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[ Honorare im Bestandsbau ]

HOAI: ungenügend für Bestandsbauten

Die Honorarordnung wird den komplexen und umfangreichen Aufgaben bei Sanierungen und im Denkmalschutz nicht gerecht

Von Norbert Stannek

Die Struktur der HOAI 2009 ist an Neubauten ausgerichtet und passt an vielen Stellen nicht zur Sanierungspraxis. So ist es nicht verwunderlich, wenn in der amtlichen Begründung zur HOAI 2009 aus einem neun Jahre älteren Statusbericht zitiert wird: „Es ist deshalb nicht abschließend zu klären, ob die Honorarbestimmung beim Planen und Bauen im Bestand zur Zeit aufwandsgerecht ist, abgesehen von den Möglichkeiten der Vereinbarung von besonderen Leistungen, soweit diese ergänzend oder ersetzend zu den Grundleistungen der auf Neubauten ausgerichteten Leistungsbilder erforderlich werden.

Drei wesentliche Problempunkte der HOAI 2009 sind:

  • Alte Bausubstanz wird bei den anrechenbaren Kosten nicht mehr berücksichtigt (der § 10 Abs. 3a HOAI 2001 ist entfallen),
  • lediglich die Kosten der Kostenberechnung werden für die Honorarermittlung herangezogen (§ 6),
  • ungenügender Honorarzuschlag bei Instandhaltungen und Instandsetzungen (§ 36)

Vorhandene Bausubstanz anrechnen

Vorhandene Bausubstanz, die technisch oder gestalterisch mitverarbeitet wurde, konnte bisher regelmäßig bei den anrechenbaren Kosten eingerechnet werden, häufig auch mit mehr als 20 Prozent. Der im § 35 der neuen HOAI von 2009 benannte Zuschlag bei Umbauten und Modernisierungen bis zu 80 Prozent bezieht sich nicht auf die bei Denkmalen oft ausschließlich zu leistende Instandsetzung. Bei einer reinen Instandsetzung bedeutet der Entfall der Anrechenbarkeit alter Bausubstanz nach der HOAI 2009 trotz Anhebung der Tafelwerte im Vergleich zu vorher oft sogar eine Honorarminderung.

Bei Instandsetzungen von Fassaden oder Dächern muss sich der Planer mit alter Bausubstanz auseinandersetzen, er muss die Bauteile beurteilen hinsichtlich der Weiterverwendbarkeit usw. Insofern wird der Verzicht auf die Anrechenbarkeit der Praxis nicht gerecht. Die erweiterte Fassung der Begriffsdefinition „Umbauten“ in § 2 Nr. 6 hilft hier auch nicht weiter und führt nicht einmal zu der Möglichkeit eines Umbauzuschlags.

Einige Beispiele, bei denen die Anrechenbarkeit alter Substanz sehr wichtig wäre:

  • Instandsetzung von Fachwerkfassaden, bei denen mit kleinteiligen Reparaturen von Knotenpunkten Pfosten und Riegel erhalten werden können,
  • Instandsetzung von Fenstern, bei denen alte Beschläge, Scheiben, Sprossen, Rahmen usw. zu erhalten sind,
  • Instandsetzung von Fassaden aus Naturstein oder verputztem Mauerwerk, bei denen von Fall zu Fall zu entscheiden ist, ob und wie die Bauteile instand gesetzt werden oder ob nach heutigem Normenwerk regelwidrige Details erhalten oder optimiert werden können.

