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„Die Nasszelle ist out“

Die Ansprüche an die Badarchitektur sind deutlich gestiegen – nicht nur aufgrund des demografischen Wandels. In der DABdiskussion sprechen Architekten mit Industrie- und Verbandsvertretern über mögliche Lösungen und mangelnde Informationen.

24.02.201510 Min. 1 Kommentar schreiben

Interview: Marion Goldmann und Nils Hille

Herr Professor Kritzmann, Herr Simon, was ist aus Ihrer Sicht in der Planung einer Badarchitektur die größte Herausforderung?

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Wolfgang Burchard ist Sprecher der Nach­haltigkeitsinitiative Blue Responsibility und Geschäftsführer des VDMA-Fachverbandes Armaturen.

Bernd Kritzmann: Sie liegt meiner Meinung nach in der Modernisierung. Wir haben einen großen Altbaubestand mit kleinen Bädern, damit müssen sich Architekten in Zukunft stark auseinandersetzen, besonders in puncto Barrierefreiheit. Gefolgt von der Neuentwicklung der Wohnkultur, denn das Bad wird in Zukunft einen ganz anderen Stellenwert bekommen.

Heiko Simon: Für uns ist die Analyse ganz wichtig, dass wir zunächst gemeinsam mit dem Bauherrn erarbeiten, was sein Ziel ist. Die große Herausforderung im Bestand ist dann, dass wir diese Bedürfnisse mit den baulichen Möglichkeiten abstimmen und zum Beispiel auch prüfen, inwieweit eine generationsübergreifende Planung überhaupt realisierbar ist.

Gibt es für diese Herausforderungen vor allem mit Blick auf die Barrierefreiheit passende Lösungen?

Dirk Engelhardt: Aus meiner Sicht gibt es von unserer, sprich industrieller Seite, eine große Vielfalt an Produktlösungen auch für das barrierefreie Bauen. Und das nicht nur für die Generation 50 plus: Großzügig geplante Bewegungsräume, das Vermeiden von Kanten sowie die Integration von Ruhe- und Verweilzonen kommen den Menschen in allen Lebensphasen, vom Kleinkind bis ins hohe Alter, entgegen.

Thomas Richter: Ja, wir müssen bedenken, dass ein Bad gemeinsam mit dem Nutzer einen Lebenszyklus durchläuft. Clever durchdachte Lösungen helfen dabei, dass das Badezimmer in späteren Lebensphasen nicht aufwendig renoviert werden muss, sondern nachhaltig nutzbar bleibt. Zudem geht es im Bad schon lange nicht mehr um die Aneinanderreihung von sanitären Objekten. Das Bad entwickelt sich in Richtung Wellness- und Gesundheitszentrum und soll auch langfristig gefallen.

Und welche Themen bewegen die Armaturen-Anbieter?

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Heiko Simon ist Architekt und Innenarchitekt und seit 2002 als Büroinhaber selbstständig. Er war vorher bei einem großen Krankenhausträger in Trier tätig. Neu und stark dazugekommen ist der Privatsektor mit der Planung von Bädern, die auf die speziellen Nutzerbedürfnisse zugeschnitten sind.

Wolfgang Burchard: Auch uns geht es um das Bad für den demografischen Wandel. Der durchschnittliche Bundesbürger ist heute 45 Jahre alt, daher ist es von entscheidender Bedeutung, eine nachhaltige Badarchitektur zu entwickeln, die sich den sich verändernden Bedürfnissen anpasst und gleichzeitig gefällt. Die optimale Synthese aus Funktion und Design zu verwirklichen, ist daher eine der größten Herausforderungen an die Badplanung.

Ist das nicht Jammern auf hohem Niveau? Ihre Zielgruppe umfasst praktisch jedes Alter, reicht also von 0 bis 100.

Burchard: Wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass der Mensch heute etwas anderes wünscht als vor 30 Jahren. Die Nasszelle ist, platt gesagt, out. Alle wollen sich im Bad heute wohlfühlen. Von daher klagen wir nicht auf hohem Niveau, sondern wir sehen einfach: Die Bedürfnisse verändern sich und die Sanitärindustrie stellt sich mit entsprechenden Angeboten darauf ein.

„Eine gute Planung berücksichtigt, dass das Bad in späteren Lebensphasen nicht aufwendig renoviert werden muss.“
Thomas Richter, Dornbracht

Wie sehen das die Architekten?

