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Breit aufgestellt

In der anhaltend guten Baukonjunktur wird qualifizierter Nachwuchs knapp. Zwei Büroinhaber verraten, wie sie ihn finden

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Matthias Schuster: „Ich werfe eine gute Bezahlung, eine geordnete Arbeitszeitkultur sowie die Kostenübernahme bei Fortbildungen in den Ring.“

Text: Nils Hille

Spezialisierte Architekten sind bei ihm ganz klar an der falschen Adresse, sagt Matthias Schuster, Mitinhaber des Stuttgarter Büros LEHEN drei: „Wir suchen die sprichwörtliche eierlegende Wollmilchsau.“ Und ergänzt: „Einen Architekt mit einem zu speziellen Profil können wir leider nicht beschäftigen. Denn jeder muss bei uns alles machen können – und auch wollen.“ Das erfordern die Strukturen des Zehn-Leute-Büros angesichts der Vielfalt der Aufträge. Und das funktioniert gut, so wie es ist. Schließlich führt das Büro seine Wurzeln schon auf das Jahr 1992 zurück. Damals haben fünf Studenten einen städtebaulichen Wettbewerb gewonnen und es zunächst als Nebenerwerb betrieben. Fünf Jahre später machten drei von ihnen daraus als Büropartner ihren Hauptberuf – darunter Schuster und Martin Feketics, die heute die Geschicke lenken. Acht Mitarbeiter gehören mittlerweile zu ihrem „Gemischtwarenladen“, wie Schuster LEHEN drei gerne schon einmal grinsend nennt. „Wir sind Spezialisten für Planen und Bauen, aber halt breit aufgestellt. Somit suchen wir immer wieder junge Architekten mit einer soliden Grundausbildung. Unsere städtebaulichen Aufgaben bringen wir ihnen dann intern passgenau bei.“

Doch gute Nachwuchskräfte überhaupt zu finden, stellt Schuster gerade in der momentan konjunkturstarken Zeit vor große Herausforderungen. Es kommt kaum noch jemand, wenn ihm erst einmal nur eine projektbezogene, sprich: befristete Tätigkeit angeboten wird. „Aber eine Art Bevorratung mit Mitarbeitern, wie das große Büros machen, können wir uns nicht leisten“, sagt Schuster. Seine Strategie lautet daher: „Viel sensibler agieren“. Das bedeutet konkret: Schuster engagiert sich selbst viel aktiver in der Mitarbeitersuche, indem er Annoncen schaltet, anstatt auf Initiativbewerbungen in seinem Postfach zu warten. Und er versucht darin sowie in den Bewerbungsgesprächen schnell die Vorzüge der überschaubaren Struktur seines Büros anzupreisen. „Ich werfe neben der Vielfalt an Aufgaben auch eine gute Bezahlung in den Ring, eine sehr geordnete Arbeitszeitkultur sowie die Kostenübernahme für Fortbildungen.“ Zudem hilft es ihm, wenn er erzählt, dass zum Beispiel ein langjähriger Mitarbeiter als Praktikant im Studium angefangen hat und heute als Bereichsleiter bei ihm tätig ist. Das berichtet Schuster ebenfalls, wenn er vor 200 Erstsemestern in der Universität als engagiertes Mitglied die Arbeit der Architektenkammer Baden-Württemberg vorstellt, aber auch kurz ein paar Worte zu seiner Person und seinem Büro sagen kann.

Und nicht nur an all diesen neuen, interessanten Kandidaten bleibt Schuster dran. Er reagiert auch schnell, wenn er Optionen bei den Angestellten sieht. So bietet er mittlerweile drei ehemals Vollbeschäftigten, die Kinder bekommen haben und das Büro sonst verlassen hätten, flexible Halbtagsstellen an. „Ein Modell, das sich für alle Seiten sehr auszahlt“, kommentiert der Chef seine guten Erfahrungen. Nur bei Bewerbungen aus dem Ausland tun er und Büropartner Feketics sich bis heute schwer: „Wir bekommen immer wieder interessante Anfragen, aber uns fehlt einfach die Personalstärke für eine Art Traineeprogramm, in dem wir Sprache und Technik vermitteln. Der Aufwand ist zu groß – und so ist dies leider ein Markt, der für uns verschlossen bleibt.“

Frühzeitige Bindung

Für Andreas Grube, Partner von GJL Architekten, ist dies ebenfalls nicht der Königsweg.

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Andreas Grube: „Unser auf die Studierenden-Situation angepasstes Angebot kommt gut an.“

Auch wenn das Büro, das er gemeinsam mit Hans Jakel und Jürgen Löffler in Karlsruhe und Gütersloh führt, mit 40 Mitarbeitern schon deutlich größer ist. Sie arbeiten in drei Schwerpunkten: Industriebau, Bauten für die öffentliche Hand und Wohnungsbau. Seine größten Konkurrenten bei der Mitarbeiter-Akquise sieht Grube in den Planungsabteilungen der Industrie, die ihren Kunden schlüsselfertige Angebote servieren und höhere Gehälter zahlen können. „Zwar haben wir in Karlsruhe gleich zwei Hochschulen vor der Tür, die Architekten ausbilden. Doch seit der Umstellung auf das Bachelor-Master-System fehlt den Studenten die Zeit für längere Praktika und uns somit die Möglichkeit, sich gegenseitig richtig kennenzulernen und uns als zukünftiger Arbeitgeber bei ihnen zu positionieren“, sagt Grube.

Doch er jammert nicht, sondern probiert ein anderes Modell aus. Eines, das erfolgreich läuft: GJL Architekten bieten Abiturienten, die erst einmal etwas Praktisches machen wollen, eine Ausbildung zum Bauzeichner an. Wenn sie sich danach für ein Architekturstudium entscheiden, werden sie konsequent vom Büro unterstützt: Die Chefs vermitteln ihnen dabei immer wieder, dass sie zu GJL dazugehören. So sind die Studenten bei Exkursionen genauso selbstverständlich eingeladen wie bei Weihnachtsfeiern. Und vor allem dürfen sie jederzeit im Büro jobben. Dabei können sie bei kleinen Projekten auch selbst die Verantwortung übernehmen und dank VPN-Netz und Heimarbeit kommt die Arbeit zu ihnen nach Hause, statt dass sie für jeden kleinen Arbeitsschritt ins Büro kommen müssen. Das an die heutige Studierenden-Situation angepasste Angebot kommt an: „Wir fahren dieses Modell mit vier ehemaligen Auszubildenden, was sehr gut funktioniert“, so Grube.

Auch später, nach ihrem Abschluss und im Idealfall wieder in Festanstellung bei GJL Architekten, sollen sie sich als Angestellte voll in Projekte einbringen, anstatt in einzelnen Leistungsphasen festzusitzen – beispielsweise von der Entwurfspräsentation in einer Gemeinderatssitzung bis zur Abrechnung des realisierten Kindergartens. Und wenn sich dann noch im Idealfall bei dem ein oder anderen eine größere Begeisterung für die Bauleitung herauskristallisiert, „für die es schon eine hohe Kunst ist, jemanden zu finden“, so Grube, wäre sein Plan mehr als aufgegangen.

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