodells die Rechner überfordern würde. Außerdem sind für Planer andere Informationen relevant als für Ausführende. Ebenso werden für die Projektphasen Entwurf, Genehmigungs-, Werk- und Detailplanung unterschiedliche Detaillierungsgrade benötigt. Diese Anforderungen erfüllt eine datenbankorientierte Abbildung von Produkten, die unter anderem eine situationsgerechte geometrische Detaillierung (Level of Detail, LOD) von BIM-Objekten erlaubt, inklusive ihrer Produkteigenschaften (Level of Information, LOI), spezifischen Logiken und Regeln. Eine besondere Herausforderung für die in der Regel international agierenden Produkthersteller ist derzeit eine einheitliche Normierung und Internationalisierung der strukturierten BIM-Objektdaten, auch Product Data Templates (PDT) genannt. Während dafür in anderen Ländern bereits Standards bestehen (z.B. www.cibse.org oder www.2ba.nl), müssen hierzulande relevante Richtlinien erst zusammengeführt werden. So stellt beispielsweise die auf bestehenden Standards wie IFC, IFD und VDI 3805 aufbauende DIN-ISO 16757-Normenreihe Datenstrukturen für elektronische Produktkataloge zur automatisierten Übertragung von TGA-Produktdaten in BIM-Modelle bereit und ermöglicht eine rationelle Auswahl, Zusammenstellung, Auswertung und Berechnung von TGA-Komponenten. Parallel existieren weitere Initiativen aus unterschiedlichen Bereichen, die bei der Entwicklung eines einheitlichen BIM Objektstandards zu berücksichtigen sind, wie etwa der European MEPcontent Standard (EMCS), ETIM (Europäisches Technisches Informationsmodell), der FMDatenstandard COBie (Construction Operations Building Information Exchange) und andere.

Breit aufgestellt: „Intelligente“ BIM-Objekte machen Termin- und Kostenaussagen verlässlicher, Ausschreibungen einfacher, energetische oder bauphysikalische Simulationen präziser.

Viel Potenzial mit einigen Fragezeichen

BIM-Objekte werfen aber auch Fragen auf: Werden sich künftig nur große Hersteller den Erstellungs- und Pflegeaufwand für BIM-Objekte leisten können, kleine aber nicht? Entsteht auf digitaler Ebene ein neuer Verdrängungswettbewerb, zumal die Bedeutung digitaler Bauprodukte zunehmen dürfte? Stehen ferner BIM-Objekte nicht in Konflikt zum hiesigen Vergaberecht? Schließlich ist eine Übernahme von Produktvorgaben in die Ausschreibung von Bauleistungen aus vergaberechtlicher Sicht zumindest für öffentliche Aufträge rechtlich nicht zulässig. Hier bedarf es neuer, cloud- und datenbankbasierender IT-Lösungen, die den Einbau herstellerspezifischer BIM-Objekte ermöglichen, zugleich aber eine Herstellerneutralität der Objekte während der Ausschreibungsphase gewährleisten. Aufgrund fehlender gewerkeübergreifender Standards ist auch keineswegs sichergestellt, dass BIM-Objekte aus unterschiedlichen Quellen miteinander kompatibel sind. Bildet ein aus mehreren Komponenten verschiedener Hersteller bestehendes Bauteil – etwa eine Glasfassade, die sich aus einem Rahmensystem, Beschlägen, einem Lüftungs- und Verschattungssystem etc. zusammensetzt – keine datentechnische Einheit, kann das Bauteil auch nicht ohne Weiteres digital ausgeschrieben, kalkuliert, bauphysikalisch berechnet oder energetisch simuliert werden. Am Anfang der Entwicklung steht auch noch die Einbindung von Betriebs- und Lebenszykluskosten. Es fehlt noch an Absprachen und Richtlinien, die eine Vergleichbarkeit entsprechender Produktangaben ermöglichen. Fazit: Das Potenzial von BIM-Objekten ist ebenso beachtlich wie inzwischen das Angebot, auch wenn es längst noch nicht für jedes analoge Bauprodukt eine digitale Entsprechung gibt. Es ist aber abzusehen, dass mit zunehmender Verbreitung der BIM-Methode und zunehmender Standardisierung von Schnittstellen auch das Angebotsspektrum an BIM-Objekten zunimmt und Bauprodukte künftig sowohl real als auch virtuell produziert werden.

Marian Behaneck ist freier Fachjournalist in Jockgrim (Pfalz).

 

Was sind BIM-Objekte?

Grundlage der BIM-Methode (Building Information Modeling) zur Optimierung der Planung, Ausführung und des Betriebs von Bauwerken sind BIM-Modelle. Diese bestehen aus BIM-Objekten, die neben Geometriedaten auch planungs-, ausführungs- und nutzungsrelevanten Produktinformationen enthalten können. Diese bestehen aus strukturierten Daten (Product Data Templates), die Produkte vergleichbar machen wie Abmessungen, Gewichte, technische Produktinformationen sowie Herstellerdaten wie lieferbare Varianten, Bestelldaten, Preise, Lieferzeiten, Montage- oder Wartungsinformationen etc. Werden BIM-Objekte in BIM-Gebäudemodellen „verbaut“, vereinfacht das in der Planungsphase die Ausschreibung, Kostenschätzung, Berechnung und Simulation, in der Ausführungsphase die Bestellung, Lieferung, Ausführung und Montage sowie in der Nutzungsphase die Gebäudebewirtschaftung.


Literaturtipps, Links und Anbieter *

*(Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit!)

Egger, M., Hausknecht, K., Liebich, T./ Przybylo, J, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR, Hrsg.): BIM-Leitfaden für Deutschland, Eigenverlag, Berlin 2014, Download: http://bit.ly/1tDYG5Y

Ernst & Sohn (Hrsg.): BIM – Building Information Modeling 2016, Wilhelm Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften, Berlin 2016

Hausknecht, K., Liebich, T.: BIM-Kompendium. Building Information Modeling als neue Planungsmethode, Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2016

Westphal, T./ Herrmann, E.M. (Hrsg.): BIM – Building Information Modeling I Management, Edition Detail, Institut für internationale Architektur-Dokumentation, München 2015


bimundumbimherum.wordpress.com BIM-Blog

www.bim.archiproducts.com/de BIM-Objektdatenbank

www.bimandco.com BIM-Objektdatenbank

www.bimobject.com BIM-Objektdatenbank

www.bimsystems.de Bauteilmanagement-System

www.bimwelt.de BIM-Dienstleister

www.buildingsmart.de BuildingSmart Deutschland

www.buildingsmart-tech.org BuildingSmart International

www.cadenas.de E-Katalog-Anbieter

www.magicloud.com BIM-Objektdatenbank

www.mepcontent.eu BIM TGA-Objektdatenbank

www.nationalbimlibrary.com BIM-Objektdatenbank

www.polantis.com/de BIM-Objektdatenbank


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