Simon: Bauherren selbst planen ein Bad oft nicht mit Blick auf eine spätere Lebensphase hin. Wandeln sich ihre Bedürfnisse, wechseln sie stattdessen die Immobilie.

Reden wir jetzt hier über die „Besserverdienenden“ mit ­Eigenheim oder auch den Durchschnittsverdiener, der zwar Wünsche hat, aber nicht das notwendige Geld?

Kritzmann: Komfort wünschen sich die meisten Menschen, auch Bewohner des herkömmlichen Geschosswohnungsbaus. Deshalb ist es wichtig, ihn auch für Otto Normalverbraucher zu realisieren. Übrigens ist mir beim Begriff „barrierefrei“ nicht ganz wohl. Wir verwenden ihn wahrscheinlich deshalb, weil wir keinen besseren haben. Barriere hört sich aber für das nicht davon freie Bad zu negativ an.

Beim Blick in die Werbeprospekte entsteht der Eindruck, die Industrie biete vor allem hochpreisige Lösungen für Bäder mit bis zu 40 Quadratmetern.

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Dirk Engelhardt arbeitet als Verkaufsleiter des Sanitärprodukteherstellers Geberit und ist Architekt.

Kritzmann: Durch meine Kontakte zur Industrie weiß ich, dass sie auch das kleine Bad sieht. Außerdem haben sich die Produkte mittlerweile stark verändert. Denke ich zurück an barrierefreie Bäder aus der Zeit Anfang der 1990er-Jahre, dann hätte ich die Bäder am liebsten gar nicht erst betreten wollen. Ästhetisch ist das kein Vergleich zu heutigen Armaturen oder auch Sitzflächen. Mittlerweile statten wir eine Dusche nicht mehr nur wegen einer eingeschränkten Bewegungsfreiheit vieler Nutzer mit einer Sitzfläche aus, sondern weil sie einfach gut aussieht und einen zusätzlichen Komfort bietet – und das für Menschen jeden Alters.

Und da sorgen Sie in Hamburg mit Ihrer Beratungsstelle für Aufklärung?

Kritzmann: Ja, doch in unseren Beratungen kristallisiert sich ein anderes Problem heraus: Die Menschen kümmern sich erst dann um die notwendigen Veränderungen, wenn es nicht mehr anders geht. Deshalb sollte man sie dazu motivieren, dass sie viel früher am Bad etwas ändern sollten und nicht erst nach 30 Jahren.

Warum ist das so?

Kritzmann: Die Gründe für das Beharren sind vielfältig. Zu hoher Aufwand, Schmutz und Lärm, und viele sagen auch: „Wir haben ja nur ein ganz kleines Bad, Sanitärfirmen haben dafür keine Zeit.“ Von der Industrieseite brauchen wir noch pfiffigere Lösungen für kleine Bäder. Ein Beispiel: In ein kleines Bad mit Waschbecken und WC sollte eine Dusche rein. Wir haben ein System gefunden, das Waschbecken und WC kombiniert. Das Waschbecken befindet sich an einem Drehrohr über dem WC und kann komplett rumgeschwenkt werden. Auf diese Weise entsteht Platz für einen ein mal ein Meter großen Duschbereich.

„Wir brauchen vonseiten der Industrie noch pfiffigere Lösungen für kleine Bäder.“
Professor Bernd Kritzmann, HafenCity Universität

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Professor Bernd Kritzmann ist Architekt und Hochschullehrer an der HafenCity Universität in Hamburg. Er engagiert sich im Vorstand von Barrierefrei Leben e. V. in Hamburg, einer Senatsinitiative als Anlaufstelle für Bürger mit Behinderung und Senioren. Sein Team hat ein Internetportal mit 3-D-Badplaner entwickelt.

Engelhardt: Wir bieten vonseiten der Industrie zahlreiche Lösungen an, die Lärm, Schmutz und den Installationsaufwand reduzieren, doch die sind auch Architekten zum Teil unbekannt. Innerhalb der beteiligten Gewerke muss daher ein intensiverer und zielorientierter Austausch stattfinden.

