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[ New York ]

Blobs in Brooklyn

16 Hochhäuser von Frank Gehry sind im New Yorker Projekt „Atlantic Yards“ geplant. Beleben oder erdrücken sie die kleinteilig gegliederte Nachbarschaft?

Heile Welt: gemalte Idylle des Gehry-Projekts „Atlantic Yards“ für Brooklyn.

Christine Mattauch

Rostige Schienen, vermüllte Brachen, heruntergekommene Lagerhallen: Bis vor ein paar Jahren galt das Gelände rund um das ehemalige Eisenbahndepot entlang der Atlantic Avenue als unattraktives Niemandsland. Dann begann sich der Projektentwickler Bruce C. Ratner für die Flächen zu interessieren. Mit seinen Plänen für Atlantic Yards sprengt der Projektentwickler in mehrfacher Hinsicht Brook­lyner Dimensionen: Das Projekt ist größer und höher als alle bisherigen; es holt die Profibasketball-Mannschaft „Nets“ nach Brooklyn; es verwandelt eine Low-Budget-Gegend in ein Stück Boomtown; es verspricht dem Entwickler eine überaus hohe Rendite. Das polarisiert.

Bei seinen Gegnern ist Ratner schon deshalb unbeliebt, weil seine früheren Projekte eine notorisch schlechte architektonische Qualität aufweisen. Diesmal allerdings hat er mit Frank O. Gehry unbestritten einen Spitzenarchitekten beauftragt. Dabei steht Gehry eher für grandiose singuläre Bauten als für großflächige städtebauliche Entwicklungen. Dies sei dem Masterplan anzumerken, meint Joan Blumenfeld, die New Yorker Vorsitzende des American Institute of Architects (AIA). Doch insgesamt beurteilt sie das Projekt durchaus positiv.

Der Entwurf platziert die 20 000-Plätze-Arena in der spitz auslaufenden nördlichen Ecke des lang gestreckten Geländes. Gehry umgibt sie mit vier spektakulär gestalteten, bis zu 150 Meter hohen Wolkenkratzern, sodass das Stadion wie ein riesiges Vogelnest in einer Astgabel ruht. Auf den übrigen Flächen sieht Gehry ebenfalls Hochhäuser vor, mit insgesamt 6 400 Miet- und Eigentumswohnungen. Das würde die von chroni­schem Wohnungsmangel geplagte Stadt entlasten, zumal Projektentwickler Ratner sich verpflichtet hat, einen Teil des Wohnraums für einkommensschwache Familien zu reservieren. Geplant sind zudem Büro- und Ladenflächen sowie ein Hotel. Rund ein Drittel der Gesamtfläche soll öffentliches Grün- und Freizeitgelände werden. Die Realisierung der letzten Gebäude soll im Jahr 2016 abgeschlossen sein.

Gemischtes Publikum: Von den geplanten 6 400 Wohnungen soll ein Teil für Ärmere sein.

16 Hochhäuser plus eine Riesen­arena sind viel für eine Nachbarschaft, deren südwestliche Bebauung durch kleinteilige „Brownstones“ geprägt ist – zwei- bis viergeschossige Wohnhäuser der Zeit um 1900. Der höchste Wolkenkratzer, von Gehry „Miss
Brooklyn“ getauft, sollte ursprünglich sogar das Wahrzeichen von Brooklyn überragen, den Turm der Williamsburg Savings Bank. Hier hat Ratner Zugeständnisse gemacht.

In Brooklyn hat Atlantic Yards glühende Befürworter wie den Architekten Jean Miele. „Es ist ein notwendiges Projekt, das endlich Schluss macht mit dem beschämenden Zustand, in dem sich die Gegend seit Jahrzehnten befindet“, sagt er. Der einzige kritische Punkt ist aus seiner Sicht die Verkehrsanbindung. In der Nähe befindet sich zwar ein großer U-Bahnhof, doch auf der wichtigen Zufahrtsstraße nach Manhattan bricht der Verkehr in der Rushhour bereits jetzt zusammen. „Da muss nachgearbeitet werden“, befindet Miele.

Zugleich gibt es entschiedene Gegner, die in der Initiative „Develop – don’t destroy Brooklyn“ (Brooklyn entwickeln, nicht zerstören) organisiert sind. Ihre Kritik: „Durch die Hochhäuser wird die Gegend extrem verdichtet, höher, als es die Infrastruktur der Gegend aushalten kann.“ Sie beanstanden auch die Art der Durchsetzung von Atlantic Yards und sprechen von Machtmissbrauch und Bereicherung. Das 4,2-Milliarden-Dollar-Projekt sei ohne substanzielle Beteiligung der Öffentlichkeit geplant worden; Konkurrenten Ratners hätten an diesem Ort keine ernsthafte Chance bekommen.

Gehry by night: Neue Türme sollen funkeln – doch Nachbarn sind nicht nur erfreut.

Ungeachtet der Proteste nahm das Projekt im Dezember 2006 die letzte planungsrechtliche Hürde. Zwar klagen jetzt einige Anwohner gegen das Projekt, doch Ratner hat bereits mit dem Abriss von Gebäuden begonnen. Eine Mehrheit der New Yorker wäre froh, wenn die Kontroverse beigelegt würde: Nach einer Umfrage sind 60 Prozent der Bürger für die Realisierung des Projekts.

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