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[ Strategien ]

Glück, Geld, Gemeinwohl

Im Alltagsgeschäft geht oft der Blick auf strategische Ziele verloren. Schärfen kann man ihn mithilfe von Kammer-Fortbildungen, Beratern und Kollegen

Roland Stimpel

Nur jedes vierte Büro in Deutschland fixiert seine Ziele und verfolgt sie systematisch, stellte eine Umfrage fest. Die Mehrheit versäumt viel, meint der Berliner Berater Volker Eich: „Strategische Planung hilft, die eigenen Stärken zum eigenen Wohl und zum Nutzen der Gesellschaft auszuleben.“ Glück, Geld und Gemeinwohl müssen sich nicht widersprechen, sondern können in einem persönlichen Strategie-Projekt gemeinsam angestrebt werden. Aber wie?

Erster Ansatz ist die Unterstützung durch die Kammern. Dort gibt es Seminare, Workshops, Beratertage, in Hessen die für Architekten aus ganz Deutschland offene Management-Beratung,  und überall im Land viele weitere Angebote. Einen bundesweiten Überblick bietet die gemeinsame Website der KAmmern zur Architektenweiterbildung – dort vor allem unter den Sachgebieten „Kaufmännische Grundlagen/Büroorganisation“ und „Kommunikation/Persönlichkeitstraining“.

Zweiter Ansatz ist der Gang zu einem privaten Berater. Auch hier bieten die Kammern Unterstützung bei der Suche, etwa in Baden-Württemberg über ihr Büroberatungsprogramm und in Hessen die Management-Beratung. Viele Fragen können schon die Experten der Kammern selbst beantworten; für anderes können sie geeignete Berater empfehlen. Selbstdarstellungen von 16 Architekten-Beratern stehen außerdem hier.

Dritter Ansatz zur richtigen Strategie ist der Austausch mit Kollegen, quasi die strategische Selbsthilfegruppe. Der Architektenstammtisch oder der Austausch in der örtlichen Kammergruppe hilft, ist aber nicht immer strukturiert und systematisch. Anders die von Experten organisierte und moderierte Architektengruppe. So etwas bietet zum Beispiel das „BeraterTeam Bau“ mit seinen Erfahrungsaustausch-Kreisen für alle Baubeteiligten.  Speziell für Planer hat sich der Berater Volker Eich darauf spezialisiert. Er ist selbst vom Architekten zum Berater mutiert und bietet jetzt „Strategiekreise“: zweitägige Runden mit höchstens zwölf Kollegen, die im Halbjahrestakt wiederholt werden und nach festen Regeln verlaufen: dem Willen zum Empfangen und Erteilen von konstruktivem Rat sowie Vertraulichkeit und Verschwiegenheit nach außen. Jeder Teilnehmer kann aus dem eigenen Kreis Beitrittswillige heraushalten, mit denen er sich aus Konkurrenz- und anderen Gründen nicht zu vertraulich austauschen möchte. Eich vermittelte uns aus diesen Kreisen einen Ingenieur und vier Architekten, die bemerkenswert offen über ihre Strategie, über Erfolge und auch Schwierigkeiten erzählen.

Ansgar Hüls: „Mehr Spaß an der Arbeit“

In Arbeitsgruppen und Strategiekreise gehe ich schon seit bald 20 Jahren. Ich finde es geradezu fahrlässig, sich nicht in Kreisen zu bewegen, in denen man eine solche Rückkoppelung bekommt. Allein sieht man ja vieles nicht, was falsch läuft. Anderes sieht man, aber man ändert es nicht. Dass ich Ingenieur bin und in den Arbeitskreisen fast nur Architekten, spielt keine zentrale Rolle, denn die Arbeitsweisen im Büro sind ähnlich.

Mein langfristiges Ziel ist ganz einfach: Ich will an der Arbeit noch lange Spaß und Freude haben, statt mir zu wünschen, endlich Rentner zu sein, . Ganz wichtig ist es für mich, die richtigen Kunden zu haben. Ich will nur noch mit denen arbeiten, die bereit sind, für ordentliche Leistungen entsprechend zu zahlen. Das Feilschen macht mir einfach keine Freude. Baustellen, auf denen geschrien wird, ebenso nicht. Gründliches Arbeiten bringt Zufriedenheit für alle. Lieber bearbeite ich zwei Einfamilienhäuser gründlich als für 30 Bauträgerhäuser nur mal kurz die Statik für tausend Euro pro Haus. Meine Erfahrung ist: Wenn jeder sagt, wir können alles, gibt es nur noch einen Einheitsbrei von Angeboten, für den keiner bezahlen mag – statt besonderer, im besten Fall exklusiv angebotener Leistungen.