Ein Beispiel mag die Problemlage verdeutlichen: Zur Prüfung des Erhalts geschädigter Fachwerkbalken sind Ortstermine von Architekt, Statiker und Zimmerer erforderlich, um alle Beurteilungskriterien abzudecken. Am Schluss kann die Entscheidung lauten, dass der Balken zu erhalten ist, wenn seine Oberfläche etwas zurückgearbeitet und die zukünftige Wasserführung verbessert wird. Dem geringen baulichen Aufwand (niedrige Kosten) steht ein überproportionaler Planungsaufwand gegenüber, dem durch die an Neubauten orientierte HOAI nicht Rechnung getragen wird. Obwohl in der HOAI 2009 die Berücksichtigung vorhandener Bausubstanz bei den anrechenbaren Kosten nicht mehr vorgesehen ist, kann zumindest im Rahmen des § 7 Abs. 1 HOAI die Anrechenbarkeit einzelvertraglich vereinbart werden.

Probleme der Kostenberechnung im Bestand

Die Absicht des Verordnungsgebers ist es, das Honorar durch die Bindung allein an die Kostenberechnung zu begrenzen. Dieser Nachteil gegenüber der alten HOAI wirkt sich auf die Planer beim Bauen im Bestand noch ungünstiger aus als beim Neubau.

Wenn aus dem Bestand resultierende Probleme, die auch mit sorgfältiger Bestandsaufnahme nicht vorhersehbar waren, später zu zusätzlichen baulichen Maßnahmen führen, die der Architekt plant und deren Ausführung er überwacht, muss er um ein zusätzliches Honorar kämpfen. Jedoch dürften auskömmliche Honorare vielfach nicht mehr zu vereinbaren sein.

Häufig sind selbst bei sorgfältiger Bestandsaufnahme die Baukosten nicht mit letzter Präzision zu ermitteln. Dies liegt leider in der Natur der Sache begründet. Problematisch ist eine Bestandsaufnahme auch im Hinblick auf die Kostenentwicklung, beispielsweise bei:

  • unbekannter Fundamenttiefe, die trotz stichprobenartigen Schürfens nicht gänzlich zu erfassen ist,
  • unbekanntem Zustand von Fundamenten, z.B. bei einem Wasserschloss,
  • zweischaligem Mauerwerk des 19. Jahrhunderts mit Eisenankern zwischen den beiden Schalen,
  • großflächig aufgedoppelten Fußböden oder unterseitig mehrfach bekleideten Holzbalkendecken, bei denen die Balkenkonstruktion in der Leistungsphase 3 nicht vollständig zu erfassen ist,
  • verputzten Fachwerkfassaden,
  • der Feststellung von Einbindetiefen an Architekturteilen aus Naturstein bei einer Fassade,
  • eingeschränkter Möglichkeit zur Bestandsaufnahme in bewohnten oder genutzten Räumen,
  • Holzbekleidungen vor Wänden bezüglich Schädigungen auf der Rückseite des Holzwerkes,
  • Traufgesimsen aus Holz bezüglich der Schädigung an verdeckten Kontaktflächen zum Mauerwerk,
  • verdeckten gesundheitsschädlichen Baustoffen, z.B. Asbest,
  • Turmspitzen oder Turmhähnen vor ihrer Demontage oder gar Zerlegung in der Werkstatt,
  • alten Dachhaken auf Dächern.

Wollte man alle Aspekte von vornherein untersuchen, käme dies häufig einem vorgezogenen Teilabbruch oder bereits der Durchführung der Baumaßnahme als solcher gleich.

In den Phasen 2 und 3 können trotz stichprobenartiger Untersuchung oder sogar Anlegen von Musterflächen die Mengen einiger kostenrelevanter Maßnahmen nicht sicher erfasst werden. Dies sind unter anderem Injektagemittel zum Verpressen von Hohlräumen in historischem Mauerwerk sowie auszutauschende Bauteile: Steine bei der Beseitigung von Ausbauchungen des Fassadenmauerwerks, Putz bei Hohlstellen sowie Balken an bekleideten Holzbalkendecken, bei verputzten oder verschieferten Fachwerkfassaden.

Es geht nicht um einen Freibrief für Planer bei fahrlässig durchgeführter Bestandsaufnahme, sondern bei unvorhergesehenen baulichen Aufwendungen um ein dem Aufwand und Haftungsrisiko entsprechendes Honorar. Bisher konnte man nach alter HOAI davon ausgehen, dass man für die vor Ort wichtigen Planungsleistungen zumindest ab Phase 5 einen Honorarausgleich erhielt.

