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[ Schwerpunkt: Technik ]

Vielerlei Durchblick

Neue Methoden der Glasveredlung ermöglichen große gestalterische Vielfalt

Text: Jutta Albus und Stefan Robanus

Bei der Gestaltung von Glasoberflächen spielen visuelle Kriterien die entscheidende Rolle. Je nach dem gewünschten Grad der Durchsicht erscheinen sie transparent, transluzent oder opak. Die Oberfläche kann je nach ihrer Beschaffenheit glatt oder mattiert, spiegelnd oder strukturiert wirken. Eine Vielzahl von Bearbeitungsverfahren sorgt für unterschiedlichste Optiken.

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Elegante Aufträge

Bei additiven Verfahren werden Beschichtungen oder Farben auf die Oberfläche aufgebracht. Beim Emaillieren oder Einbrennlackieren werden die farbigen Schichten während des thermischen Vorspannprozesses in die Oberfläche eingebrannt. Allerdings wird durch die Emaillierung die Biegezugfestigkeit des Glases beeinträchtigt. Die Auftragsdicken variieren zwischen zehn und 100 Mikrometern und weisen hervorragende Eigenschaften hinsichtlich Farbbrillanz, Kratzfestigkeit und Witterungsbeständigkeit auf, was auch einen Einsatz dieser Schichten an der Fassadenaußenseite ermöglicht. Nach dem Farbauftrag kann das Glas zu Verbundsicherheits- oder Isolierglas weiterverarbeitet werden. Der Farbauftrag erfolgt im Walz-, Sprüh- oder Siebdruckverfahren bei Glasdicken von vier bis 15 Millimetern. Sonderanfertigungen sind bis zu einer Dicke von 19 Millimetern möglich. Für eine hohe Farbqualität empfiehlt sich als Basisglas eisenoxidarmes Weißglas.

Das Walzverfahren (Rollercoater-Verfahren) wird vorrangig bei vollflächigem Farbauftrag eingesetzt. Um den dünnen Farbfilm zu übertragen, durchfahren hierbei die Glasscheiben gerillte Gummiwalzen. Anschließend wird die Beschichtung eingebrannt. Die Maximalbreite des Endprodukts wird von der Walze bestimmt, die zwischen 1,60 und 2,40 Metern breit sein kann. Übliche Glasformate dieser Technik liegen zwischen 200 mal 300 und 1.600–2.499 mal 6.900–7.200 Millimetern.

Beim Siebdruckverfahren wird die Farbe durch ein engmaschiges Sieb, das als Druckschablone dient, über einen Siebdrucktisch auf die Glasoberfläche gebracht. Die Herstellung der Siebe und ihrer durch Belichtung entstehenden Dekore ist relativ aufwendig und zeitintensiv. Der Farbauftrag ist sehr präzise und qualitativ hochwertig. Die Beschichtung ist dünner als im ­Walzverfahren. Neben Standarddekoren sind auch individuelle Gestaltungen möglich. Durch Punktraster und eine Variation der Punktabstände lassen sich beispielsweise Farbverläufe und unterschiedliche Transparenzgrade herstellen und dabei spiegelnde Glasoberflächen in mattierte Bereiche überführen. Das Verfahren bietet sich für Formate von 100 mal 250 bis 2.850 mal 6.000 Millimetern an.

Tintenstrahl- oder Spritzdruckverfahren mit organischer Zweikomponenten-Farbe führen zu Ergebnissen mit sehr hoher Deckkraft. Eine thermische Behandlung der Gläser ist nicht erforderlich, wodurch Abweichungen von der Planebenheit der Oberfläche ausgeschlossen werden können. Es ist auch eine Weiterverarbeitung zu Isolierglas möglich. Aufgrund der relativ kratz- und witterungsempfindlichen Beschichtung wird die Oberfläche in der Regel durch eine Isolierverglasung oder Laminat geschützt.

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Keramischer Digitaldruck: Das 38 Meter hohe Blütenkunstwerk auf der Fassade des „One Reading Central“ in England entwarf der Londoner Glasdesigner Graham Jones.

