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[ Technik ]

Lüften nach Norm

Spezielle Software prüft die Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen, hilft bei der Auslegung und beugt Haftungsrisiken vor

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Schnitt und Berechnung: Diese spezielle Software prüft die Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen und bemisst lüftungstechnische Komponenten.

Text: Marian Behaneck

Um Feuchte- und Schimmelschäden zu verhindern, ist nach DIN 1946-6 für Wohngebäude bei Neubau und Sanierung ein Lüftungskonzept zu erstellen (siehe auch DABonline.de/tag/Frischluft). Dafür entwickelte Programme ermitteln binnen weniger Minuten, ob lüftungstechnische Maßnahmen auf Grundlage der DIN 1946-6 notwendig sind . Ein Sonderfall sind fensterlose Räume, deren Belüftung nach den Vorgaben der DIN 18017-3 geplant werden muss. Die Software prüft, ob innerhalb eines Gebäudes der Luftvolumenstrom über Undichtigkeiten der Gebäudehülle (Infiltration) größer ist als der für den Feuchteschutz notwendige Luftwechsel. Ist das nicht der Fall, sind lüftungstechnische Maßnahmen notwendig. Daraufhin muss festgelegt werden, wie hinsichtlich der Hygiene und des Bauschutzes notwendige Luftaustausch erfolgt, worauf das passende Lüftungssystem ausgewählt wird.

Das kann eine freie Lüftung ohne Ventilatorunterstützung über eine Querlüftung oder eine Schachtlüftung sein. Bei erhöhten Anforderungen an die Energieeffizienz, die Raumluftqualität oder den Schallschutz kommt man um den Einbau von Lüftungstechnik ohnehin nicht herum. Hier wird zwischen reinen Abluft-, reinen Zuluft- sowie Zu-und-Abluft-Systemen unterschieden. Energetisch optimierte Gebäude setzen stets eine energiesparende Wärmerückgewinnung mit Zu-und-Abluft-Anlage voraus. Die Software berechnet die erforderlichen Anlagendaten und bemisst die Lüftungskomponenten des Lüftungssystems. Nach Wahl des passenden Systems werden die einzelnen Lüftungskomponenten ermittelt und aus einem integrierten Produktkatalog ausgewählt. Aus den im Auslegungsteil ermittelten Daten wird eine Stückliste generiert, die Kostenkalkulationen und Ausschreibungen ermöglicht. Grafiken und Diagramme helfen, die Risiken luftdichter Wohnräume und die Vorteile lüftungstechnischer Maßnahmen zu erläutern – etwa im Rahmen einer Bauherrenberatung. Ausgegeben werden die Ergebnisse wahlweise in Tabellenform oder auf Formblättern. Diese bilden die Basis für eine detaillierte Auslegung und Planung von Lüftungskanalnetzen.

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Ort und Maß: Vor der Prüfung und Bemessung steht die Eingabe – wie hier die der Gebäudelage…
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…oder der Daten von Nutzungseinheiten.

Aktuell werden etwa 20 Programme für die Lüftungskonzept-Planung und -Berechnung angeboten, wobei sowohl die Konzeption als auch der Funktionsumfang der Lösungen ganz unterschiedlich sind. Die Palette ist weit: Sie reicht von kostenlosen herstellerspezifischen Planungs- und Ausschreibungsprogrammen von Lüftungssystem-Herstellern bis hin zu herstellerunabhängigen Planungsprogrammen als eigenständige Software oder als modulare Teile von EnEV- oder Haustechnik-Programmen für 100 bis 400 Euro und mehr. Auch ­Web-basierende Programme respektive Smartphone-Applikationen (Apps) gibt es bereits: So offeriert der Bundesverband für ­Wohnungslüftung e.V. mit der App ­„Lüftungskonzept“ ein plattformunabhängiges und mobiles Werkzeug für die Prüfung der Notwendigkeit lüftungstechnischer ­Maßnahmen.

