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[ Kunst am Bau ]

„…dass die Leute neugierig werden auf ihre eigenen Schätze“

Wer sich für die Wahlverwandtschaft zwischen Kunst am Bau und Architektur interessiert, ist bei „Ticket B“ richtig. Die Berliner Agentur, bekannt für kompetente Architekturführungen, hat neuerdings auch Touren zu Kunstwerken an Bundesbauten im Programm. Der Architekt Thomas M. Krüger im Interview über die Idee, die Schwierigkeiten bei der Organisation und die Freude über Neu- und Wiederentdecktes in Bonn und Berlin.

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Thomas M. Krüger ist freier Architekt und Gründer der Agentur „Ticket B“, die neben Architekturführungen auch Reisen anbietet und zum internationalen Netzwerk „Guiding Architects“ gehört. Thomas M. Krüger arbeitet außerdem als Autor und nimmt Lehraufträge an Hochschulen wahr.

Wie ist denn Ihre Agentur auf die Idee gekommen, Führungen zur Kunst an politischen Bauten anzubieten?

Das lief über eine Ausschreibung des BBR zum Thema „Kunst am Bau“. Im Rahmen eines Forschungsvorhabens sollte neben einer Dokumentation all der Kunstwerke in den wichtigen politischen Gebäuden der Bundesrepublik auch eine geeignete Form der Präsentation erarbeitet werden. Da wir durch unsere Architekturführungen über entsprechende Erfahrungen verfügen und auch die nötige personelle Ausstattung haben, war unsere Agentur natürlich prädestiniert. Dabei konnten wir uns auf die Fachkenntnis meiner Kollegin Christiane Baumgärtner, einer Kunstwissenschaftlerin, berufen, die bei der Konzeption maßgeblich beteiligt war. Wir haben uns dann beworben und den Zuschlag bekommen.

Welches Ziel verfolgt das erwähnte Forschungsprojekt?

Es geht darum, ein Bewusstsein für die Kunstwerke zu entwickeln, die seit der Gründung der Bundesrepublik für Ministerien, Botschaften und Parlamentsgebäude geschaffen wurden. Gerade in Bonn, wo viele der alten politischen Bauten mittlerweile neue Nutzer haben, ist diese Kunst oft in Vergessenheit geraten.  Da hängen und stehen mitunter große Werte herum und niemand weiß mehr so genau, um was es sich dabei eigentlich handelt.

An wen richtet sich Ihr Angebot? Oder anders gefragt: Welche Zielgruppe sprechen Sie mit den Touren an?

Wir waren anfangs selbst etwas irritiert, weil nicht klar war, wer damit eigentlich angesprochen werden soll. Wir haben ein Konzept erarbeitet, das sich an ein breites Publikum richtet. Doch über einen entsprechenden Verteiler des BBR, werden auch gezielt Experten angesprochen, also Denkmalpfleger Historiker und Kunstsachverständige. Die Resonanz auf unser Angebot war sehr groß. Und was uns besonders gefreut hat: Wir konnten zum Beispiel auch das Interesse der Mitarbeiter des Ministeriums für Arbeit und Soziales wecken, die heute im ehemaligen Bundeskanzleramt in Bonn sitzen.  Genau das wollte man ja erreichen: Dass die Leute neugierig werden auf ihre eigenen Schätze.

Und wie sind Sie  – ganz praktisch – bei der Konzeption und Planung vorgegangen?

Es war ein unglaublicher Organisationsaufwand. Was es allein an Zeit gekostet hat, Zugang zu den Gebäuden zu erhalten! Ausgerechnet das Haus, das dieses Projekt ausgelobt hat – das Bundesbauministerium – zögerte buchstäblich bis zur letzten Minute, seine Pforten zu öffnen.

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Gruppenbild mit Damen: Bei den Führungen zur Kunst an Bauten des Bundes öffnen sich den Teilnehmern die Türen von ansonsten zugangsbeschränkten MInisterien und Parlamentsgebäuden.

Sie besuchen bei diesen Touren ja Gebäude, für die hohe Sicherheitsauflagen gelten. Was müssen Sie dabei beachten?