Schön durch Abtragen und Fügen

Für opake oder transluzente Optiken sind auch sogenannte subtraktive Bearbeitungsmethoden geeignet, wobei von der Glasoberfläche Schichten abgetragen werden. Mögliche Verfahren sind Ätzen, Sandstrahlen oder die Gravur. Dadurch verändert sich die Oberflächenrauigkeit, was die Transparenz und den Reflexionsgrad des Glases beeinflusst. Beim Ätzen, einer der ältesten Techniken, erfolgt die Behandlung mit Flusssäure-Salzen. Dabei ermöglichen die verschiedenen Anwendungsmethoden, Matt-, Blank- oder Tiefätzen, eine Vielzahl von Erscheinungsbildern mit variablem Mattierungsgrad. Die Rauigkeit der Oberfläche ist durch den chemischen Vorgang feiner als beim Sandstrahlen und daher weniger schmutzanfällig. Die einseitig bearbeiteten, transparenten oder eingefärbten Gläser werden vorwiegend als Dekor eingesetzt.

Doch der Ätzprozess hat gefährliche Nebeneffekte und wird daher immer häufiger durch das Sandstrahlen ersetzt. Dort ist der Oberflächenabtrag jedoch tiefer und gröber strukturiert. Für eine gleichmäßige Rauigkeit werden die Gläser mit Pressluft durch Sand- oder Korundkörner mechanisch bearbeitet. Außerdem wird dadurch ein sehr weicher Lichteinfall begünstigt, was zu ästhetisch ansprechenden Effekten führt. Die raue Oberfläche eignet sich zudem für Bereiche, die eine erhöhte Rutschfestigkeit fordern, wie begehbare Gläser oder Treppenstufen. Der Materialabtrag ist bei der Ermittlung der notwendigen Scheibendicken zu berücksichtigen. Sandgestrahlte Gläser sind in Abmessungen von 200 mal 300 bis 3.210 mal 4.100–6.000 Millimetern herstellbar.

Das Gravieren von Glas stellt eine klassische Veredlungstechnik dar, bei der die Oberfläche mittels Rädern aus Kunststein, Kupfer oder Diamant bearbeitet wird. Die entstehenden Muster oder Grafiken werden reliefartig in die Scheiben graviert.

Beim Laminieren werden zwei Glasscheiben über eine Zwischenschicht miteinander verbunden, meist durch PVB-Folien (Polyvinylbutyral) oder Harze. Im Bauwesen wird diese Fügetechnik vorwiegend zum Herstellen von Verbundsicherheitsglas (VSG) für absturzsichernde oder Über-Kopf-Verglasungen eingesetzt.

Farbige oder transluzente Folien mit Mustern oder Dekoren bieten eine große gestalterische Bandbreite. Es können bis zu vier Lagen zwischen den Gläsern kombiniert werden.

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Beliebig gestaltbar

Für Planungsaufgaben mit Standardformaten und sich wiederholenden Bauteilen sind die klassischen Verfahren meist die wirtschaftlichsten. Digitaldruck und Lasertechnik sind aufwendiger, eröffnen aber noch viel individuellere und flexiblere Möglichkeiten der Gestaltung, da die vorwiegend am Computer erzeugten Formen und Motive direkt in die Produktion übertragen werden können.

Digital emailliert

Der weltweit größte Flachbettdrucker bei der Firma Sedak im bayerischen Gersthofen bringt beim Digitaldruck mit keramischen Farben wesentliche Fortschritte. Hier können übergroße Glasscheiben mit Abmessungen bis 3,21 mal 15,00 Meter mit komplexen mehrfarbigen Rasterdesigns in Fotoqualität mit einer Auflösung bis 720 dpi bedruckt werden. Die Reproduktion von Fotos ist ebenso möglich wie die Imitation von Materialstrukturen oder der Rapport einer Ornamentik. Dadurch erhöht sich der individuelle Gestaltungsspielraum erheblich. Weiterhin lassen sich Unikate zeit- und kostensparender als mit Siebdruck herstellen. Auch der Farbauftrag ist deutlich dünner, was transluzente Bereiche und fließende Übergänge erlaubt. Der Druckprozess ähnelt dem Inkjet-Drucken auf Papier; die Farben bestehen allerdings aus feinsten Keramikpartikeln und werden mittels Plotter auf die Scheibe aufgespritzt. Nach dem Brennen im Ofen sind sie dauerhaft mit der Glasscheibe verbunden und die Farbschicht ist kratzfest. Farbemaillierte Gläser werden für Fassaden oder als Blickfang im Innenraum verwendet.

