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[ SmartHome-Award ]

Intelligent verknüpft

Im Ferienpark Winterberg erkennt das Buchungssystem die Zimmerbelegung und steuert dem Bedarf entsprechend die Heizung. Smart Home fürs Leben eben.

Artikel_Appartement 4 Personen - Schlafsofa

Text: Günther Ohland

Der Ferienpark Winterberg im Sauerland umfasst mehrere Fachwerkhäuser mit insgesamt 40 Appartements. Bereits in den 1980er-Jahren erbaut, sollten nun die alten Nachtspeicherheizungen ersetzt werden. Sie waren unwirtschaftlich geworden und entsprachen auch den heutigen Komfort-Ansprüchen der Gäste nicht mehr. So erzeugten die eingebauten Lüfter unangenehme Geräusche und ihr Luftstrom wirbelte Staub auf. Das machte den Aufenthalt für Stauballergiker problematisch. Auch das Konzept der Nachtspeicherheizung erwies sich aufgrund der kurzfristigen Buchungen der Appartements zunehmend problematisch. Denn Winterberg – im Mittelgebirge Hochsauerland gelegen – ist keine sichere Schneeregion. Scheint es dann doch, buchen viele Gäste spontan einen Kurzurlaub. Für die gds Energie GmbH als Eigentümer und Betreiber bedeutet dass, die Nachspeicheröfen bereits am Vorabend einzuschalten, ohne genau zu wissen, ob die Wohnungen tatsächlich alle vermietet werden.

Entscheidung für Infrarotheizung

Das neue Heizsystem sollte ebenfalls wieder mit Strom betrieben werden, denn eine Warmwasser-Heizung hätte aufgrund der dann zu installierenden Rohre die Umbauarbeiten erheblich verteuert und verzögert. Deshalb entschied sich der Bauherr für eine Infrarot-Flächenheizung der Vitramo GmbH, deren Paneele wie abgehängte Decken montiert werden und für deren Anschluss die Stromzuleitungen der Nachspeicheröfen genutzt werden konnten. Die Heizschicht erwärmt im eingeschalteten Zustand die vordere Abdeckung der Infrarotheizung auf Temperaturen zwischen 80 und knapp 200 Grad Celsius. Diese im Vergleich zu klassischen Heizkörpern deutlich höheren Temperaturen ermöglichen, dass laut Einschätzung des BVIR Verband Infrarot-Heizung etwa 60 Prozent der Wärme als Strahlungswärme im infraroten Bereich abgegeben werden. Wie der Hersteller angibt, beträgt die Aufheizzeit etwa 24 Minuten.

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Die durch den Wegfall der Nachspeicheröfen freigewordenen Nischen unterhalb der Fenster wurden thermisch isoliert. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass grundsätzlich für Infrarot Wärmestrahlung geeignete Wandoberflächen vorhanden sind. Die Wände sollten möglichst viel Wärme aufnehmen können. Sobald die von der Infrarotwärme erfassten inneren Oberflächen der Außenwände eine höhere Temperatur als die der Luft aufweisen, entsteht an der Grenzschicht zwischen Luft und Wand eine natürliche Dampfbremse. Das führt dazu, dass während der Heizperiode kaum noch Feuchtigkeit in die Wand eingetragen wird. Der Feuchtegehalt in der Wandkonstruktion bleibt niedrig und die Wärmedämmfähigkeit bleibt erhalten. Das Energie-Einsparpotential gegenüber einer Konvektionsheizung, die aufgrund ihrer Wirkungsweise einen Dampfdiffusionsdruck auf die Außenwand ausübt, der sich ohne künstliche Dampfsperre in die Wand entlädt, liegt je nach Wandaufbau bei bis zu 50 Prozent. Die differenzierte Erwärmung der inneren Hüllflächen gewährleistet das hier verwendete Heizsystem durch den Einsatz von hoch effektiven und trotzdem kleinformatigen und kostengünstigen Heizelementen.