Honorar für Instandhaltungen und Instandsetzungen

Im Gegensatz zu Umbauten und Modernisierungen mit einem Zuschlag für alle Leistungsphasen gilt bei Instandhaltungen und Instandsetzungen nur ein Zuschlag von bis zu 50 Prozent für die Phase 8, Bauüberwachung. Hiermit wird unterstellt, dass die eigentlichen Planungsleistungen (Phasen 1 bis 7) nicht aufwendiger als bei einem Neubau seien. Dies ist mitnichten der Fall.

Bei der Instandsetzung übersteigt der Aufwand beim Verfassen des Leistungsverzeichnisses deutlich den Aufwand beim Neubau. Beispiele beim Erstellen von Leistungsverzeichnissen in Kurzfassung finden sie hier . Hinzu kommen kompliziertere Ausführungsplanungen, zeitaufwendigere Aufmaße, eine intensivere Bauleitung sowie ein größeres Haftungsrisiko bei für Handwerker nicht üblichen oder von üblichen Normen abweichenden Leistungen. In vielen Fällen ist eine tägliche Bauleitung erforderlich. Der ausschließliche Honorarzuschlag bei Instandsetzungen auf die Phase 8 ist daher nicht sachgerecht. Der Verzicht auf die Anrechenbarkeit vorhandener Bausubstanz bei den anrechenbaren Kosten verschärft die wirtschaftliche Situation der Architekten.

Honorarzonen für Denkmale

In der Objektliste für Gebäude (Anlage 3 HOAI) kommen Bestandsbauten mit ihrer besonderen Ausprägung explizit nicht vor. Ein Wasserschloss oder ein mittelalterlicher Wehrturm beispielsweise sind nicht aufgeführt. Für Maßnahmen an Denkmalen oder historischen Gebäuden ist eine Objektliste zu wünschen, bei der auch konkrete Aufgabenstellungen und nicht allein die Objektarten berücksichtigt werden. Für die kleinteilige Instandsetzung eines Fachwerkbaues ist es unerheblich, ob es sich um einen Musikpavillon (Honorarzone II), ein Wohnhaus (Honorarzone III) oder ein Museum handelt (Honorarzone IV). Ähnlich ist es bei der Instandsetzung einer Natursteinfassade oder eines Schieferdaches.

Für Gründerzeithäuser mit Stuckdecken oder mit Natursteingliederungen versehenen Fassaden sollte zum Beispiel die Honorarzone IV obligatorisch sein. Dies gilt auch für Bauten, bei denen Fachwerk kleinteilig instand gesetzt werden muss, unabhängig von der Nutzungsart. Für Schlossgebäude mit wesentlicher historischer Bausubstanz sollte die Zone V gelten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass eine niedrigere Eingruppierung nicht zu kostendeckenden Honoraren führt.

Die Ermittlung der Honorarzone anhand von Bewertungsmerkmalen gemäß § 34 kann bei historischen Gebäuden nicht zu sachgerechten Ergebnissen führen. Eine instandzusetzende Windmühle beispielsweise bietet für den Architekten nur geringe Planungsanforderungen an die Umgebung und einen geringen Ausbaustandard, jedoch ist die technische Anforderung zur Herstellung eines schlagregendichten Mauerwerks am kegelstumpfartigen Turm äußerst anspruchsvoll und nur sehr aufwendig zu planen und zu realisieren. Bei Auftraggebern besteht die Neigung, eine niedrige Honorarzone mit Hinweis auf entfallende Bewertungsmerkmale festzulegen (§ 34 Abs. 2 Nrn. 1 und 2: geringe Anforderungen an die Einbindung in die Umgebung, nur wenige Funktionsbereiche). Dem müssten spezifische Planungsanforderungen entgegengesetzt werden, wie Umfang der planerischen Veränderungen, Bauzustand und Schadensintensität sowie der Organisationsgrad nach Aufbau- und Ablauforganisation. Zu berücksichtigen sind aber auch die Anzahl differenzierter historischer Konstruktionen (Gewölbe, Kappendecken, Holzbalkendecken, Holzfachwerk, Stahlfachwerk, liegender Dachstuhl usw.) sowie die Art der Fassadengestaltung (Naturstein- oder Stuckgliederungen, Fassadenmalerei, Altane).

