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[ Technik ]

Nicht ganz dicht

Beim Bau von Wintergärten auf Dachterrassen wurde von der Planung abgewichen, die Abdichtung nicht angepasst, kein Detail vorgegeben und die Bauüberwachung vernachlässigt

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Gefälle-Fehler: Die Dränrinne sollte über das Splittbett entwässern, doch sie befand sich am tiefsten Punkt. Dadurch lag der Bodeneinlauf im Trockenen.

Text: Uwe Wild

Die Wohnungen der obersten Etage eines mehrgeschossigen Wohnhauses besitzen Dachterrassen, die durch eine auskragende Betonplatte über die Außenwände des Gebäudes hinausreichen. Während der Bauphase entschied sich der Bauherr, die Wohnungen um Wintergärten zu erweitern. Dafür wurde ein Teil der Fläche der Dachterrassen genutzt. Nach starkem Regen traten in den darunterliegenden Wohnungen an den Decken und Innenseiten der Außenwände immer wieder großflächig feuchte Stellen auf. Um die Ursachen dafür zu finden, wurde eine Dachterrasse bis zur Abdichtung freigelegt. Es zeigte sich folgender Schichtenaufbau:

– Betonwerksteinplatten, ohne Gefälle und mit Pressfugen verlegt, 45 mm

– Splittbett, 10 bis 90 mm

– Geovlies, 3 mm

– Kunststoffdichtungsbahn, einlagig, 1,5 mm

– Wärmedämmung (im Bereich über der Geschossdecke)

– Rohbetonplatte (im Bereich der auskragenden Betonplatte)

Nach der Bauteilöffnung traten gleich mehrere Mängel zutage. An den Wintergärten war die Flachdachabdichtung teilweise nicht aufgekantet. In diesen Bereichen gelangte das Wasser unter die Wintergärten und durchfeuchtete die Geschossdecken. Das war die Hauptursache für den Schaden.

Zu seiner Ausbreitung trugen aber weitere technische Mängel bei: Vor den Wintergartentüren waren Dränrinnen angeordnet, die das Regenwasser über das Splittbett zu den Bodeneinläufen in der Flachdachabdichtung führen sollten. Die Dränrinnen waren jedoch am tiefsten Punkt angeordnet, so dass sich das Wasser auf der Abdichtung staute. Von dort konnte es nicht ablaufen, da sich die Bodenabläufe in der Flachdachabdichtung nicht an der tiefsten Stelle befanden. Erst bei einer Aufstauhöhe von mehreren Zentimetern hätte das Wasser den Bodenablauf erreichen können. Abfließen können hätte es dann aber immer noch nicht. Über den Einläufen befand sich ein mehrlagiges Geovlies, das den Wasserablauf wesentlich verzögerte, teilweise sogar ganz verhinderte. Außerdem waren die Betonwerksteinplatten zu eng aneinander (Pressfugen) und im Mörtelbett verlegt. Dadurch konnte das Wasser am Rand der auskragenden Betonplatte nicht in die Dachrinne abfließen. Schließlich wies die Abdichtungsebene der Dachterrasse teilweise Gegengefälle auf und zwischen Dachterrasse und auskragender Betonplatte befand sich eine Stufe.

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Ablauf blockiert: Mehrere Lagen Vlies verhinderten, dass das Wasser über den Bodeneinlauf ungehindert ablaufen konnte.

Versäumte Kontrolle

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Nasse Decken und Wände: Nach starkem Regen zeigten sich in den darunterliegenden Wohnungen großflächig Feuchteschäden.

Die Wintergärten waren nicht Bestandteil der Planung. Offenbar wurde die vorhandene Flachdachabdichtung im Aufstellbereich einfach abgeschnitten und die Wintergärten wurden auf der Rohbetondecke montiert. Die erforderliche Anbindung der Flachdachabdichtung an die Wintergartenkonstruktion mit einer ausreichenden Aufkantung und einer mechanischen Arretierung wurde wahrscheinlich einfach vergessen.

Die genannten, zum Teil gravierenden Mängel hätten vom Bauüberwacher bemerkt und entsprechend gerügt werden müssen. Abdichtungen sind erfahrungsgemäß besonders schadensanfällig und erfordern daher von allen Beteiligten erhöhte Sorgfaltspflichten. Die Flachdachabdichtung hätte vor dem Einbau der Betonwerksteinplatten vom Bauüberwacher in Augenschein genommen werden müssen.

