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[ EnEV und Wohnungsbau ]

Fundamentales Wissen

Die EnEV 2007 führte zu Veränderungen bei den öffentlich-rechtlichen Nachweisen.

Stefan Horschler

Der öffentlich-rechtliche Nachweis fordert nach wie vor bei zu errichtenden Wohngebäuden die Überprüfung des auf die Gebäudenutzfläche (AN) bezogenen Jahresprimärenergiebedarfs für Heizung, Warmwasserbereitung und Lüftung (Qp’’) und des auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche bezogenen Transmissionswärmeverlustes (HT’). Sofern es für zu errichtende Gebäude in der DIN V 4701-10 keine Berechnungsregeln gibt, ist nur der HT’-Wert nachzuweisen. Der darf den jeweiligen Höchstwert um 76 Prozent nicht überschreiten.

Auf Kühlbedarf achten

Neu ist beim öffentlich-rechtlichen Nachweis, dass im Falle der Kühlung der Raumluft der Kühlbedarf von Wohngebäuden zu berücksichtigen ist. Der einzuhaltende Höchstwert des Jahres-Primärenergiebedarfs ermittelt sich nach dieser Formel:

Qp,c’’ = Qp’’ + 16,2 · AN,c/AN in kWh/(m2 · a)

Wird die Raumluft gekühlt, ist für das zu ­errichtende Wohngebäude abhängig von der zur Kühlung eingesetzten Technik der Jahres-Endenergie- beziehungsweise Primärenergiebedarf für Heizung, Lüftung und Warmwasser über pauschale Kennwerte, die mit der gekühlten Gebäudenutzfläche multipliziert werden, zu erhöhen:

  • bei fest installierten Raumklimageräten (Split-, Multisplit- oder Kompaktgeräten) sowie bei Kühlung mit Wohnungslüftungsanlagen mit reversibler Wärmepumpe erhöhen sich der Jahresprimärenergiebedarf um 16,2 kWh/(m2 · a) und der Endenergiebedarf um sechs kWh/(m2 · a);
  • bei Einsatz von Kühlflächen im Raum in Verbindung mit Kaltwasserkreisen und elektrischer Kälteerzeugung (zum Beispiel über eine reversible Wärmepumpe) erhöhen sich der Jahresprimärenergiebedarf um 10,8 kWh/(m2 · a) und der Endenergiebedarf um vier kWh/(m2 · a);
  • bei Deckung des Energiebedarfs für Kühlung aus erneuerbaren Wärmesenken (wie Erdsonden, Erdkollektoren, Zisternen) erhöhen sich der Jahresprimärenergiebedarf um 2,7 kWh/(m2 · a) und der Endenergiebedarf um eine kWh/(m2 · a);
  • bei Einsatz von Geräten, die nicht unter den oben genannten Techniken aufgeführt sind, erhöhen sich der Jahresprimärenergiebedarf um 18,9 kWh/(m2 · a) und der Endenergiebedarf um sieben kWh/(m2 · a).

Regenerative Energien bevorzugen

Bei der Planung neu zu errichtender Gebäude mit mehr als 1 000 Quadratmetern Nutzfläche ist die technische, ökologische und wirtschaftliche Einsetzbarkeit alternativer Energieversorgungssysteme zu prüfen (Kraft-Wärme-Kopplung, Fern- und Blockheizung, Fern- und Blockkühlung oder Wärmepumpen). Aufgrund der mit diesen Techniken in der ­Regel verbundenen geringen Primärenergiefaktoren fP wurden in den Nachweisen diese Techniken, sofern die anlagen- und versorgungstechnischen Voraussetzungen gegeben waren, ohnehin schon bevorzugt verwendet.

Nachweispflicht beim sommerlichen Wärmeschutz

Erhebliche Mehraufwendungen kommen auf den Planer bei der Überprüfung des sommerlichen Wärmeschutzes gemäß DIN 4108-2: 2003-07 zu. Dieser Nachweis ist nun – wie es zivilrechtlich ohnehin schon der Fall war – öffentlich-rechtlicher Pflichtbestandteil. Der Nachweis erfolgt durch den Vergleich des vorhandenen Sonneneintragskennwerts (Svorh.) mit dem höchstzulässigen Sonneneintragskennwert (Szul.). Wird der zulässige Wert überschritten, sind Maßnahmen zur Begrenzung des Sonneneintrags vorzusehen. Dabei werden nicht nur gestalterische Aufgaben zu lösen sein (zum Beispiel außen sichtbare Rollläden oder Jalousiekästen oder alternativ Sonnenschutzverglasungen mit g-Werten kleiner 0,4). Der Architekt muss dem Bauherrn auch die daraus resultierenden energetischen und investiven Konsequenzen aufzeigen.