Richter: Ein Bad nutzungsorientiert und komfortabler auszustatten, ist nicht in erster Linie eine Frage des Preises, sondern ein Grundriss- und ein Gestaltungsthema. Soll beispielsweise in der Dusche eine Sitzmöglichkeit geschaffen werden, sollte die Dusche vorzugsweise etwas breiter sein. Denn es muss nicht unbedingt ein Klappsitz sein; eine verflieste Abmauerung ist ebenfalls möglich.

Welche Anforderungen stellen sich demnach an Architekten?

Richter: Dem Bad mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Zeitgemäße Bäder sollen zum Verweilen einladen. Dazu gehört auch, dass man möglichst das WC vom Bad trennt. Eingefahrene Planungs- und Installationsstrukturen verhindern dies jedoch in der Regel. Vorher zu fragen, welche individuellen Bedürfnisse heute bestehen, und darauf hinzuweisen, dass sich diese im Laufe der Jahre ändern werden, ist für mich sehr wichtig, um ein Badezimmer nachhaltig planen zu können – vor allem bei Neubauten sollte man sich mehr damit auseinandersetzen. Zum Beispiel sollte nicht nur gefragt werden, ob der Kunde eine 160er-Wanne und eine 80er-Dusche haben will, und dafür dann eine 2,40 Meter lange Wand einplanen. Statt der Minimalvariante sollte man dem Nutzer mehr Chancen einräumen, selbst zu entscheiden, wie wichtig ihm das Baden oder Duschen ist.

Kritzmann: Erste Anlaufstelle der Bauherren ist in der Regel der Sanitärfachbetrieb. Der Handwerker verfügt zwar über das technische Know-how, aber ihm fehlen in der Regel die ästhetischen und funktionalen Kenntnisse.

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Thomas Richter ist Leiter Geschäftsentwicklung bei Dornbracht, wozu auch die Trendanalyse gehört.

Simon: Für mich ist das oft auch eine Frage, was Bauherren und Installateure wollen. Wenn dem Installateur beispielsweise eine bodenebene Dusche abdichtungstechnisch zu heikel ist und er dem Bauherrn kommuniziert, dass es baulich nicht an­ders geht, kann die Industrie entwickeln, was sie will. Allerdings sind die Bauherren dank Internet zunehmend besser informiert, sodass die Geht-nicht-Mentalität der Handwerker nicht mehr so gut wie früher funktioniert.

Buchard: Welchen Stellenwert nimmt denn das Bad im Rahmen der Gesamtplanung eines Hauses in der Architektenausbildung tatsächlich ein?

Kritzmann: Das ist im Rahmen des Wohnungsbaus abgedeckt; eine isolierte Betrachtung des Bades findet nicht statt. „Das Bad in der Wohnung“ ist zwar an allen Hochschulen etabliert, wird aber sicher unterschiedlich intensiv behandelt.

Immer wieder höre ich aus Ihren Worten, dass es an richtigen Informationsflüssen mangelt. Wie können sie besser laufen?

Engelhardt: Nach unserer Erfahrung ist es weniger das Nichtwollen der Industrie als vielmehr die insgesamt große Informationsflut, die über die Architekten einbricht. Wir sind gerne bereit, Input zu liefern, stoßen aber immer wieder auf verschlossene Türen, weil andere Themen scheinbar Priorität haben.

„Es gibt viele Online-Plattformen zum Thema Bad. Aber es gibt keine, die sich direkt an Architekten wendet.“
Wolfgang Burchard, Nachhaltigkeitsinitiative Blue Responsibility

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Gefragtes Know-how: Die Diskussion zwischen Heiko Simon, Dirk Engelhardt und Redakteur Nils Hille zeigte, dass eine gelungene Badplanung das Zusammenspiel von Ästhetik und funktionalen Abläufen erfordert. Architekten sollten deshalb stärker einbezogen werden.

Simon: Absolut. Sie könnten die Sensibilisierung des Bauherrn übernehmen. Wir haben für alles eine Lösung.

Kritzmann: Der Bauherr muss aber „abgeholt“ werden. Wir haben ein Internetportal mit einem 3-D-Bad-Planer entwickelt (zu finden auf www.online-wohn-beratung.de), der beispielhafte Lösungen zeigt. Diese Ideensammlung funktioniert sehr gut, was wir an den hohen Klickraten auf der Internetseite sehen können.

Drei Ideen zum Schluss: 1. Warum schließen sich nicht beispielsweise Industrie, Verbände und Architekten zusammen und gehen auf eine Art „Kunden-Roadshow“? Andere Branchen betreiben diesen Aufwand schon lange.