Die Unterschiede im Funktionsumfang sind beträchtlich – bedingt durch die unterschiedlichen Zielgruppen wie Planer und ausführende Betriebe. So fehlen teilweise wichtige Systemarten, Berechnungsparameter, Ausgabe-, Im- und Exportfunktionen und so weiter. Ferner unterscheiden sich die Programme darin, ob auch Nichtwohngebäude sowie frei definierbare Raumtypen berücksichtigt werden, die nicht in der DIN 1946-6 enthalten sind. Nicht alle Programme berechnen die unterschiedlichen Systemarten (frei, ventilatorgestützt, Quer-, Schachtlüftung, Abluft-, Zuluft-, Zu-/Abluftsysteme etc.). Das gilt insbesondere für produkt- beziehungsweise herstellerspezifische Lösungen. Nur manche, nicht alle Programme ermöglichen wahlweise die tabellarische, raumbuchorientierte oder grafische Eingabe. Während bei der Berechnung die Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen sowie Luftvolumenströme berücksichtigt werden, gilt dies nicht für die Berechnung von Lüftungskomponenten oder frei wählbaren Lüftungsstufen. Auch bei den Betriebsstufen werden nur vereinzelt von der Norm abweichende Lüftungsstufen erfasst – etwa eine Nachtlüftung bei extremer Sommerhitze. Während bei den Regelwerken die DIN 1946-6 die Grundlage aller Planungsprogramme ist, gilt dies nicht für die DIN 18017-3 zur Lüftung von Bädern und Toilettenräumen ohne Außenfenster. So unterschiedlich, wie die Möglichkeiten bei der Ausgabe sind – die Palette reicht von DIN-Formblättern über Tabellen, Reports, Stücklisten und Grundrisspläne bis hin zu Schemaskizzen –, so verschieden sind auch die Möglichkeiten des Im- und Exports der Daten. Ein Teil der Programme ermöglicht den zeitsparenden Datenimport aus EnEV- beziehungsweise DIN-V-18599-Programmen. Beim Datenexport werden unterschiedliche Formate unterstützt, teilweise ist aber auch nur eine Druckausgabe möglich. Neben dem Softwarepreis für einen Arbeitsplatz sollten auch die Updatekonditionen berücksichtigt werden.

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Details und Konzepte: Die Palette der Anwendungen reicht von herstellerspezifischen Planungs- und Ausschreibungsprogrammen…
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…bis hin zu Lüftungskonzept-Planungsmodulen, die (optionaler) Bestandteil einiger EnEV-Programme sind.

Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer lüftungstechnischen Maßnahme sollte zum Beispiel eine erhöhte Feuchtebelastung berücksichtigt werden – etwa durch das umweltfreundliche konventionelle Trocknen der Wäsche ohne Wäschetrockner. Ferner sollten die Abluftvolumenströme bei fensterlosen Bädern als erweitertes Lüftungskonzept in die Berechnung mit einfließen. Wichtig ist auch eine freie Wahl der Lüftungsstufe, damit man sie – abweichend von Normvorgaben – mit dem Bauherrn/Nutzer aus Gründen des Komforts, der Behaglichkeit oder eines besonderen Nutzungsprofils individuell vereinbaren kann. Ferner sollte die Software von der Norm abweichende, aber in der Praxis häufig vorkommende Fälle berücksichtigen. Dazu gehören beispielsweise frei definierbare Raumtypen, in denen die notwendigen Außenluftvolumenströme individuell festgelegt werden können. Damit lassen sich auch Räume in die Berechnung einbeziehen, die nicht in der DIN 1946-6 enthalten sind – etwa Räume mit keiner oder einer besonders hohen Feuchtelast. Schließlich sollte die Software auch unterschiedliche Lüftungssysteme (Mischsysteme) in einem Gebäude abbilden können. Dazu sollte ein Lüftungssystem pro Nutzungseinheit (Einfamilienhaus, ein- oder mehrgeschossige Wohnung oder Raumgruppe etc.) getrennt zugeordnet werden können. Das ermöglicht Kombinationen, wie etwa eine Nutzungseinheit ohne fensterloses Bad und freies Lüftungssystem mit Querlüftung oder mit fensterlosem Bad und einem Abluftsystem nach DIN 18017-3. Kombinierte Wohn- und Nichtwohnbereiche, wie Gewerberäume mit Wohnbereich, sollten an eine lüftungstechnische Anlage angeschlossen und als Gesamtanlage berechnet werden können. Auch die heute übliche gemischte Raumnutzung verlangt einen über die DIN 1946-6 hinausgehenden Anwendungsbereich für die Bemessung lüftungstechnischer Komponenten. Deshalb sollte die Software gemischte Raumnutzungen, wie Wohnen, Essen und Küche, in einem Raumverbund abbilden und in die Berechnung einbeziehen können. Gleichartige Nutzungseinheiten – etwa im Geschosswohnungsbau bei gleichen oder ähnlichen Wohnungsgrundrissen – sollte das Programm ebenfalls berücksichtigen, um so den Aufwand für die Eingabe zu verringern.

Software beugt Haftungsrisiken vor

Das Lüftungskonzept ist ein wesentlicher Bestandteil des Gebäude-, Haustechnik- und Energiekonzeptes. Deshalb sollte seine Erstellung zwingend zum Verantwortungsbereich des Architekten, Fachplaners oder Gebäude-Energieberaters gehören. Die Feststellung der Notwendigkeit ­lüftungstechnischer Maßnahmen ist schließlich teilweise auch Bestandteil von Beratungsberichten. Auch deshalb sind entsprechende Module (optionaler) Bestandteil einiger EnEV-Programme. Sie vereinfachen und beschleunigen die Erstellung von Lüftungskonzepten, geben mehr Planungssicherheit und beugen Haftungsrisiken vor. Nicht zuletzt sind Lüftungskonzepte besondere Leistungen, die man gesondert ­abrechnen kann und sich so zusätzliche Honorareinkünfte sichern kann.

Marian Behaneck ist freier Fachjournalist in ­Jockgrim (Pfalz).


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