Wärmebrücken auf Gleichwertigkeit prüfen

Im Zusammenhang mit der Ermittlung des Jahresheizwärmebedarfs ist bei der Minimierung von Wärmebrücken die überarbeitete DIN 4108 Bbl 2: 2006-03 zu berücksichtigen. Die darin enthaltenen Planungs- und Ausführungs­beispiele sind verpflichtend anzuwenden, wenn der energetisch wirksame Wärmebrückeneinfluss mit dem pauschalen Zuschlag von ∆UWB = 0,05 W/(m2K) berücksichtigt werden soll. Im Vergleich zur früheren Ausgabe enthält das Beiblatt 2 noch immer eine Reihe von Mängeln und Unzulänglichkeiten. Folgende Neuerungen wurden aufgenommen:

  • Fortschreibung der bisherigen Bagatell­regelungen (Regelungen, für die unter bestimmten Randbedingungen kein weiterer Nachweis geführt werden muss),
  • Überarbeitung und Anpassung von einigen Regelungen mit Sockelpunkten,
  • Erweiterung von Anschlussbeispielen mit Rollladenkästen.

Das Beiblatt 2 ist in der EnEV in der Anlage 3 Absatz 8 „Randbedingungen und Maßgaben für die Bewertung bestehender Wohngebäude“ auch im Zusammenhang mit der Berechnung des Jahresheizwärmebedarfs für Bestandsgebäude genannt. Hier ist dringend davor zu warnen, allzu leicht­fertig ohne Durchführung von Konformitätsberechnungen von einer stofflichen und geometrischen Gleichwertigkeit im ­Hinblick auf die dargestellten Referenzwerte auszugehen und den pauschalen Wärme­brückenzuschlag von ∆UWB = 0,10 W/(m2K) auf ∆UWB = 0,05 W/(m2K) zu ändern. Im wärmegedämmten Altbau finden sich zwar die Dämmschichtdicken so im Beiblatt wieder, es können sich aber die geometrischen und stofflichen Qualitäten der Wandbildner ­ er­heblich von den Vorgaben unterscheiden. Falls der Planer den Nachweis nicht selbst durchführt, sollte er prüfen, ob der Nachweis derartige Gleichwertigkeitsberechnungen ­enthält.

Verschiedenes

Zur Berechnung der primärenergetischen Anlagenaufwandszahl ep wurde in DIN V 4701-10: 2003-08 (geändert durch A1: 2006-12) der Primärenergiefaktor (fp-Wert) für Strom von 3,0 auf 2,7 geändert. Gleichzeitig wurden die Anforderungen für Wohngebäude, ­deren Warmwasser überwiegend aus elektrischem Strom bereitet wird, entsprechend angepasst.

Bei Änderung von Gebäuden ist ein Nachweis nur erforderlich, wenn Einbau, Ersatz und Erneuerung von Bauteilen erstmalig erfolgen. Hier gelten grundsätzlich dieselben Nachweismöglichkeiten wie bisher, wobei eine Bilanz von Qp’’ und HT’ oder alternativ der Nachweis von einzelnen U-Werten geführt werden kann. Nach wie vor dürfen die für Neubauten geltenden Anforderungen beim Nachweis von Qp’’ und HT’ um bis zu 40 Prozent überschritten werden.

Zur Ermittlung des Jahresheizwärme­bedarfs darf neben dem Monatsbilanzverfahren nun auch das Heizperiodenbilanzverfahren verwendet werden. Es gilt: Qh = FGT · (HT + HV) –  HP(Qs + Qi) in kWh/a. In Abhängigkeit von den bezogenen baulichen Verlusten (HT + HV)/AN werden die Randbedingungen von FGT,  HP, Qs und Qi modifiziert.

In den Fällen, in denen die Anlagentechnik weder über die DIN V 4701-10 noch über die DIN V 4701-12 bewertet werden kann, sind nur die U-Werte der Anlage 3 einzuhalten. In allen anderen Fällen ist eine Bewertung über die oben genannten Normen vorzunehmen. Da die Datenlage zur Ermittlung des energetischen Ist-Zustands oft nicht gesichert oder lückenhaft ist, dürfen sowohl für die Geometrieermittlung als auch für die U-Wert-Ermittlung beziehungsweise die Berechnung von ep Vereinfachungen verwendet werden. Hierbei können „anerkannte Regeln der Technik“ verwendet werden. Eine solche Regel „vermutet“ der Bund in der „Bekanntmachung der Regeln zur Datenaufnahme und Datenverwendung im Wohngebäudebestand“ vom 26. Juli 2007, die im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung veröffentlicht ­wurde. Hier werden Vereinfachungen für folgende öffentlich-rechtliche Nachweisfälle beschrieben:

  • Bilanzierung von Qp’’ und HT’ im Zuge von Änderungsmaßnahmen bestehender ­Gebäude im Sinne des § 9 „Änderung von Gebäuden“,
  • Ausstellen von Energieausweisen nach § 18 Abs. 2.

