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[ Standpunkt ]

Weitsichtig + sozial = barrierefrei = nachhaltig

Es ist natürlich nur ein Zufall, dass der berühmt-berüchtigte Roman namens „1984“ von George Orwell genau das Jahr benennt, in dem die Bayerische Architektenkammer die „Beratungsstelle Barrierefreies Bauen“ eröffnete.

Foto: byak
Lutz Heese, Präsident der Bayerischen Architektenkammer (Foto: byak)

Und natürlich kann man das Erscheinen eines Science-Fiction-Romans auch nicht mit der Installierung eines Ortes vergleichen, an dem Hilfestellung und Rat in Fragen rund um das barrierefreie Bauen geleistet wird. Und doch verbindet meiner Ansicht nach den Literaten George Orwell und den Architekten und damaligen Präsidenten der Bayerischen Architektenkammer Ernst Maria Lang eine herausragende Eigenschaft: die Weitsicht! George Orwell führte sie zur Beschreibung einer Utopie, die tatsächlich in vielem eingetreten ist. Und Ernst Maria Lang erkannte damals schon, dass die Gesellschaft Antworten braucht auf Fragen, die Menschen stellen, die seit ihrer Geburt, zufalls- oder altersbedingt, zeitweilig oder situativ Hilfe bei der Überwindung von Barrieren benötigen.

Im kommenden Jahr sind seither 30 Jahre vergangen. Damals war es nicht selbstverständlich, sich mit dem demografischen Wandel und seinem Einfluss auf die Gesellschaft zu beschäftigen. Wie richtig und wichtig es jedoch ist, gemeinsam mit dem Bayerischen Sozialministerium eine „Beratungsstelle Barrierefreies Bauen“ zu gründen und zu betreiben, zeigen die schlichten Zahlen: Zweimal im Monat boten damals ein Architekt und ein Sozialberater kostenlos Hilfe in München an. Seither hat sich die Zahl der Berater verfünffacht. 1989 erhielt Nürnberg eine Beratungsstelle, inzwischen sind Augsburg, Würzburg, Bayreuth, Lindau, Regensburg und Landshut dazugekommen. Der Tätigkeitsbericht aus dem Jahr 2012 dokumentiert mehr als 1.000 Einzelberatungen, seit Einrichtung der Beratungsstelle haben insgesamt über 56.000 Beratungen stattgefunden, die sich an die Mitglieder der Bayerischen Architektenkammer, also Architekten, Innen- und Landschaftsarchitekten, aber auch an Bauherren, Nutzer und Interessierte richten. In ganz Bayern wird zudem Jahr für Jahr die Ausstellung „Barrieren abbauen“ an mehreren Orten gezeigt. Und gerade sind die beiden neuen Broschüren „Barrierefreies Bauen“ als Planungshilfen zur DIN 18040 Teil 1 und 2 erschienen.
Das spricht für sich und ist ein großartiger Erfolg. Es ist aber auch: ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn barrierefreies Bauen bedeutet, die gebaute Umwelt – sei sie öffentlich, sei sie privat – so zu gestalten, dass sie allen Menschen unabhängig von der körperlichen Verfassung, unabhängig vom Alter, ohne fremde Hilfe uneingeschränkt offen steht. Ganz bewusst habe ich das Wort „gestalten“ benutzt. Denn darum geht es: um Baukultur für alle! Um Teilhabe aller an der Gesellschaft, zum Wohle aller. Und das heißt: Es geht auch um Nachhaltigkeit. Denn wer heute weitsichtig denkt, der erkennt, dass die Reduktion des Begriffes Nachhaltigkeit auf Themenbereiche der Energieeinsparung und Energieeffizienz zu kurz gegriffen ist. Wahre Nachhaltigkeit hat auch und vor allem eine soziale Komponente. Und somit sind wir Architekten, die wir den gebauten Rahmen unserer Gesellschaft errichten, auch im Jahr 2014 mindestens ebenso gefordert wie 1984.

Lutz Heese, Präsident der  Bayerischen Architektenkammer.

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1 Gedanke zu „Weitsichtig + sozial = barrierefrei = nachhaltig

  1. Die inflationäre Verwendung des Begriffes „Nachhaltigkeit“ ist schon beängstigend. Aber noch schlimmer ist es, wenn der Architekt, der seit seiner Existenz die ganzheitliche, vorausschauende, umfassende und universelle Sicht der Dinge als Maßstab seiner Leistung angibt, sich jetzt auch noch den Begriff Nachhaltigkeit anheftet, der eigentlich schon längst in seiner Handlung verankert sein sollte….Nur PR für einen sterbenden Berufsstand? Oder Anbiedern an politische Entscheidungsträger?

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