Richter: Inhaltlich stimme ich Ihnen voll zu. Sicher liegt ein Grund auch darin, dass vonseiten der Industrie jeder Hersteller vorrangig seine Produkte nach vorn bringen will. Aber vielleicht ist ja diese Runde ein erster Schulterschluss der Zusammenarbeit. Die Idee, dass Verbände hier aktiver werden sollten, würde ich begrüßen.

Zweite Idee: Wäre die Auseinandersetzung mit den Studenten auch ein Thema für die Verbände?

Kritzmann: Als Lehrender wäre ich daran interessiert, denn wir brauchen herstellerneutrale und themenorientierte Unterstützung von der Industrie. Aufgrund der komplexen Aufgabenstellung können wir gar nicht mehr alles allein lösen. Die Studenten brauchen Ideen und Lösungen. Wir könnten zum Beispiel einen Workshop zum Thema Bäder veranstalten und dazu verschiedene Firmenvertreter für Vorträge einladen.

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Gezielter informieren: Für eine mehr am Bedarf orientierte Badplanung könnte ein intensiverer Austausch in Form von herstellerübergreifenden Veranstaltungen dienen, überlegen Wolfgang Burchard und Bernd Kritzmann im Gespräch mit Redakteurin Marion Goldmann (links).

Burchard: Prinzipiell bietet die Ansprache von Studenten für uns sehr spannende Möglichkeiten, bereits früh das Bewusstsein einer neuen Architektengeneration für das Thema nachhaltige Badarchitektur zu schärfen. Allerdings müssen Hochschulen dann auch wirklich flächendeckend dahinterstehen. Wenn die Hochschulen das Bad nicht zum Thema machen wollen, hilft ein einzelner Workshop wenig.

Kritzmann: Flächendeckend sicher nicht, aber es hat in den letzten Jahren durchaus eine Bewusstseinsänderung gegeben. Es könnte auch eine kombinierte Veranstaltung für praktizierende und angehende Architekten mit einigen Vorträgen geben.

Herr Simon, würden Sie als erfahrener Architekt an so einer Veranstaltung teilnehmen?

Simon: Ja, gerne. Schon allein aus Zeitgründen wären solche kompakten Angebote von Vorteil.

Dritte Idee: Wäre es sinnvoll, über eine gemeinsame Online-Plattform nachzudenken?

Burchard: Es gibt viele Plattformen, allein unser Vertriebsweg leistet sich mehrere. Aber es gibt keine, die sich direkt an Architekten richtet. Sie sind alle entweder an Endverbrauchern oder Handwerkern orientiert. Ich würde eine gemeinsame Plattform begrüßen.

Kritzmann: Dem stimme ich zu. Eine neutrale Plattform zu entwickeln, das wäre eine gute Idee.

Gibt es denn schon alle Informationen und man findet sie nur nicht gebündelt?

Richter: Wir haben ja bei Blue Responsibility die Endverbraucher-Seite bewegung-im-bad.net, die das Thema Badarchitektur im demografischen Wandel beleuchtet, sowie die Seite aktion-barrierefreies-bad.de bei der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft. Wollen wir aber direkt an die Architekten herantreten, sollten wir zunächst genau ermitteln, was sie wirklich wissen und hören möchten. Genug Inhalte hätten wir jedenfalls für eine Plattform, die sich direkt an den Architekten wendet. Insgesamt streben wir für die Zukunft einen ­intensiveren Austausch zwischen Architekten, Planern und Industrie an, um das ­Badezimmer in Zukunft noch bedarfsorientierter und nachhaltiger gestalten zu können.