Vernetzte Lösung

Der Wunsch des Betreibers war es, die Heizung automatisiert, am liebsten aus dem Online-Reservierungssystem der Ferienanlage heraus ein- beziehungsweise auszuschalten. Gleichzeitig sollten die Gäste ihre Wohlfühltemperatur innerhalb eines bestimmten Rahmens selbst bestimmen können. Es war also ein smartes Steuerungssystem gefragt, das eine autarke Einzelraumsteuerung der Infrarotheizung erlaubt, sich aber aus dem Online-Reservierungssystem übersteuern lässt. Die NTT GmbH, die den Auftrag realisierte, wählte dafür funkbetriebene Sensoren und Aktoren von Thermokon mit der batterielosen EnOcean-Technologie sowie die Steuerungssoftware „Myhomecontrol“ des Anbieters BootUp.

Entscheidend für die Wahl der batterielosen Funktechnologie waren die einfache Nachrüstbarkeit ohne Kabel und der umweltfreundliche und wartungsfreie Betrieb. Der zum Betrieb notwendige Strom wird im Sensor selbst durch Licht, Wärmedifferenz oder kinetische Energie erzeugt. Bei der Software waren Eigenschaften wie Flexibilität und Skalierbarkeit entscheidend. Sie funktioniert unabhängig von Hardware-Herstellern und ist neben der batterielosen Funktechnologie mit weiteren Standards wie Modbus für Photovoltaik, Batteriespeicher und Wärmepumpen, CAN-Open, 1Wire, IP und XML kompatibel. Weitere Systeme, wie KNX, sind in Vorbereitung.

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Auf einen Blick: Der Bildschirm an der Rezeption zeigt die Belegung und den Betriebszustand der Heizung an.

Jeder Raum erhielt einen Temperatursensor mit integriertem Sollwertgeber. Dieser lässt zu, dass die vom System vorgegebene Soll-Temperatur von den Feriengästen um drei Grad Celsius nach oben und unten eingestellt werden kann. Zusätzlich sind die Räume mit Fenstersensoren ausgestattet. Bei offenem Fenster wird die elektrische Heizung ausgeschaltet. Die Temperatur-Sensoren sind direkt an die Aktoren angelernt, die die Infrarotheizungen schalten, und in das zentrale Steuerungssystem eingebunden. Damit ist sichergestellt, dass bei Ausfall des zentralen Rechners die Heizung raumbezogen immer noch funktioniert.

Die Aufgabe des zentralen Steuerungssystem ist es, Reservierungsdaten vom Online-Buchungssystem zu empfangen und die Heizungsaktoren der gebuchten Räume so zu schalten, dass beim Eintreffen der Gäste, die Ferienwohnung angenehm temperiert ist.

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Maske für Veränderungen: Hier sind die Sollwerte der einzelnen Zimmer eines freien und eines belegten Appartements sowie die Alarme angezeigt.

Nach dem Auschecken schaltet das System die entsprechenden Ferienwohnungen wieder auf die Bereitschaftstemperatur herunter. In der Rezeption befindet sich ein Bildschirm für die Visualisierung und zentralen Bedienung der Einzelraumregelung. Der Server mit der Software erhält die Daten dazu vom Buchungsportal. Problematische Situationen wie „Raumtemperatur zu heiß oder zu kalt“ „Fenster geöffnet“ bei „nicht belegt“ lassen sich über die Software auswerten und über eine Warnung per Email sowie als Bildschirm-Meldung anzeigen.

Erweiterung geplant

Das neue System hat seine Bewährungsprobe in der abgelaufenen Saison gut bestanden und soll deshalb 2016/2017 um folgende Funktionen ergänzt werden:

  • Verbrauchsabhängige Abrechnung pro Appartement beim Auschecken durch integriertes Smart-Metering
  • Erweiterung um die Regelung von Licht zur Steigerung des Komforts und zum Energiesparen
  • Erweiterung um Sicherheitseinrichtungen. Neben den Fensterkontakten sollen weitere Sensoren die Ferienwohnungen vor Einbruch und Feuer schützen
  • Die bereits vorhanden smarten Fernseher sollen wohnungsbezogene Visualisierungs- und Bedienungsaufgaben übernehmen. Lichtszenen und Jalousien sollen per TV-Fernbedienung betätigt werden
  • Mit einer Batterie-Ladestation soll die Zielgruppe der Tesla-Fahrer erreicht werden

Aufgrund der flexiblen und skalierbaren Software sind alle geplanten Erweiterungen unter einer Programmier- und Benutzeroberfläche realisierbar.

Günther Ohland ist Fachjournalist, Buchautor, Initiator des SmartHome Paderborn und ­Vorsitzender der SmartHome Initiative Deutschland e.V.

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