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[ Nachwuchs-Kolumne #120 ]

Hausbesuche für den Zensus: Vorsicht, Vorurteile!

Als Nebenjob habe ich im Sommer als Erhebungsbeauftragter für den Zensus gearbeitet und Hausbesuche gemacht. Ich war überrascht, wie stark das Äußere der Adressen meine Erwartungshaltung und meine Vorurteile gegenüber den Bewohner:innen bestimmt hat

Haustüren in verschiedenen Farben
Eigentlich klar, passiert aber schnell: Von der Tür sollte man nicht auf die Bewohner dahinter schließen.

Von Lorenz Hahnheiser

Vergangenen Sommer bin ich auf eine Anfrage vom Zensus 2022 eingegangen, die sogenannte „Volkszählung“ als Erhebungsbeauftragter zu unterstützen. Nach einer Schulung für diesen Job wurde mir die nötige Kompetenz zugesprochen. Meine Aufgabe war es, bei Bewohner:innen zufällig ausgewählter Adressen Hausbesuche zu machen und sie zu befragen. Ich sollte persönlich an der Wohnungstür oder gar in der Wohnung in Erfahrung bringen, wie viele Personen in jedem Haushalt wohnen, dann wenige andere Fragen stellen und zuletzt die Zugangsdaten zu einem längeren Fragebogen übergeben.

Allzu viel konnte ich zum Glück nicht falsch machen. Und doch habe ich für diese kurzen Momente das Landesamt für Statistik repräsentiert und musste mich den Bewohner:innen erklären. Dabei hilft es, zugewandt und wertschätzend aufzutreten.

Hausbesuche prägen die Erwartungen

Mich hat überrascht, welch große Rolle die Architektur der Adressen im Zuge der Hausbesuche gespielt hat. Ich hatte angenommen, als Architekturstudent davon weniger beeinflusst zu sein: Schließlich sollte ich im Vergleich zu den meisten Erhebungsbeauftragten ein stärkeres Bewusstsein für die Kraft der Architektur haben. Stattdessen habe ich die Haushalte von weniger attraktiven Adressen mit größeren Vorbehalten besucht.

Wenn das Treppenhaus eng und viele ungastlich abweisende Türen beherbergte, bin ich mit der unterschwelligen Erwartung eingetreten, auf unkooperative Menschen zu treffen. Mir schoss durch den Kopf, hier womöglich häufig die Konsequenzen erklären zu müssen, die auf Haushalte zukämen, die trotz ihrer Auskunftspflicht nicht an der Befragung teilnehmen.

Recht auf hochwertige Architektur

Meine Befürchtungen haben sich Tür für Tür nicht bestätigt. In schönen Häusern bin ich auf unfreundliche Menschen getroffen, in weniger einladenden Adressen auf sehr herzliche Personen und andersrum. Die Menschen waren, wie sollte es auch anders sein, ganz unabhängig von ihrem Heim mal mit mehr Vorbehalten oder Geduld mir gegenüber ausgestattet und mal mit weniger. Und doch fiel es mir bis zuletzt in schöneren Häusern leichter, meine Arbeit zu machen.

Es ist gut, dass bürokratische Termine normalerweise an einem neutralen Ort stattfinden. Es ist gut, dass die Haltungen von uns Erhebungsbeauftragten keinen Einfluss auf die Ergebnisse des Zensus haben. Hausbesuche gibt es berechtigter Weise in unterschiedlichen Kontexten trotzdem immer wieder, zum Beispiel in der Kinder- und Jugendhilfe. Auch bei diesen relevanteren Besuchen ruft die Architektur des Eigenheimes Vorurteile wach. Ein Grund und Ansporn mehr für uns Gestalter:innen, viel günstigen Wohnraum in einer ansehnlichen Art und Weise zu gestalten.


Lorenz Hahnheiser hat sein Bachelor-Architektur Studium an der Leibniz Universität Hannover abgeschlossen, nutzt die Zeit vor dem Master für erste Bauerfahrungen und engagiert sich bei der Nachwuchsorganisation nexture+.

Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Fabian P. Dahinten und Johanna Ziebart.

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