Dachterrassen fallen in den Regelungsbereich der Flachdachrichtlinie und der DIN 18195-5 „Bauwerksabdichtungen – Teil 5“. Demzufolge ist eine richtlinienkonforme Abdichtung für den Lastfall „hohe Beanspruchung“ gemäß der DIN zwingend vorgeschrieben. Darüber hinaus ist das Flachdach Bestandteil der thermischen Hülle des Gebäudes, was eine Dampfsperre sowie eine Wärmedämmung und einen Trittschallschutz notwendig macht. Dementsprechend ist der Flachdachaufbau unter Berücksichtigung der bauphysikalischen Gegebenheiten und Anforderungen an den Mindestwärmeschutz detailliert zu planen. In diesem Fall gliedern sich die Maßnahmen zur Behebung des Schadens im Wesentlichen in folgende Leistungen:

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Stau an der Stufe: Im Bereich der Stufe zwischen Flachdach (links) und auskragender Betonplatte (rechts) staute sich das Wasser.

Der Flachdachaufbau muss bis auf die Geschossdecke sowie die auskragenden Betonplatten zurückgebaut werden. Danach ist der Untergrund von Mörtelresten und Profilierungen zu befreien, ein vollflächiges Gefälle von mindestens zwei Prozent gemäß der Flachdachrichtlinie herzustellen sowie eine Dampfsperre und die Wärme-dämmung einzubauen. Für eine verringerte Konstruktionshöhe kann statt des Gefällekeils und der separaten Wärmedämmschicht gegebenenfalls auch eine Gefälledämmung auf der Dampfsperre verwendet werden. Darauf wird die Flachdachabdichtung mit einer mindestens 15 Zentimeter hohen Aufkantung an aufgehenden Bauteilen eingebaut. Sofern direkt vor den Wintergärten eine umlaufende Dränrinne eingebaut wird, lässt sich die Höhe der Aufkantung bis auf mindestens fünf Zentimeter verringern. Um die notwendige Aufkantungshöhe zu gewährleisten, müssen die unteren Profile der Wintergärten entsprechend vergrößert werden. Über der Abdichtung ist nun die Schutzlage beziehungsweise die Trennschicht zu verlegen – zum Beispiel Geovlies nach DIN 61210, mindestens 300 g/m² und mindestens zwei Millimeter dick. Für den weiteren Aufbau sind zwei Varianten möglich:

Variante 1: mit keramischem ­Fliesenbelag

Einbau eines mindestens 50 Millimeter dicken Zement-estrichs nach DIN 18560 als Lastverteilungsschicht, Verbundabdichtung nach ZDB-Merkblatt „Verbundabdichtungen“, Dünnschichtdränage mit einem Wasserableitvermögen von mehr als 1,0 l/ms im Gefälle in Gefällerichtung und einer Dränrinne vor den Wintergärten (geprüftes Herstellersystem). Abschließend erfolgt die Verlegung der keramischen Fliesen im Dünnbettverfahren im Gefälle entsprechend den Normen und Regelwerken und der objektbezogenen Aufbauempfehlung des Herstellers des Dränsystems. Die Gesamthöhe dieses Aufbaus beträgt etwa 70 Millimeter.

Variante 2: mit Betonwerksteinbelag

Einbau einer Flächendränage mit einem Wasserableitvermögen von mehr als 1,0 l/ms in Gefällerichtung und einer Dränrinne vor den Wintergärten als zugelassenes beziehungsweise geprüftes Herstellersystem. Darauf folgt ein lose, im Gefälle verlegter Betonwerksteinbelag auf einer Ausgleichsschicht aus Feinsplitt mit einer Körnung von zwei bis fünf Millimetern gemäß den Regelwerken und der objektbezogenen Aufbauempfehlung des Herstellers des Dränsystems. Die Gesamthöhe dieses Aufbaus beträgt etwa 85 Millimeter.
Uwe Wild ist Sachverständiger für das Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerk sowie das Estrichlegerhandwerk in Brandis bei Leipzig.

Regelwerke

Flachdachrichtlinie, Deutsches Dachdeckerhandwerk, Regeln für Abdichtungen – mit Flachdachrichtlinie, Stand Dezember 2011. herausgegeben vom Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks – Fachverband Dach-, Wand- und Abdichtungstechnik e.V.

DIN 18195-5 „Bauwerksabdichtungen – Teil 5: Abdichtungen gegen nicht drückendes Wasser auf Deckenflächen und in Nassräumen, Bemessung und Ausführung“, Stand 2011-12

ZDB-Merkblatt „Verbundabdichtungen – Hinweise für die Ausführung von flüssig zu verarbeitenden Verbundabdichtungen mit Bekleidungen und Belägen aus Fliesen und Platten für den Innen- und Außenbereich“, Stand 2012-08, herausgegeben vom Fachverband Fliesen und Naturstein im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, Berlin

ZDB-Merkblatt „Außenbeläge – Belagskonstruktionen mit Fliesen und Platten außerhalb von Gebäuden“, Stand 2012-08, herausgegeben vom Fachverband Fliesen und Naturstein im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, Berlin<

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