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Bruno Taut hochkant

Gut, dass es China gibt: Da haben wir immer was zu kritisieren

Illustration: Ernst Merheim
Illustration: Ernst Merheim

Text: Roland Stimpel

Die Chinesen machen es jedes Mal falsch. Entweder stopfen sie ihre Leute multimillionenfach in Wohnhochhäuser des europäisch-amerikanischen Typs „Bauwirtschafts-Moderne“. Oder sie bauen traditionelle Siedlungen, Städtchen und Einzelbauten nach älteren Bildern. Das frisch erschienene Buch „Original Copies. Architectural Mimicry in Contemporary China“ beklagt die „Themse-Stadt“ in Songjiang mit ihrem kurzen grünen Rasen und roten Telefonzellen, die „Dutch Town“ von Shanghai mit gleichem Stadtgrundriss wie Amersfoort, die Zweitversion des Alpendorfs Hallstadt in Boluo, das Venedig von Hangzhou und den Eiffelturm von Tianducheng (nur 108 Meter hoch).

Was können wir Deutschen da schon bieten? Ein chinesisches Teehaus im Park von Sanssouci, eine Pagode in Münchens Englischem Garten und viele pseudo-asiatische China-Restaurants – das ist alles. Auch im Kopieren sind sie viel fleißiger und raffinierter als wir. Und jetzt vergreifen sie sich sogar an einem Heiligtum der Moderne: Am Tai-Hu-See bei Wuxi, genauer: im Tai-Hu-See bauen sie ein besiedelbares Hufeisen. Bruno Taut ahnte wohl schon 1933, dass man ihn in China einst verkaspern würde, und ging darum ein Land weiter ins japanische Exil. Das Hufeisen des Architekten Ma Yansong steht senkrecht im See und enthält keine Sozialwohnungen, sondern auf 27 Etagen 321 luxuriöse Hotelzimmer. Weltkulturerbe wird es nie; die Chinesen machen schon wieder was falsch.

Besser europäische Architekten einfliegen? Die kommen längst, und wir beklagen dann deren devotes Bemühen um chinesische Symbolik: Herzog und de Meuron mit ihrem Vogelnest-Stadion, Gerkan und Marg mit einem Tropfen-See und Rem Koolhaas mit dem krummbeinigen Pekinger Fernsehzentrum, das irgendwie die neu-chinesische Veränderung als solche symbolisieren soll. Aber was sollen die Chinesen machen? Ihre eigenen alten Städte reproduzieren? Das fänden wir auch kitschig. Am besten tun sie, was wir daheim in Europa auf unseren schönen Stadtbrachen, auf Äckern und neben unserer Wohnung am liebsten haben: Sie bauen gar nicht. Dann geben wir Ruhe – versprochen.

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