Es handelt sich ja fast ausschließlich um Gebäude, in die man nicht einfach hineinspazieren kann. Das geht nur mit Voranmeldung. Diese Bestimmungen einzuhalten, hat einen Großteil der Arbeit ausgemacht. Ich habe die Vorbereitung der Besuche auch dafür genutzt, die Leute der jeweiligen Häuser mit ins Boot zu holen und zu erklären, was wir da machen. Es geht ja auch darum, sie dafür zu gewinnen. Hinsichtlich der Sicherheit war das Bundesverteidigungsministerium am schwierigsten. Weniger bei der Vorbereitung – aber wenn es darum ging, ein Foto zu machen oder ein Bild zu veröffentlichen, wurde es sehr umständlich. Grundsätzlich besteht ein großer Reiz dieser Touren ja auch darin, dass man in Gebäude kommt, die ansonsten nicht zugänglich sind. So auch der „Lange Eugen“, das alte Abgeordnetenhochhaus in Bonn. Dort befindet sich heute der Sitz des UN-Klimasekretariats. Es ist abgesichert wie Fort Knox; es war sehr schwer, für dieses Haus eine Besuchsgenehmigung zu bekommen. Aber es ist wirklich wunderbar restauriert, sogar die Teppiche wurden nachgewebt – ein Highlight.

Kunst an Bauten des Bundes
Perspektivwechsel: Bei den Führungen wird nicht nur der Entstehungshintergrund von Kunstwerken erläutert; auch die nicht immer offensichtlichen Zusammenhänge mit der jeweiligen Architektur werden erklärt.

Angesichts der großen Zahl der Kunstwerke mussten Sie ja eine Auswahl treffen. Welche Kriterien waren für Sie ausschlaggebend?

Zunächst hatten wir in Ute Chibidziura vom BBR die ausgewiesene Expertin, die uns bei allem wirklich großartig unterstützt hat. Sie weiß eigentlich über jedes Kunstwerk Bescheid, das irgendwo hängt, und hat uns bei der Auswahl sehr geholfen.
Aber wichtig sind auch Fragen wie: Was ist leicht zugänglich? Welches Kunstwerk erzählt den Besuchern etwas Neues? Welches Werk setzt sich auf besondere Weise mit der Architektur oder dem Ort auseinander?
Man muss immer abwägen: Steht der Aufwand, der für die Organisation der Besichtigung nötig ist, in einem sinnvollen Verhältnis zu dem, was dann zu sehen ist? Oder anders gesagt: Soll man sich eine halbe Stunde kontrollieren und durchleuchten lassen, um dann nur ein Video anzusehen?

 

Wie viele Objekte werden auf einer Tour besichtigt?

Auf dem Tagesprogramm stehen etwa 30 bis 40 Werke.

Verändert sich auch für einen professionellen Architektur-Erklärer die Perspektive auf  ein Gebäude, wenn er sich plötzlich nicht mehr mit der Architektur, sondern mit architekturbezogener Kunst beschäftigt?

Unbedingt. Es ist wirklich eine Horizonterweiterung. Alle, die sich damit befassen, sind sich ja darüber einig, dass ein gutes Kunst-am-Bau-Werk sich auch immer kreativ mit der Architektur auseinandersetzt und den Blick darauf verändert. Gute Kunst am Bau ist nichts, was gekauft und aufgestellt wird; sie entsteht im Kontext der Architektur.
Aber nicht alle Architekten schätzen Kunst am Bau.  So findet zum Beispiel Stephan Braunfels die Lichtinstallationen von François Morellet an seinem Paul-Löbe-Haus in Berlin nicht so toll. Sie verpassen diesem kühlen Haus so eine gewisse Irritation; ich finde das wiederum sehr gut.  Solche Konflikte zwischen Architekt und Künstler haben wir bei den Führungen auch thematisiert. Inzwischen bemühen sich alle Beteiligten, die Verfahren so zu gestalten, dass Architekten und Künstler möglichst frühzeitig zusammenkommen. So war im Fall der Berliner Staatsbibliothek der Architekt H.G. Merz zunächst gegen die Hängeskulptur von Olaf Metzel im Lesesaal; heute ist er ein glühender Bewunderer dieses Kunstwerks. Ich selbst kann mir den Lesesaal ohne diese Skulptur gar nicht mehr vorstellen.

Die nächste Führung zur „Kunst an Bauten des Bundes“ in Berlin findet am Freitag, den 25. Oktober 2013 von 10 bis 15 Uhr statt.  Informationen zur Tour sowie Anmeldung unter www.ticket-b.de, telefonisch unter 030-420 26 96 20 oder per E-Mail an info@ticket-b.de.


Weiterführende Informationen zum Thema:

Einen schönen Eindruck der Tour durch das ehemalige Regierungsviertel in Bonn vermittelt ein Fernsehbeitrag des WDR.

Über den Stand der Forschung zu „Kunst am Bau“, laufende Projekte und Veranstaltungen informiert das Bundesinstitut für Bauordnung und Raumwesen (BBR) hier.

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