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Ganz aus Holz

Der Massivholzbau – einst traditionelles Handwerk, später experimentelle Spielwiese – umfasst heute eine Reihe technologisch ausgereifter Systeme.

01.09.20095 Min. Kommentar schreiben
Preisträger: Für das Haus W in Hamburg wurde das Architekturbüro Kraus Schönberg aus Konstanz mit dem Deutschen Holzbaupreis 2009 in der Kategorie Neubau ausgezeichnet. Die Bauherren wollten ein kostengünstiges Einfamilienhaus; die vorgefertigten Massivholzelemente trugen dazu bei.

Ludger Dederich

Die massive Holzbauweise, deren ältester Vertreter der Blockbau ist, unterscheidet sich vom Holzrahmenbau, Holztafelbau und Holzskelettbau dadurch, dass bei ihm alle Bauteile aus Holz bestehen. Dafür wird Brettschicht- oder Brettsperrholz (BSP-Holz) eingesetzt, bei dem die einzelnen Brettlagen miteinander verklebt sind. Auch mechanische Verbindungsmittel wie Nägel, Klammern oder Dübel sind möglich. Auf diese Weise werden die einzelnen Brettlagen zu plattenförmigen Bauteilen zusammengefügt.

Sie sind leicht und verwindungssteif, sodass sich Wand-, Dach- und Deckenelemente aus einem Stück herstellen lassen. Gegenwärtig werden Nadelholzarten für BSP-Holz verwendet. Laubhölzer wie Esche und Buche könnten in Zukunft das Sortiment erweitern. Die Produktion der Elemente erfolgt computergesteuert (CAM: Computer Aided Manufacturing) sowie nach individuellen Planvorgaben. Vorteil der großformatigen und vorgefertigten Bauteile ist ihre kurze Montagezeit, was die Kosten senkt.Der Holzmassivbau bietet vom Einfamilienhaus bis zum mehrgeschossigen Wohnungs- oder Gewerbebau ein nahezu unbegrenztes Einsatzspektrum.

Auch der gestalterische Spielraum ist groß, da weder produktionsbedingte noch sonstige Rastermaße zu berücksichtigen sind. Fenster- und Türöffnungen werden zum Beispiel aus den Elementen einfach „ausgeschnitten“. Stürze oder andere konstruktive Maßnahmen wie das Einziehen von Wechseln bei Deckendurchbrüchen sind beim Holzmassivbau nicht erforderlich.

Das preisgekrönte Holzhaus des Architekturbüros Kraus Schönberg aus Konstanz.

Grundlagen der Planung

BSP-Elemente sind nicht durch Normen geregelt – jeder Hersteller hat eigene bauaufsichtliche Zulassungen. Sie ermöglichen maximal 50 Zentimeter dicke Elemente mit 27 Holzschichten. Die statische Bemessung ist an die Konstruktionen der Hersteller gebunden, die Architekten und Planer aber dabei unterstützen. Als Faustformel gilt: Tragende Wandbauteile sollen mindestens 75 Millimeter dick sein, Rohdecken 125. Für die Tragkonstruktion eines dreigeschossigen Gebäudes genügt ein fünfschichtiges und 95 Millimeter dickes Element. Je nach statischer Belastungssituation wirken die großflächigen Elemente zudem als platten- oder scheibenförmige Aussteifung. Die Lastübertragung und -weiterleitung erfolgt mit üblichen Verbindungsmitteln wie Vollgewindeholzschrauben, eingeleimten Gewindestangen, Nägeln, Stabdübeln oder Bolzen. Zugleich ist damit eine einfache und schnelle Montage sichergestellt.

Bei der Verwendung von BSH zur Umsetzung von Brettstapelelementen ist die Tragwerksplanung unkompliziert, da Fertigung und Bemessung von BSH in der DIN 1052 geregelt sind und unabhängig vom Hersteller erfolgen können. Um eine ausreichende Aussteifung von Brettstapelsystemen bewerkstelligen zu können, ist eine einseitige Beplankung der Elemente oder die Anordnung von Diagonalen erforderlich.