Gelaserte Gläser

Zu den neueren Verfahren gehört auch die Laserbearbeitung. Es ermöglicht, bisher getrennte Bearbeitungsschritte mit ein und demselben Werkzeug auszuführen. Außerdem können Formate von vier mal zehn Metern bearbeitet werden. Aufgrund des präzisen und splitterfreien Zuschnitts werden damit vorwiegend technische Gläser hergestellt und Beschichtungen entfernt. Per Gravur und Strukturierung hingegen lassen sich Gläser wirtschaftlich und individuell in kleinen Auflagen gestalten. Feinste grafische Strukturen, wie Linien, Punkte, Graustufen und Verläufe, sowie Fotografien und Grafiken werden fast verlustfrei übertragen. Außerdem können funktionale Produkte mit einer nahezu unsichtbaren Strukturierung hergestellt werden, wie rutschhemmende Böden.

Eine Besonderheit des Laserverfahrens ist die Innengravur, die völlig neue Anwendungsmöglichkeiten eröffnet. Beim Gravieren wird hier die Oberfläche des Glases nicht verletzt. Analog zur Oberflächengravur lassen sich Motive oder dreidimensionale Objekte und Muster einbringen. Dabei muss jedoch immer mindestens ein Millimeter des Glases bis zur Oberfläche unberührt bleiben. Optisch beeindruckende Effekte entstehen beispielsweise beim Einbinden von Lichtquellen wie LEDs am Scheibenrand.

Dipl.-Ing. Jutta Albus und Dipl.-Ing. Stefan Robanus sind Architekten und akademische Mitarbeiter am Institut für Baukonstruktion der Universität Stuttgart.


Basisgläser zum Veredeln

Als Grundlage der meisten Design- und Gestaltungsanwendungen mit Glas in der Architektur dienen Basisprodukte, die nach dem üblichen Floatglasverfahren hergestellt werden. Das klar durchsichtige Glas kann in Dicken zwischen zwei bis 25 Millimetern produziert werden, handelsübliche Abmessungen liegen bei 3.210 mal 6.000 Millimetern. Je nach Zusammensetzung der Bestandteile entsteht schon während der Herstellung eine unterschiedliche Färbung der Gläser, die durch reduzierte Eisenoxidanteile (Fe2O3) oder die Zugabe von Reduktionsmitteln fast vollständig entfärbt werden können. Das Ergebnis wird als „Weißglas“ oder „extraweißes Glas“ bezeichnet. Weißgläser zeichnen sich durch einen sehr hohen Lichttransmissionsgrad von bis zu 90 Prozent sowie eine hohe UV-Durchlässigkeit aus. Eine Einfärbung der Gläser im Produktionsprozess ist ebenfalls möglich, die durch eine Erhöhung des Metalloxid-Anteils entweder grün, grau oder bronzefarben erscheinen. Durch verbesserte Absorptionswerte bei gleichzeitiger Reduktion des Strahlungsdurchgangs kommen sie als Sonnenschutzgläser zum Einsatz.

Messe-Sonderschau

Über neue Techniken im Glasdesign, Anwendungen von Dünnglastechnologien sowie den Umgang mit großen Formaten und anspruchsvollen Geometrien informiert die Sonderschau „glass technology live“ vom 21. bis 24. Oktober anlässlich der Messe „glasstec“ in Düsseldorf. Organisator der Ausstellung unter dem Motto „Intelligent Glass“ ist auch in diesem Jahr wieder das Team um Professor Stefan Behling vom Institut für Baukonstruktion der Universität Stuttgart. Das ergänzende Fachsymposium bietet ein umfangreiches Vortragsprogramm.

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