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[ Interviews ]

„Teil des kommunalen Lebens“

Christine Nickl-Weller entwirft Gesundheitsbauten und lehrt ihren Entwurf an der TU Berlin. Sie will Krankenhäuser stärker ins städtische Leben einbeziehen.

Interview: Marion Goldmann

Sie planen seit nahezu dreißig Jahren Krankenhäuser. Was hat sich in dieser Zeit verändert?

Vieles. Der Mensch steht heute im Vordergund, wenigerder technische Bedarf. Die Krankenhäuser waren früher exakt dem Anforderungsprofil der Zeit angepasst. Auch über Nachhaltigkeit hat man damals viel weniger nachgedacht. Heute ist alles interdisziplinär und modular. Die Planungskonzepte lassen Veränderungen oder Erweiterungen der Gebäude sowie städtebauliche Entwicklungen zu. Ein wichtiger Unterschied ist auch der Umgang mit Licht. Heute spielt das Tageslicht eine viel größere Rolle. Das hat zu großen Veränderungen in der Gestaltung geführt. Auch die Zugangssituation eines Krankenhauses hat sich stark verändert. Der Eingangsbereich ist vielmehr als Hotellobby zu gestalten – klar strukturiert und doch zugleich ein Empfang in einer angenehmen Atmosphäre. Krankenhäuser sollen als Teil der Stadt, des öffentlichen Lebens, empfunden werden, mit kulturellen Veranstaltungen und öffentlichen Restaurants.

Welche Rolle spielt dabei der Architekt?

Der Architekt muss die Vermischung zwischen öffentlichem Leben und der Zweckbestimmung als Krankenhaus berücksichtigen. Veränderungen in der Architektur wurden immer schon ausgelöst von Veränderungen in der Medizin, der Ökonomie oder dem gesellschaftlichen Verständnis. Wer ein Krankenhaus plant, muss herausfinden, wie sich ein Krankenhaus in das urbane Umfeld einfügen lässt – gestalterisch, aber auch funktionell. In den vergangenen Jahren hat sich herausgestellt, dass wir nicht mehr von einer einseitigen Typologie reden können. Bisher konnte man Krankenhäuser über große Entfernungen erkennen. Heute gibt keine vorgeschriebenen Typologien und damit auch kein Erkennen mehr. Planer haben somit viel mehr Freiheiten, aber auch mehr Verantwortung, weil sie die funktionalen Entwicklungen kennen müssen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Ein Beispiel dafür ist das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Hier hat unser Büro versucht, viele neue gesellschaftliche Entwicklungen zu berücksichtigen. Im Ergebnis ist das Klinikum ganz anders strukturiert als bisherige vergleichbare Bauten. So wurde zum Beispiel der Klinikbetrieb völlig getrennt von Bettenbetrieb und Pflegestationen geplant und realisiert.

Wie wichtig ist die Ökonomie?

Der Staat zieht sich immer mehr aus seiner Fürsorgepflicht zurück und überlässt die medizinische Versorgung eigenständigen Wirtschaftsunternehmen, die miteinander im Wettbewerb stehen. Auf das stark gestiegene Bewusstsein für Kosten und den rationellen Krankenhausbetrieb muss auch die Architektur eingehen. Aber auch dabei stehen Patient und Personal ganz klar im Mittelpunkt.

Alles zum Wohle des Patienten – war das nicht schon immer so?

Heute meinen wir damit etwas völlig anderes. Der Mensch mit alle seinen Bedürfnissen steht im Mittelpunkt, nicht allein die Kunst seiner Heilung. Der Patient entscheidet, ob er ein Krankenhaus annimmt oder nicht. Eine interessante Fassade reicht da schon lange nicht mehr. Der Glaube an die Allmacht der Medizintechnik hat mit dem Bau des Klinikums Aachen seinen Höhepunkt überschritten. Heute würde kein Architekt mehr die Technik nach außen präsentieren.


Betriebswirtschaft und Wohlfühlambiente

Joachim Welp, geschäftsführender Gesellschafter des Braunschweiger Büros Architektengruppe Schweitzer + Partner, über Kosten- und Patienten-Orientierung

Welches sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten aktuellen Aspekte des Krankenhausbaus?

Wir begegnen in der Klinikarchitektur denselben Problemen wie allgemein im Gesundheitswesen: Kostenexplosion, demografische Entwicklung, neue Finanzierungssysteme, um nur ein paar Stichworte zu nennen. Die sogenannte High-Tech-Medizin muss in Einklang gebracht werden mit genesungsfördernden Eigenschaften von Räumen und Gebäuden: das Schlagwort heißt Wohlfühlambiente. All das möchten Bauherren auch unter Marketing¬gesichtspunkten berücksichtigen. Beim Krankenhaus als Arbeitsumfeld geht es um Aufenthaltsqualität und Optimierung der Betriebsabläufe und der Wegeführung. Darüber dürfen aber die Ansprüche der Bauherren an eine repräsentative, zukunftsfähige Gestaltung der Bauten nicht in Vergessenheit geraten. Nicht zuletzt gilt: Nachhaltige Bauten im Niedrigenergiestandard sind ökologisch und ökonomisch sinnvoll.

Sie haben einen Lehrauftrag am Institut für Baukonstruktion und Industriebau der TU Braunschweig. Wo sehen Sie Gemeinsamkeiten mit dem Industriebau?

Im produzierenden Gewerbe sind Prozessoptimierung, optimale Ausnutzung vorhandener Potenziale und Kostentransparenz schon lange gang und gäbe. In den letzten Jahren halten diese Begriffe zunehmend Einzug in den Bereich der Klinikarchitektur. Das Konzept „Lean Hospital“ überträgt uralte Erkenntnisse aus der Betriebswirtschaft auf Gesundheitsbauten.

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