ONLINE-SPEZIAL
BEI EXPERTEN NACHGEFRAGT

Welches Resümee die Teilnehmer der DABdiskussion nach ihrem Aufeinandertreffen ziehen, verraten sie in unserem Video auf: DABonline.de/video

DAS BAD ZUM THEMA GEMACHT

In unserem neuen DABthema Badarchitektur auf DABonline.de können Sie weitere Fachbeiträge lesen, Anwendungsbeispiele kennenlernen und Tipps zur Fachmesse ISH bekommen. Alles unter: DABonline.de/thema/bad

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1 Gedanke zu „„Die Nasszelle ist out“

  1. Die Naßzelle ist out.

    Schön zu hören, immer wieder. Allein mir fehlt der Glaube. Die ‚“ggroßzügig geplanten
    Bewegungsräume…sowie die Integration von Ruhe- und Verweilzonen“ – das sind
    Ideen für die Neubauten Vermögender, aber nichts für die Mietbewohner
    der vielen vielen Bestandsbauten.
    Versuchen Sie doch einmal, Bäder nach 4o Jahren (so alt sind inzwischen
    viele der Sanitärräume und Küchen) nach heutigen Standards zu modernisieren!
    Barrierefrei oder -arm? Absurd.
    Der Bestand: Eingezwängt zwischen tragenden Wände und bei kurz spannenden
    Deckenabschnitten, mit einer gemeinsamen Installationswand
    für Bad und Küche und – innen liegend.
    Ja, und dann steht da auch die Waschmaschine. Sehr entspannend, der
    Blick auf die rotierende Trommel.
    In einem solchen (auch modernisierten) Bad möchte man trotz neuer Fliesen
    und neuer Objekte nicht „verweilen und sich wohl fühlen“,
    sondern möglichst wieder raus, und zwar schnell.
    Barrierefreie Dusche? Vielleicht im Erdgeschoß, in allen anderen
    Geschossen fehlt die Aufbauhöhe, um entwässern zu können.

    Bereits in den Siebzigern gab es zwei große Wettbewerbe des Bundesbauministeriums
    („Flexibles Wohnen“ und „Elementa“).
    Aus diesen Wettbewerben wurden damals insgesamt dreizehn Bauten realisiert,
    einige von ihnen enthalten Vorschläge, wie sich Bäder und Küchen auch
    in ihrer Grundfläche mittelfristig (wenn auch zu Lasten der Küche bzw.
    des Wohnraumes) verändern lassen.
    Genützt hat’s nichts.

    Die Hochglanz-Werbung der Sanitärwirtschaft demonstriert uns permanent den Ausblick
    auf’s Meer oder wenigstens auf die riesige Dachterrasse. Und wir? Planen und bauen
    innen liegende Bäder. Tageslicht im Bad ist ein Luxus, den man problemlos erzielen kann,
    am besten durch Nachdenken.

    Und der an anderer Stelle zitierte „demografische Wandel“?
    Anscheinend „Neuland“, um diesen Begriff wieder mal in’s Gespräch zu bringen.
    Schön, dass man sich jetzt auf breiter Front engagiert, vor allem, wenn neue
    Geschäftsfelder winken (einschließlich Weiterbildung, Literatur,
    Zertifizierung etc.).
    Wer sich interessiert und informiert hat, kennt viele der zu erwartenden
    Entwicklungen seit Mitte der Achtziger Jahre, bereits damals zeigen
    die Alterspyramiden die heute oft publizierten, zeitversetzten Konturen
    und Einschnitte.

    Die unzureichende Verankerung der diskutierten Inhalte in der
    Architektenausbildung wird zwar angesprochen, Gründe bzw. Lösungsansätze
    werden aber nicht ergebnisorientiert behandelt.
    Für Architekten ist der Sanitärbereich aufwändig zu planen, aufwändig zu
    überwachen und technisch kompliziert, also auch risikobehaftet.
    Da macht man doch lieber einen großen Bogen und überlässt später das Ganze
    den Kollegen der Fachplanung oder gar den einzelnen Gewerken.
    Große Hilfestellung von „Verbänden und Industrie“ wird man kaum erwarten dürfen
    – dort denkt man in Produkten und Produktlinien, nicht in Räumen.

    Wesentlich fundierter wird dieses Thema wohl Innenarchitekten behandelt, die eher
    vom Nutzer und seinen Bedürfnisse ausgehend arbeiten; die Beschränkung auf
    den Innenraum lässt auch eine bessere Vertiefung der Konzepte zu.
    Ich habe über 2o Jahre hinweg Innenarchitekten im 2. Semester eine
    jeweils andere Sanitärplanung bearbeiten lassen, und zwar von
    der Leitungsführung über die Unterkonstruktionen bis zur Ausstattung
    und Einrichtung mit konkreten Objekten; mit erstaunlichen Ergebnissen
    und mit großer Begeisterung der Studierenden an ihrer eigenen Leistung
    und Lösung.

    frank huster

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