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[ Interview ]

Verbundenheit in der Sache: Barbara Ettinger-Brinckmann im Abschieds-Interview

Nach über sieben Jahren als BAK-Präsidentin endet im Mai die Amtszeit von Barbara Ettinger-­Brinckmann. Tillman Prinz sprach mit ihr über Erfolge und Rückschläge und über ihre Strategie

Präsidentin der Bundesarchitektenkammer Barbara Ettinger-Brinckmann
Barbara Ettinger-Brinckmann auf dem Deutschen Architektentag 2019.

Dieses Interview ist unter dem Titel „Ich fühlte immer die Verbundenheit in der Sache“ im Deutschen Architektenblatt 05.2021 erschienen.

Frau Ettinger-Brinckmann, Sie treten nicht noch einmal an, denn es sei, wie Sie sagen, nun Zeit für einen Wechsel. Was würden Sie rückblickend als die bedeutendste Herausforderung dieses Amtes ansehen?

Eine dauernde Herausforderung ist es und wird es bleiben, unsere Gesellschaft, jeden einzelnen Menschen von der Bedeutung und Leistung unseres Berufsstands für eine bessere und schönere gebaute Umwelt zu überzeugen. Denn ganz gleich, ob Kanzlerin, Ministerinnen oder Staatssekretäre, Bundestagsabgeordnete oder Mitarbeitende in den Ministerien, ob Wirtschaftsverbände oder Pressevertreter – immer wieder muss ich feststellen, dass der ganzheitliche Ansatz von Baukultur nicht die notwendige Aufmerksamkeit und den politischen Stellenwert bekommt, den er in einem Kulturstaat bekommen müsste. Schließlich ist Bauen nie nur privat, immer auch öffentlich, und wir bauen nicht nur für heute, sondern auch für künftige Generationen. Hier gilt es, insbesondere auch die Bauherren in die Pflicht zu nehmen. Lasst die qualifizierten Architektinnen und Architekten ran, die Innenarchitektinnen und Innenarchitekten, die Landschaftsarchitekten und Landschaftsarchitektinnen, die Stadtplanerinnen und Stadtplaner! Und nutzt ihre Angebote und Instrumente, um das beste und damit auch nachhaltigste Ergebnis zu bekommen. Das ist mein Credo. Wir können es! Wir können alle Anforderungen in schönen Gebäuden und gelungenem Städtebau zusammenbringen, statt nur einseitig auf Optimierung von Funktion, Energie oder Ökonomie zu schauen.

Die Ergebnisse dieser Dauer-Überzeugungsarbeit sind schwer zu messen. Hat sich unser wirklich großer, auch Ihr zeitlicher Einsatz gelohnt?

In unserem Arbeitsfeld, im Bereich politischer Entscheidungen und rechtlicher Vorgaben, ist es immerhin gelungen, hier und dort Baukultur als Kriterium neu einzubringen. Ich verweise beispielsweise auf die Novelle im Vergaberecht, in der wir den Planungswettbewerb – da hätte es gerne noch ein bisschen mehr sein dürfen – stärken konnten. Zusammen mit vielen Verbänden und der Bundesstiftung Baukultur sind wir jedenfalls auf gutem Weg. Dass die Präsidentin der EU-Kommission nun mit einem neuen „Europäischen Bauhaus“ klimafreundliche Entwicklungen am Bau untrennbar mit gestalterischer Qualität und Baukultur verknüpfen will, macht ebenfalls Mut und bestätigt unseren Einsatz.

Für unseren Berufsstand war die Auseinandersetzung um die HOAI zentral. Es ist uns nicht gelungen, die Verbindlichkeit der Mindestsätze zu erhalten. Sind wir gescheitert?

Es gibt hier immerhin zwei Teilerfolge: So ist es uns gelungen, Bundestag und Bundesregierung zu überzeugen, sich für diese uns so wichtige Sache einzusetzen, und zwar eine Bundesregierung, die wenige Jahre zuvor noch die HOAI ganz abschaffen wollte. Und es ist uns gelungen, die HOAI als Orientierungsrahmen zu erhalten und sie somit europarechtskonform zu gestalten. Und noch ein Drittes: Unsere Argumentation, dass verbindliche Mindesthonorare ein geeignetes Instrument sind, die Qualität der Planungsleistungen zu sichern, wurde vom Europäischen Gerichtshof bestätigt. Damit ist im Rahmen der EU anerkannt, dass es in unserem Berufsstand nicht primär um Preiswettbewerb, sondern um Leistungswettbewerb gehen muss. Für die rechtliche Umsetzung dieses Prinzips zu sorgen, dass also Planungsleistungen nur dazu qualifizierten Architekten und Stadtplanern vorbehalten sein dürfen, muss ich nun meinen Nachfolgern überlassen.

Präsidentin der Bundesarchitektenkammer Barbara Ettinger-Brinckmann
Auf dem Deutschen Architektentag 2019 wurde Barbara Ettinger-Brinckmann auch das Bundesverdienstkreuz überreicht.

Sie sind seit 2003 in die Arbeit der BAK eingebunden, seit 2013 ihre Präsidentin. Ist die berufspolitische Arbeit noch dieselbe?

Vieles ist heute anders, Umfang und Komplexität der Themen haben zugenommen. Endlich hat man erkannt, welche bedeutende Rolle der Bausektor für den Klimawandel hat. Und die Vernetzung der vielen sogenannten „Stakeholder“ erfolgt auf viel flüchtigeren und gleichzeitig viel feingliedrigeren Wegen, als es noch vor Jahren der Fall war, als man sich vorrangig mit Positionspapieren bewarf.