Als Büroinhaber sehe ich meine Aufgabe nicht darin, selbst alle Arbeitsinhalte gut zu machen – das müssen meine Mitarbeiter können. Meine Aufgabe ist, dafür zu sorgen, dass die Kunden zufrieden sind. Ich positioniere mich mit guter Qualität und mit einem guten Miteinander. Meine Spezialisierung auf den Holzbau ist vor zehn Jahren angelaufen und noch längst nicht abgeschlossen.

www.huels-ingenieure.de

Klaus Kiek: „Büro umstrukturiert“

Ich war unzufrieden damit, dass ich einfach meine Aufträge brav abgearbeitet habe, aber nicht das Gefühl hatte, dass ich inhaltlich etwas Besonderes leistete. Meine Bürostrukturen hatte ich wenig durchdacht. Ich habe mich ganz auf die Projekte selbst konzentriert und nicht um strategische Fragen gekümmert.

Bisher habe ich drei Strategiekreis-Sitzungen besucht und als Konsequenz mein Büro stark umstrukturiert. Vorher waren wir zu dritt, ich hörte alles mit und habe mich in alles eingemischt. Nun habe ich Projektverantwortlichkeiten verteilt. Meine derzeit sechs Mitarbeiter agieren selbstständiger. Schon früher habe ich im Wesentlichen Bauleitungen gemacht, habe das aber nie gegenüber Bauherren und in der Bürodarstellung ausdrücklich als mein Profil dargestellt. Jetzt steht auf meiner Website: „Unser Leistungsbild orientiert sich an der HOAI mit den Leistungsphasen 5 bis 9.“

Ich strebe an, vieles zu systematisieren. Früher zum Beispiel habe ich Bauherren den Projekt- und Kostenstand mitgeteilt, wenn sie danach fragten. Jetzt erstellen die Projektleiter alle zwei bis drei Monate von sich aus einen kleinen Bericht und halten ihn auf dem Laufenden. Ich bin sogar dabei, ein Unternehmenshandbuch zusammenzustellen, das Abläufe und Prozesse regelt. Das mag nach Bürokratie klingen, soll aber für meine Mitarbeiter das Gegenteil bewirken, nämlich eigenständiges Arbeiten auf einer festen Basis.

www.klauskiek.de

Johannes Stumpf: „Klarer positioniert“

Von Strategiekreisen habe ich vor acht Jahren erstmals gehört, aber erst vor drei Jahren habe ich mich entschlossen, hinzugehen, um mich beruflich wie persönlich weiterzuentwickeln. Zwischen beidem sehe ich einen starken Zusammenhang. Mein Büro ist jetzt viel klarer auf die Aufgabe „Bauleitung“ positioniert; ich fühle mich sehr wohl damit. Die Beschäftigung mit den frühen Leistungsphasen hat ja nicht aufgehört. Ich gewinne neue Erkenntnisse darüber, wenn ich die Ergebnisse übergeben bekomme und danach bauen soll. Der Blick auf meine Tätigkeit hat sich völlig geändert.

Als ein Grundproblem mancher Kollegen sehe ich, dass sie meinen, sie müssten alles selbst beherrschen – von CAD über Brandschutz und Entwurf bis hin zu Normen und so weiter. Für Büroinhaber ist es aber wichtiger, sich aus diesen Fachtätigkeiten herauszunehmen und sich mehr Gedanken zu machen, was Kunden eigentlich haben wollen und wie die Mitarbeiter ihre Aufgaben zielgerichtet erledigen können.

Mein Büroumsatz ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen; ich habe jetzt sieben Mitarbeiter. Zwei sind allerdings gerade gegangen. Das war ein Anlass, mir nochmals intensiv ein paar grundsätzliche Fragen zu stellen, wie Arbeit und Anforderungen optimal verteilt sind. Jetzt muss ich neue Mitarbeiter suchen, weiß aber viel genauer als vor drei Jahren, welche Qualifika­tionen und Eigenschaften sie haben sollten.

www.buerostumpf.de

Reinhard Eberl-Pacan: „Einstellen, delegieren, auch mal Nein sagen“

In einer wirtschaftlich schwierigen Lage habe ich selbst nach einem Coach gesucht. Um das Jahr 2000 habe ich viel für Internetfirmen gebaut, die dann plötzlich alle verschwunden waren. Danach hatte ich diverse Partnerschaften und Joint Ventures; mein Büroangebot war so zufällig wie das eines Bauchladens. Den Strategiekreis habe ich dann als positive Konkurrenzsituation empfunden: Man macht seine Fortschritte parallel mit anderen, nicht jeder im gleichen Tempo und in die gleiche Richtung, aber vor allen Dingen keiner auf Kosten des anderen, sondern zum gegenseitigen Nutzen. Der Austausch hier hat mir dann den Weg zur Spezialisierung gewiesen. Da habe ich jetzt zwei Gebiete und ihre Kombination: Brandschutz und Holzbau. Und ich habe das Delegieren von Organisationsaufgaben trainiert.

