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[ Nachwuchs-Kolumne #93 ]

Zünftig? Planung als Vorbehaltsaufgabe

Gebäude planen dürfen theoretisch alle, solange sie sich nicht „Architekt“ oder „Architektin“ nennen. Wäre die Planung unserer gebauten Umwelt hingegen eine Vorbehaltsaufgabe, ähnlich wie früher bei den Zünften, ließen sich soziale und ökologische Verantwortung sichern.

Wer heiße Eisen schmiedet, sollte dafür ausgebildet sein. Das wurde im Handwerk traditionell über Zünfte geregelt und heißt heute unter anderem „Vorbehaltsaufgabe“ – bald auch in der Architektur?

Von Fabian P. Dahinten

Die Berufsbezeichnung „Architekt“ ist ebenso geschützt wie „Arzt“ oder „Rechtsanwalt“. Aus guten Gründen darf sich so nur nennen, wer die entsprechenden Qualifikationen mitbringt und Kammermitglied ist. Doch bei Architekt:innen ist lediglich die Berufsbezeichnung geschützt, nicht wie bei Mediziner:innen oder Rechtsanwält:innen die Berufsausübung. Einen Bauantrag stellen dürfen zwar ausschließlich Architekt:innen. Aber theoretisch darf jede Person ein Haus planen (solange sie sich nicht Architekt:in nennt). Bislang sind solche Planungsleistungen also keine Vorbehaltsaufgabe für Architekt:innen und Ingenieur:innen.

Bei der Planung spielt die Höhe des Honorarangebotes eine große Rolle. Den Rahmen hierfür bildet die HOAI, die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Schon vor dem Wegfall der verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der HOAI wurden manche Aufträge unter dem Niveau der Mindestsätze vereinbart. Das hat zwei Gründe: Einerseits stehen Auftraggeber:innen unter Druck, die kostspielige Planung so günstig wie möglich einzukaufen. Anderseits besteht große Konkurrenz unter den Anbietern. Darunter befinden sich nicht ausschließlich Architekt:innen, weil Planungsleistungen eben keine Vorbehaltsaufgabe sind.

Was eine gute Kalkulation berücksichtigen sollte

Dass Architekt:innen wirtschaftlich gut kalkulierte Angebote abgeben, ist nicht das Problem. Die Frage lautet: Sind Architekt:innen nur den Auftraggebern verpflichtet oder gibt es auch eine Verpflichtung gegenüber der Umwelt und der Gesellschaft? Architektur ist eben nicht nur für das Grundstück relevant, auf der sie erreichtet wird, sondern auch für die Stadt, in der das Gebäude steht. Diese gesellschaftliche Verantwortung wird dem Nachwuchs bereits im Studium vermittelt, auch in Wettbewerben und herausragenden Projekten wird sie besonders beachtet und betont.

Architekt:innen sind durch ihre Planung auch dem Gemeinwohl verpflichtet, zumindest nach dem Berufsethos. Um dies zu erreichen, braucht es oft kreative Ideen und den ein oder anderen gedanklichen Umweg, um die beste Lösung zu finden. Diese Fähigkeiten werden im Architekturstudium vermittelt, ein guter Grund, Planung als Vorbehaltsaufgabe für Architekt:innen zu definieren.

Sinken die Honorare und damit die Zeit, die die Planenden für ein Bauwerk aufbringen können, fallen schnell Kriterien hinten runter, die dem Gemeinwohl zuträglich werden. Denn darauf achtet außer Architekt:innen oftmals keiner. Gerade Auftraggeber:innen schauen vorwiegend nach der Wirtschaftlichkeit und der Effizienz des Gebäudes, statt nach der Lebensqualität, der Qualität der Gestaltung, den Materialien und der Umweltverträglichkeit. Nimmt der Preiskampf in der Architektur überhand, werden aus Architekt:innen zunehmend Dienstleister, die einzig die Interessen der Investor:innen und Auftraggeber:innen umsetzen. Dann geht Investitionsqualität vor Lebensqualität.

Gibt es schon lange, hieß nur anders: die Vorbehaltsaufgabe

Das Bedürfnis, die Qualität in einer Berufsbranche zu sichern, gibt es schon lange. Unter anderem sorgten im Handwerk früher Zünfte für eine verbindliche Qualität von Berufen. Diese verwalteten sich nicht nur selbst – ähnlich wie die Kammern von Anwält:innen, Mediziner:innen und Architekt:innen –, sondern stellten auch Qualität sicher, indem sie unseriöse Anbieter ausschlossen und Mindeststandards für alle in der Branche festlegten. Das nennen wir heute eine Vorbehaltsaufgabe.

Wäre heute das Planen unserer gebauten Umwelt eine Vorbehaltsaufgabe der Architektinnen, Innenarchitekten, Stadtplaerinnen und Landschaftsarchitekten, wäre eine entscheidende Voraussetzung zur Sicherung qualitätsvoller Leistung geschaffen. Die Interessen und die Belange des Gemeinwohles ließen sich so stärker berücksichtigen und vertreten. Insbesondere jetzt, wo die Relevanz von umweltverträglichen Gebäuden in den Fokus rückt, sollten qualifizierte Architekt:innen zum Zug kommen.


Fabian P. Dahinten studierte Architektur an der Hochschule Darmstadt, startet nun ins Berufsleben und engagiert sich bei der Nachwuchsorganisation nexture+.

Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Lorenz Hahnheiser und Johanna Naara Ziebart.

Wie sind Eure Erfahrungen als Architektur-Studierende oder Berufseinsteiger? Hinterlasst uns einen Kommentar auf dieser Seite oder schreibt uns unter DAB-leserforum@handelsblattgroup.com

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