Passivhaus aus Holz: Wände, Decken und Dach dieses Einfamilienhauses von Architekten Geckeler aus Konstanz bestehen aus Massivholzelementen der Firma Lignotrend.

Wärme-, Brand- und Schallschutz

Die Wärmedämmschicht, die den an sich bereits guten Wärmeschutz des Werkstoffs weiter erhöht, wird auf der Außen- oder Innenseite angeordnet. Bei der Massivholzbauweise stehen aufgrund der verwendeten Holzmenge größere speicherwirksame Massen mit positiven Auswirkungen auf den sommerlichen Wärmeschutz zur Verfügung. Da die Wärmeleitfähigkeit von Holz gering ist, können Phasenverschiebungen in Kombination mit Holzfaserdämmstoffen von mehr als 24 Stunden erreicht werden. Verzichtet man im Innenbereich auf Bekleidungen, kann der Baustoff aufgrund seiner hygroskopischen Eigenschaft Feuchteschwankungen der Raumluft gut regulieren. Bei massiven Holzkonstruktionen kann auf chemischen Holzschutz vollkommen verzichtet werden. Möglich ist das, weil die Restfeuchte der Brettlamellen aufgrund der technischen Trocknung nur noch etwa zwölf Prozent beträgt. Parallel setzt das aber auch die strikte Umsetzung einer diffusionsoffenen Bauweise voraus.

Ungeachtet der Brennbarkeit von Holz kann das Brandverhalten von massiven Holzbauteilen als günstig bezeichnet werden. Die im Brandfall entstehende Verkohlung der Holzoberfläche bildet eine kalkulierbare Schutzschicht für den Restquerschnitt aus und verzögert den weiteren Abbrand (die Abbrandrate von Vollholz beträgt 0,7 mm/min).

Um dem Brand- und Schallschutz im Detail gerecht zu werden, können auf die Vollholzelemente zusätzlich Bekleidungen aufgebracht werden. Eine 205 Millimeter dicke Vollholzwand mit einer 18 Millimeter dicken Gipskartonbeplankung erfüllt beispielsweise die Anforderungen an eine F90-B-Konstruktion. Generell empfiehlt es sich, bei Fragen zum Brandschutz Kontakt zu den Herstellern aufzunehmen. Sie verfügen über zahlreiche individuelle Nachweise, ebenso für schallschutztechnische Bewertungen. Auch der Schallschutz ist kein Problem. Aufgrund der hohen Dichte der Rohbaukonstruktion von circa 530 kg/m³ sind Gebäudetrennwände (bis R’w = 68 dB), die mittels Vorsatzschalen weiter optimiert werden können, ebenso in Massivholzbauweise möglich wie Wohnungstrennwände.

Für Letztere sind zweischalige Konstruktionen mit einseitigen Gipskarton-Beplankungen sowie Vorsatzschalen auf Schwingbügeln mit 49 Dezibel geeignet. Bei der Stapelung von Geschossen ermöglichen handelsübliche Elastomerprodukte, die Entkopplung der Nutzungseinheiten zu gewährleisten.

Holz-Beton-Verbundbauteile auf der Basis von Brettstapelelementen sind fast schon Standard im Holzbau. Diese Hybridkonstruktionen spannen weiter als die sonst im Holzbau üblichen Bauweisen und verfügen dabei über bessere Schallschutz- und Schwingungseigenschaften. Letztere sind so gut, dass die Gebrauchstauglichkeit garantiert wird.

h2>Hohes Potenzial

Ein bislang nur ansatzweise genutztes Potenzial ist der Einsatz von Massivholzelementen im Bestand. Die Sanierung der Ford-Siedlung in Köln-Niehl zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie mit BSP-Elementen Bestandskonstruktionen ertüchtigt werden können, um im Zuge der Nachverdichtung den Gebäudebestand zukunftstauglich zu machen.

Ludger Dederich ist Architekt und auf die Fachberatung für Holz spezialisiert.

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