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[ Schwerpunkt: Kommunikation ]

„Super viel Spaß“

Beim Best Architects Award und Iconic Award bekommen Sieger kein Geld, sondern müssen hohe Summen zahlen. Kann man Architekturpreise kaufen?

Text: Roland Stimpel

Architekturpreise gibt es viele. Wikipedia nennt 45 deutsche und internationale; das Spektrum reicht von Seriös-Regionalem wie dem Landesbaupreis Mecklenburg-Vorpommern bis zum nicht ganz ernst gemeinten „Furunkel-Preis“, den ein britisches Magazin für den jeweils hässlichsten Neubau im Land verleiht. Die Wikipedia-Liste hat Lücken, aber fast allen Preisen ist dreierlei gemein: Es gibt nur wenige Preisträger. Wer gewinnt, darf neben der Ehre oft auf mehr oder weniger Geld hoffen. Und Auslober sind in aller Regel Staat, Kammern, Verbände und Industrie.

In allen drei Punkten machen der „Best Architects Award“ und der ganz neue „Iconic Award“ eine Ausnahme. Es gibt reichlich Gewinner – 96 waren es bei der jüngsten Vergabe des „Best Architects“-Preises. Und diese Gewinner müssen zahlen: Wer etwas einreicht, verpflichtet sich im Fall einer Auszeichnung, 1.600 Euro plus Umsatzsteuer für das „Winner Package“ zu zahlen – vier Seiten im Buch mit allen Siegern, Urkunde, Logo-Verwendung, einem Eintrag auf der Auslober-Website und mehr. Ungewöhnlich ist auch die Ausloberin: eine Designfirma aus Düsseldorf, die mit Architektur sonst direkt wenig zu tun hat. Die aber jetzt schon zum achten Mal diesen Preis ausgelobt hat, mehr und mehr Echo bekommt und die Ergebnisse mit viel Engagement und handwerklicher Liebe in die Welt trägt.

Aber es drängt sich die Frage auf: Ist das nur ein schnödes Geschäft zu Lasten von Architekten? Oder ist es ein eher idealistischer Beitrag zur Baukultur, für den die Initiatoren nun mal nicht draufzahlen können? Ist es eine seriöse Auszeichnung oder eine gekaufte Ehre? Und nicht zuletzt: Ist es für gewinnende Architekten Geldverschwendung, befriedigt es nur die Eitelkeit oder schmückt es und erleichtert die Akquisition neuer Kunden?

Besuchen wir die Auslober. Ihre Agentur „Zinnobergrün“ residiert ein Stück südlich der Düsseldorfer City im zweiten Stock eines Gründerzeit-Altbaus. An diesem frühen Donnerstagnachmittag sind nur die Inhaber Bärbel Muhlack und Tobias Schwarzer im Haus. Irgendwelcher Betrieb ist nicht festzustellen. Dafür ein handfestes Motiv, Architekten auszuzeichnen: Tobias Schwarzer ist selbst einer, plant allerdings keine Häuser mehr. In der Krise ab dem Jahr 2001 hat er stattdessen „Zinnobergrün“ mitgegründet. Die Agentur macht heute vor allem Unternehmens-Kampagnen.

Aber die Baukunst ließ Schwarzer nicht ruhen: „Wir fanden, es gibt zu wenig gute Architektur im Land, und dachten: Da müsste man mal was tun, um die gelungenen Projekte herauszustellen.“ Gesagt, gemacht: „Irgendwann haben wir dann beschlossen, den Preis zu verleihen.“ Das bedurfte am Anfang einiger Propaganda: Muhlack und Schwarzer kontaktierten sämtliche Fachmedien, ermunterten ihnen bekannte und nicht so bekannte Architekten zum Einreichen. Und sie fanden mit Laurids Ortner einen renommierten Jury-Chef. Bei ihm hatte Schwarzer an der Düsseldorfer Kunstakademie studiert.

Teilnehmer können sich seitdem mit dem Preis selbst schmücken; zu dessen Verbreitung dient Muhlack und Schwarzer vor allem ein recht opulentes, handwerklich liebevoll gestaltetes Buch als „würdige Plattform“ für die Sieger, laut Schwarzer mit „Super-Haptik und superschönem Bild“. Muhlack: „Die reinen Produktionskosten liegen pro Stück bei 40 Euro.“ Da sei nicht einmal die viele Arbeit eingerechnet, die sie selbst in Recherche, Layout und Herstellung stecken würden. „Die Zielgruppe hat dafür eine hohe Wertschätzung“, weiß Schwarzer. 4.000 Stück haben sie nach eigenen Angaben vom jüngsten Buch gedruckt. Für jeden Preisträger ist ein Exemplar inbegriffen; der Rest geht an den Buchhandel oder wird von den Gewinnern gekauft und verteilt.