Phasenbewertung beim Bauen im Bestand

Die in § 33 HOAI vorgenommene Bewertung der Leistungsphasen in Prozentsätzen trifft auf Leistungen gerade im denkmalgeschützten Bestand eher nicht oder nur ausnahmsweise zu. Dort gibt es zahlreiche Größen, die den Aufwand erhöhen:

  • Erfassen und Abstimmen von Zielvorstellungen von Behörden, Bewohnern und Nutzern mit Rücksicht auf Baukonstruktion und Baugestaltung usw.,
  • Beantragung von Ausnahmen und Befreiungen nach den Landesbauordnungen, n Abstimmungen mit Denkmalbehörden,
  • Entwicklung von auf den Bestand abgestimmten Details, n Erstellung komplexer Ausschreibungen mit Benennung von Abrechnungsmodalitäten,
  • Schwierigkeitsgrad der Maßnahme, z.B. kleinteilige Reparatur von Fenstern statt ihrer grundsätzlichen Erneuerung,
  • Modernisierung von Gebäuden in genutztem/ bewohntem Zustand und ihre Planung,
  • Störungen des Bauablaufes durch unvorhergesehene Funde, z.B. archäologische Befunde, unterdimensionierte Deckenbalken, gesundheitsgefährdende Holzschutzmittel,
  • Aufwendige Aufmaße, z.B. für Putzer- und Malerarbeiten.

Entscheidend ist, dass bei allen Projekten des Verfassers der Aufwand für die Phase 8 (Objektüberwachung) trotz des möglichen Zuschlags wesentlich höher liegt, als in der HOAI vorgesehen. Die Projekte werden erfahrungsgemäß besonders unwirtschaftlich während der Phase 8. Dieses Problem steigert sich noch bei isolierter Beauftragung dieser Leistungsphase an ein anderes Büro.

Die Teilleistungen in den ersten Leistungsphasen können demgegenüber in Einzelfällen niedriger bewertet werden, weil zum Beispiel eine Wanderung von Grundleistungen zur Phase 8 stattfindet oder die Phase 8 unverhältnismäßig aufwendiger als bei einem Neubau zu erbringen ist. Deshalb passen Tabellen zur Bewertung von Teilleistungen schon wegen der abweichenden Proportionierung der Leistungsphasen nicht für die Altbaumodernisierung.

Um die Basis für eine angemessene Honorierung von Planerinnen und Planern zu schaffen, die im Bereich der Modernisierung und Instandsetzung historischer Gebäude tätig sind, wären daher Leistungsbilder mit eigenständiger Phasenbewertung zu entwickeln.

Folgerungen für die Novelle

In der HOAI 2009 sind Regelungen getroffen worden, die sich ungünstig auswirken auf eine auskömmliche Vergütung der mit der Instandsetzung von historischen Gebäuden betrauten Architektinnen und Architekten. Der Verfasser ist der Auffassung, dass im Rahmen der vom Bundesrat erbetenen Überarbeitung der HOAI innerhalb der nun begonnenen Legislaturperiode die beschriebenen Schwachpunkte in Bezug auf das Bauen im Bestand, und hier vordringlich bei den Instandhaltungen und Instandsetzungen, beseitigt werden müssen.

Dr. Norbert Stannek ist als Architekt in Bergisch Gladbach auf Sanierung und Denkmalpflege spezialisiert.

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