Was war Ihre Strategie?

Mein Ziel war es stets, als Repräsentantin unseres Berufsstandes an allen wesentlichen Stellen hör- und sichtbar zu sein. Was für manche vielleicht wie eine Sucht nach neuen Posten ausgesehen haben mag, mir ging es immer darum – und uns allen sollte es immer darum gehen –, als Berufsstand breit präsent zu sein. Natürlich im Interesse unserer Mitglieder, aber eben auch im Interesse der kulturellen, der gemeinwohlorientierten Aspekte unseres Berufsstandes. Dazu gehört dann eben auch die Mitarbeit in Gremien, die auf den ersten Blick nicht unbedingt naheliegen, wie das Präsidium des Deutschen Instituts für Normung oder der Aufsichtsrat der planen bauen 4.0 GmbH. Gerade an zunächst fernen Stellen ist es umso wichtiger, die Stimme der Architektinnen und Stadtplaner zu erheben, denn das Wissen über unseren Berufsstand ist oft absolut unzureichend.

Wo sehen Sie die Früchte dieser Arbeit?

Bei zentralen Themen, wie beispielsweise der Digitalisierung, der Inklusion oder der Nachhaltigkeit, konnten wir unsere berufspolitische Strategie erfolgreich umstellen, von der Abwehr möglicherweise zusätzlicher Belastungen hin zur Inangriffnahme von Lösungsmöglichkeiten. Und etwas anderes hat sich geändert und meine Arbeit maßgeblich befördert: Der Zusammenhalt der Kammern untereinander, in und mit der BAK ist gegenüber 2013 erheblich gewachsen und viel gefestigter. Das hat es dem Präsidium und mir ermöglicht, auf einer wirklich fundierten, menschlich und berufspolitisch abgesicherten Basis für die ­Praktiker der Baukultur, so will ich uns mal benennen, wirkungsvoll agieren zu können. Für diese Welle, nein, für dieses Meer der Unterstützung möchte ich mich bei allen ehren- und hauptamtlichen Mitstreiterinnen und Mitstreitern sehr bedanken.

Wie sehen Sie die Zukunft der BAK mit ihrer föderalen Grundlage als privatrechtlicher Verein der 16 Länderkammern?

Die Aufgabe der BAK hat sich – so habe ich es jedenfalls gesehen und danach gehandelt – zweifellos über die Bündelung der Belange der Länderkammern hinaus erweitert. Bund und EU werden immer bedeutsamer für unseren Berufsstand, damit wächst auch die Notwendigkeit der einheitlichen Repräsentation und des gemeinsamen Handelns aller Kammern. Dies führt auch dazu, dass sich die Länderkammern vielfältiger abstimmen, damit der Berufsstand gegenüber der Berliner Politik und den europäischen Instanzen möglichst mit einer Stimme sprechen kann. Hier habe ich besonders viel Rückhalt erfahren, denn die Zusammenarbeit der vielen Menschen in BAK und Länderkammern, mit Ehren- und Hauptamt war immer produktiv und zielgerichtet, immer stärkend. Diese Qualität zeigte sich gerade auch in Konflikten, wie beispielsweise bei unseren kontroversen Debatten zum seriellen und modularen Bauen oder zur Bundesstiftung Bauakademie. Ob leidenschaftlicher und emotionaler Diskurs oder die Erörterung komplexer rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhänge – immer fühlte ich die Verbundenheit in der Sache, im Bestreben, die besten Rahmenbedingungen für qualitätvolle Architektur und Stadtplanung und damit einhergehend für unsere Berufsausübung zu schaffen. Hier einen Beitrag leisten zu können und dies in einer konstruktiven, fast immer auch freundschaftlichen Atmosphäre, das war und ist die Bereicherung, die ich aus meinem Amt mitnehmen kann. Dafür mein Dank an alle, mit denen ich zusammenarbeiten durfte.


Die Wahl findet am 28. Mai 2021 statt. Das Ergebnis finden Sie zeitnah auf DABonline.de und BAK.de

Unsere Zeit mit Barbara Ettinger-Brinckmann

Wer sind Barbaras Jungs? Ist sie Kasselerin oder Kasselanerin? Und was haben BAK-Sitzungen mit Kochkunst gemeinsam? Zum Abschied von Barbara Ettinger-Brinckmann als BAK-Präsidentin danken Kolleginnen und Weggefährten – sogar in Gedichtform und mit persönlicher Legofigur

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1 Gedanke zu „Verbundenheit in der Sache: Barbara Ettinger-Brinckmann im Abschieds-Interview

  1. Kudos an Frau Ettinger-Brinckmann für ihre siebenjährige Amtszeit und den unermüdlichen Einsatz, die Bedeutung von Architektur und Baukultur im gesellschaftlichen und politischen Diskurs zu etablieren. Es ist ermutigend zu hören, dass trotz der Unkenrufe, die HOAI habe an Relevanz verloren, Teilerfolge erzielt wurden. Im Kontext der Immobilienbranche und der Verwaltung von Mietverträgen und Betriebskostenabrechnungen wäre eine stärkere Berücksichtigung von Baukultur und nachhaltigem Design sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung.
    Das neue „Europäische Bauhaus“ könnte ein spannender Katalysator für diese Verbindung von Klima und Kultur sein. Könnten Sie eventuell mehr darüber berichten, wie die europäische Initiative in der Praxis aussehen könnte?
    Schließlich freue ich mich darauf, wie die nächste Führungsgeneration der BAK diesen Staffelstab weitertragen wird, um den ganzheitlichen Ansatz von Baukultur in der breiteren Öffentlichkeit zu fördern.

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