Jetzt habe ich nach langer Zeit wieder zwei Mitarbeiter eingestellt und vor allem Ausführungs- und Detailarbeiten delegiert. Auch an externe Dienstleister, zum Beispiel Rechnungs- und Mahnwesen, EDV und CAD-Betreuung. Die Qualifikation der Leute für die jeweiligen Aufgaben und die Arbeitsqualität sind einfach besser.

Aber einen Großteil des Weges muss ich noch gehen. Meine Idee ist, dass das Büro im Alltag auch ohne mich funktioniert und ich nur noch steuernd eingreifen muss, wenn ich zum Beispiel merke, dass wir Projekte und Bauherren akquirieren, zu denen unser Büro nicht recht passt. Auch die Kunst will gelernt sein, bei unpassenden Aufträgen nein zu sagen.

www.eberl-pacan.de

Thomas Hillig:  „Die nötige Distanz schaffen“

Vor drei Jahren hatte ich mal wieder ein kleines Büro mit zwei Mitarbeitern und eine eher unbefriedigende Situation. Ich hatte das Gefühl: Du wühlst nur in deinem Betrieb, weißt aber gar nicht mehr, wozu das gut ist. Du verlierst die Vogelperspektive und die größeren Ziele. Die erste Erfahrung im Strategiekreis war, dass dort viele die gleichen Probleme hatten. Das fand ich befruchtend und beruhigend. Ich selbst war wie alle anderen sechs Wochen vorher aufgefordert worden, ein eigenes Problem zu überlegen und zehn Minuten lang darüber zu sprechen. Jeder konnte dann fragen. Dann drehte sich der, der vorgetragen hatte, mit dem Rücken zu den anderen – und die redeten vor seinen Ohren über ihn. Reden wie zuhören war anfangs nicht leicht, aber beides ging besser, wenn man merkte, dass das Ganze von gegenseitigem Respekt und Wohlwollen getragen war. Auch so traf es aber manchmal ziemlich tief – Kollegen, die heulen, waren auch eine neue Erfahrung.

Mein Problem waren manche Bauherren. Ich habe einige Villen gebaut, und da geht es oft ziemlich emotional zu. Es war mir vorher schwergefallen, da die nötige Distanz zu schaffen. Die Kollegen haben mir mit Erfolg geraten, mich da nicht in alles hineinziehen zu lassen und mich auch mal zu widersetzen. Und im Büro habe ich den Versuch aufgegeben, vor allem mein bester eigener Mitarbeiter zu sein. Ich habe vieles an eine Assistentin delegiert und für das Management einen Architekten mit dem Schwerpunkt Bauökonomie eingestellt. Ich selbst kann mich besser um Dinge kümmern, die das Büro voranbringen –  zum Beispiel um die Akqui­sition und die Außendarstellung. Momentan habe ich sechs feste Mitarbeiter. Ich sehe mich auch nicht  mehr als Allrounder, sondern konzentriere mich auf bestimmte Aufgabenfelder, vor allem auf die Modernisierung von Wohnhäusern.

www.hillig-architekten.de

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1 Gedanke zu „Glück, Geld, Gemeinwohl

  1. Lieber Herr Stimpel,

    ergänzend wäre noch hinzuzufügen, dass eine Management-Beratung sicherlich zu kurz greift, wenn es darum geht die Strukturkrise des Berufsstands der Architekten zu überwinden. Denn um nichts Geringeres geht es für die Mitglieder der Unternehmerwerkstatt StrategiekreisArchitekten.

    Die Managementaufgaben gehören ja gerade nicht zu den Aufgaben des Unternehmers, denn der Unternehmer-Architekt arbeitet bekanntlich nicht IM Unternehmen sondern AM Unternehmen. Seine Aufgaben konzentrieren sich auf die Unternehmensentwicklung + Strategieentwicklung + Persönlichkeitsentwicklung = USP.

    Herzliche Grüße
    Volker Eich

    Unternehmerwerkstatt StrategiekreisArchitekten

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