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[ Arbeiten im Ausland ]

„Nehmen Sie jemanden mit!“

Deutsche Planer sind im Ausland beliebt. Doch was muss man beim Schritt über die Grenzen beachten? Herbert Klein und Türker Köksal von der HWP Planungsgesellschaft über restriktive Verordnungen, skurrile Vorkommnisse und den Nutzen eines guten Netzwerks.

Herbert Klein (links) ist im In- und Ausland an Projekten in den Bereichen Gesundheit, Pharma und Biotechnologie beteiligt. Außerdem treibt er die Nutzung von BIM voran. Türker Köksal (rechts) ist für die Master- und die Entwurfsplanung von Großprojekten vor allem in China verantwortlich. Er ist auch Mitglied der türkischen Architektenkammer.

Interview: Stefan Kreitewolf

Herr Köksal, Herr Klein, Ihr Büro hat seit Jahrzehnten zahlreiche Projekte im Ausland realisiert. Worauf sollte ich als Architekt besonders achten, wenn ich erstmalig im Ausland arbeite?

Klein: Englisch ist essenziell. Man muss sowohl alle nötigen Fachbegriffe als auch Verträge verstehen.
Köksal: Jeder Architekt, der ins Ausland geht, sollte sich außerdem bewusst machen, dass dort andere soziale, kulturelle und berufliche Gepflogenheiten und Arbeitsweisen herrschen, die man nicht alle vorab von Deutschland aus überblicken kann.

Zum Beispiel?

Köksal: Wir haben in China die Erfahrung gemacht, dass beispielsweise die Brandschutzverordnungen dort weitaus restriktiver sind als in Deutschland. Das hatte zur Folge, dass unser lokaler Partner einen Entwurf noch einmal überarbeiten musste, um unter anderem die geforderten Fluchtwege, Treppen- und Flurbreiten umsetzen zu können.
Klein: Aus diesem Grund kann ich jedem Architekten nur raten, jemanden mitzunehmen, der sich vor Ort sehr gut auskennt.

Wie läuft das konkret ab? Kann ich nur den Entwurf machen und muss die Ausführungsplanung einem vor Ort ansässigen Büro anvertrauen, oder macht beides Sinn?

Köksal: Wenn man als Architekturbüro im Ausland arbeitet, ist ein lokaler Partner sehr wichtig. Sieht man ein bestimmtes Land als langfristiges Tätigkeitsfeld, empfiehlt es sich, über eine Niederlassung dort nachzudenken. Wir machen beides. In der Türkei haben wir seit 2008 eine Niederlassung und planen unter anderem Gesundheitseinrichtungen. Die Mitarbeiter dort sind überwiegend gebürtige Türken, die Projektsprache ist Englisch. In China arbeiten wir seit 15 Jahren effektiv und vertrauensvoll mit einem lokalen Projektpartner zusammen.

Sie sind Mitglied im NAX, das sich seit Jahren für deutsche Architekten im Ausland einsetzt. Was sind Ihre Erfahrungen damit?

Klein: Das NAX ist eine tolle Plattform, um sich als Architekt mit seinem Portfolio öffentlich zu präsentieren und die Bekanntheit der deutschen Architektur im Ausland zu festigen. Darüber hinaus kann man sich dort mit Kollegen austauschen, die bereits Erfahrungen im Ausland sammeln konnten. Deshalb sind wir schon lange Mitglied im NAX. Gemeinsam haben wir zahlreiche Projekte, wie die Ausstellung „Contemporary Architecture. Made in Germany“, realisiert, die bereits in Frankreich und China gezeigt wurde.

Was ist das Skurrilste, das Ihnen bei der Arbeit im Ausland passiert ist?

Klein: Als wir vor einigen Jahren im Oktober in Nordafrika waren, ist uns aufgefallen, dass sich keiner der Baukräne bewegte. Auf meine Frage, warum das so ist, erhielt ich die Antwort, dass der Staat seine finanziellen Mittel für dieses Jahr bereits ausgeschöpft habe.

Das hieß für Sie dann konkret Stillstand bis Jahresende?

Klein: Nicht direkt, aber die Bauunternehmen hatten kein Geld mehr erhalten und arbeiteten mit einer stark verringerten Personalanzahl. Die „normale“ Arbeit ging dann im nächsten Frühjahr weiter, nachdem im Parlament der neue Haushalt verabschiedet worden war.

Sie wenden BIM an. Trifft das im Ausland genau wie hierzulande bei Bauherren auf Zuspruch?

Klein: In Deutschland tasten sich viele Büros erst langsam an BIM heran. In den USA oder Norwegen hingegen werden öffentliche Bauvorhaben regelmäßig mit BIM geplant.

Was sind die Vorteile von BIM?

Klein: Mit BIM kann man umfassende Daten zum jeweiligen Bauvorhaben in einem digitalen Modell sammeln, vernetzen und auch analysieren. Das bedeutet für Bauherren und Architekten mehr Planungssicherheit. Gerade bei komplexen Bauvorhaben ist das sehr nützlich. Bei unserem Projekt „US-Klinikum Weilerbach“, bei dem wir und HOK Architects die Generalplanung für die Vorplanung übernahmen, waren wir der lokale Partner für unsere Kollegen aus Amerika. Gemeinsam mit HOK haben wir insgesamt 20 Büros koordiniert. Da haben über 150 Mitarbeiter, unter anderem Architekten, Tragwerksplaner und weitere Fachplaner, über sechs verschiedene Zeitzonen hinweg zusammengearbeitet. Durch BIM konnten wir am Morgen sehen, was unsere Kollegen in den USA in der Nacht davor gemacht haben.

Was berichten die internationalen Kollegen? Wie ist derzeit der Ruf von deutschen Planern im Ausland?

Köksal: Gut. Sie werden als diszipliniert, korrekt und engagiert wahrgenommen. Das Qualitätsmerkmal „made in Germany“ gilt auch für Planer.


Netzwerk Architekturexport
Seit 2002 unterstützt die Bundesarchitektenkammer mit dem Netzwerk Architekturexport (NAX) deutsche Architekten, Ingenieure und Fachplaner auf ihrem Weg in neue Märkte weltweit. Das NAX bringt grenzüberschreitend tätige Architekten zusammen und vermittelt Kontakte zwischen in- und ausländischen Kollegen, Bauherren und Investoren. Auf seiner Website ist eine Länderdatenbank mit vielen nützlichen Informationen frei zugänglich. Das NAX kooperiert aktuell mit 53 international erfahrenen deutschen Mitgliedern, den sogenannten Paten.

Mehr Informationen finden Sie hier: www.nax.bak.de


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