Bei diesen Vereinfachungen sollte der Planer wissen, dass viele Pauschalisierungen durch entsprechende Sanktionen zu einem höheren Bedarfswert führen. Das heißt, der Auftraggeber erhält für sein Gebäude ein vergleichsweise ungünstiges Ergebnis. Allgemein gilt: Wer einfach rechnet, wird mit ungünstigen Ergebnissen rechnen müssen. Was für das öffentlich-rechtliche Ergebnis und für die zuständige Bauordnungsbehörde unerheblich ist, kann zivilrechtlich brisant werden. Und zwar dann, wenn der Leistungsumfang vorher nicht festgelegt und ohne Vereinbarung vereinfacht gerechnet wurde.

Wer im Zuge des § 9 „Änderung von Gebäuden Qp’’ und HT’ nachweist, muss einen Energieausweis nach § 16 ausstellen. Ein Ener­gieausweis ist ferner auch auszustellen, wenn ein Gebäude um mehr als 50 Quadratmeter Nutzfläche erweitert wird. Diese Nutzfläche ist allerdings nicht mit der Gebäudenutzfläche AN zu verwechseln, sondern in § 2 „Begriffsbestimmungen“ der Verordnung versucht der Bund, diese Nutzfläche zu „definieren“. Sofern sich bei der Ermittlung von Qp’’ der Wärmeerzeuger im Bestandsgebäude befindet, ist bei der Ermittlung von ep die Anlagentechnik wie bisher über Fernwärme ab­zubilden.

Abweichend hat der neue Gebäudeteil beim Ausbau von Dachraum um mehr als 50 Quadratmeter Nutzfläche und andere, bisher nicht beheizten oder gekühlten Wohngebäuden nur den bezogenen Transmissionswärmeverlust nachzuweisen. In diesem Fall sind die Anforderungen gemäß § 3 Absatz 3 Satz 2 bezogen auf den Transmissionswärmeverlust um 24 Prozent zu unterschreiten. Wird ein Energieausweis ausgestellt, weil eine Wohnung neu vermietet oder verkauft wird, ist abweichend von der bisherigen Regelung zur Berechnung der Gebäudenutzfläche (AN = 0,32 · Ve), deren Geschosshöhe hG größer drei Meter oder kleiner 2,5 Meter ist, die Gebäudenutzfläche wie folgt zu berechnen:

AN = [(1/hG) – 0,04] · Ve in m2

Alternativ zu Energieausweisen, die auf Basis des Bedarfs erstellt werden, dürfen auch Ausweise auf Basis des Verbrauchs verfasst werden. Nähere Hinweise sind auf der Internetseite der Bundesarchitektenkammer unter www.bak.de abrufbar. Generell ist der insbesondere bei weiterer Verschärfung der Anforderungen, wie mit der erneuten Novellierung der EnEV geplant, einer besonderen Sorgfalt bedarf und nur mit einer weiteren, verstärkten Qualifizierung aller am Bau Beteiligten umsetzbar ist.

Ausblick

Der Bund beabsichtigt, die EnEV erneut zu novellieren und die Anforderungen 2009 zu verschärfen. Geplant sind:

  • Nachweissystematik der DIN V 18599 soll auf Wohngebäude übertragen werden.
  • Anforderungen für zu errichtende Wohn- und Nichtwohngebäude sollen im Hinblick auf Qp’’ um 30 Prozent und HT’ um 15 Prozent verschärft werden.
  • Anforderungen für Bestandsgebäude sollen im Hinblick auf die Bauteilanforderungen um 25 bis 35 Prozent verschärft werden beziehungsweise wird eine Überschreitung der Neubauanforderungen
  • bei einer Bilanzierung nur noch von 20 Prozent anstelle der bisherigen 40 Prozent möglich sein.

Weiterhin wird künftig die Berechnung der Fenster-U-Werte über DIN V 4108-4 nicht mehr möglich sein. Im Zuge der Überarbeitung der Bauregelliste kann anstelle des vereinfachten Nachweises gemäß DIN V 4108-4 ein modifizierter Nachweis nach dem Tabellenverfahren gemäß DIN EN ISO 10 077-1 im ­Zusammenhang mit der DIN EN 14351-1 verwendet werden. Ferner wird bald die DIN 4108-7 „Luftdichtheit von Gebäuden, Anforderungen, Planungs- und Ausführungsempfehlungen sowie -beispiele“ als Entwurf neu herausgegeben, in der weitreichende ­Anforderungen für die Planung, Ausführung und Ausführungsüberwachung definiert werden. Nicht zuletzt durch die Neufassung der DIN E 1946-6 wird das Aufstellen eines Lüftungskonzeptes auch in quantitativer ­Hinsicht gefordert.

Dipl.-Ing. Architekt Stefan Horschler, Büro für Bauphysik, Hannover.

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