Der Preis war für alle deutschsprachigen Länder gedacht; ein Großteil der Gewinner kommt aus den Alpenländern Österreich, Schweiz und Südtirol. Es sind Büros dabei, von denen man sonst nie hört, aber auch recht prominente wie zum Beispiel kadawittfeld, Marte.Marte, Titus Bernhard oder Woerner & Partner. Prämiert wurde zuletzt in sechs Kategorien, vom Gewerbe- über den Innenausbau bis zum „Sonstigen“. Eine dreiköpfige Jury, paritätisch aus Deutschland, Österreich und der Schweiz besetzt, sichtet die Einsendungen – im Vorjahr 352, von denen jeder vierte gewann. Ein Dutzend Sieger bekommt den Preis in Gold. In diesem Jahr wurden und werden die Gewinnerbeiträge erstmals in einer Wanderausstellung präsentiert – zuletzt in Stuttgart und Südtirol, demnächst in Luzern.

Noch ein Preis – mit Anmeldegebühr

Derzeit zwei Sponsoren unterstützen den Preis – sehr unterschiedliche: zum einen die Beton-Marketinggesellschaft, zum anderen der Anbieter der „miniki“ – einer Küchenzeile mit Deckel, die zugeklappt den Eindruck eines Sideboards erweckt. Ihr Erfinder und Vermarkter ist Tobias Schwarzer selbst. 2012 hat er dafür einen „red dot“-Preis bekommen. Diese Auszeichnung ist im Prinzip das Gleiche für Design, was Muhlack und Schwarzer für Architektur machen: ein großzügig verliehener Preis, für den Wettbewerbsgewinner zahlen. 2008 – jüngere Daten sind nicht bekannt – wurde er 676-mal vergeben.

Orden_Iconic_Award
Orden_Iconic_Award

Eine neue Variante für Architekten versucht der jetzt gestartete „Iconic Award“ des „Rats für Formgebung“. Hier zahlen Architekten schon fürs Einreichen: 180 Euro „Anmeldegebühr“ und für digital Eingereichtes oben drauf noch 50 Euro „Organisationsgebühr“. Sieger überweisen dann nochmal 1.200 Euro, und die „Best of best“ 1.500 Euro. Jeweils plus Mehrwertsteuer, versteht sich.

Ein aufwendiges Hobby

Muhlack und Schwarzer nehmen für die Einreichung nichts und von den Siegern ein bisschen mehr. Die beiden beteuern, dass sie trotz Gewinner-Zahlungen von zuletzt etwa 150.000 Euro nichts am Preis verdienen. „Wir zahlen da sogar noch drauf.“ Berücksichtigt man die nötige Konzeption, PR, Jury-Betreuung, Druck, Ausstellungen, Kommunikation und alles andere, dann wirkt das durchaus glaubhaft. Schwarzer spricht von einem „sehr aufwendigen und teuren Hobby – es macht einfach super viel Spaß“. Unabhängigkeit ist ihnen wichtig. Kein Sponsor soll hineinreden. Angebote von Buchverlagen haben die beiden abgelehnt, weil sie Qualitätsverlust fürchteten.

Ehrlich nicht beantwortbar ist die Frage: Was bringt es den Gewinnern? Lohnen sich die Mühe der Einreichung und die 1.600 Euro netto? Schwarzer sagt natürlich, „dass sich das für die Gewinner immer rechnet“. Es sei eine Chance „gerade für kleinere und unbekannte Büros, die es selbst mit guten Projekten kaum in die Presse schaffen“. Es gebe Teilnehmer, die nach einer ersten Preisvergabe erneut mitmachen würden. Die Zahl der für „Zinnobergrün“ umsatzträchtigen Sieger steht nie vorher fest: Wie viele prämiert werden, bestimmt allein die Jury. Erkennbar schlechte Projekte fanden wir auf der Preisträger-Website nicht. Es gibt bei den zahlenden Gewinnern viel ordentliche Qualität – so viel, dass die meisten Projekte keine hohen Chancen auf andere Preise mit Geldprämie hätten. Mit dem „Best Architects“-Preis schmückt man seinen Briefbogen, die eigene Website und die Bürowand. Wie man dazu gekommen ist, drängt man wohl seinen Bauherren nicht direkt auf.

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