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[ Forschung ]

Neues Verfahren ermöglicht deutlich effizienteres Leichtbeton-Recycling

Die Attritionstrommel funktioniert nach dem Prinzip Waschmaschine. (Foto: Bundesverband Leichtbeton / IAB Weimar)

Das Recycling von nichtsortenreinem Leichtbeton hatte in der Vergangenheit relativ hohe Verluste des Rohmaterials zur Folge. Daher hat der Bundesverband Leichtbeton (Neuwied) bei renommierten Instituten Studien in Aufrag gegeben, um eine einfache und praxisnahe Lösung zur Trennung von Leichtbeton und Gipsputz zu ermöglichen. Das Ergebnis dieser Studien liegt jetzt vor und weiß zu beeindrucken: So konnte ein rein mechanisches Verfahren entwickelt werden, mit dem eine 90- bis 95-prozentige Rückgewinnung des Leichtbetons für die Herstellung neuer Leichtbeton-Produkte erzielt werden kann. Die verbleibenden Partikel fließen zusammen mit den Gipsanteilen in andere Produktionszyklen. Energiepreise steigen stetig, gesetzliche Rahmenbedingungen für den Neubau werden verschärft und das ökologische Bewusstsein ist in der Gesellschaft fest verankert: Diese Faktoren tragen dazu bei, dass nicht mehr allein die technische Leistungsfähigkeit und der Preis für die Wahl eines Baustoffes entscheidend sind. Vielmehr fließt eine ökologische Beurteilung der zu verwendenden Baustoffe zunehmend mit in die Auswahlkriterien ein. Bauherren und -träger legen dabei ebenfalls immer häufiger Wert auf einen Rückbauplan. Vor diesem Hintergrund wird der gesamte Lebenszyklus und dabei insbesondere die Recyclingfähigkeit der Baustoffe relevant. Architekten und Fachplaner sind zunehmend angehalten, auch über derartige Eigenschaften der verwendeten Baustoffe Auskunft zu erteilen. Die relevanten Lebenszyklusdaten sind in unabhängig geprüften Umwelt-Produktdeklarationen (EPD) festgehalten. Kern einer jeden EPD ist eine Ökobilanz des Produktes nach ISO 14040/44. Diese bilanziert die Umweltwirkungen während des festgeschriebenen Zeitraumes. Die sogenannte „Cradle-to-Gate“-Analyse berücksichtigt dabei alle Wirkungen bei der Herstellung des Produktes (bis zum Werkstor des Herstellers). Ihr gegenüber steht die vollständige „Cradle-to-Grave“-Betrachtung, die den gesamten Lebenszyklus von der Produktion über die Nutzungsphase bis hin zur Entsorgung des Produktes beinhaltet. Auch der Bundesverband Leichtbeton verfügt bereits seit Jahren über derartige Deklarationen für seine Produkte. Diese decken den „Cradle-to-Gate“-Lebenszyklus ab.

Herstellung: Die Lufttrocknung macht den Unterschied

Leichtbeton wird ausschließlich aus mineralischen Bestandteilen hergestellt. Als Bindemittel greift die Industrie unter anderem auf Zement mit reduzierten Klinkergehalten zurück – etwa auf Puzzolanzement (Trass-Zement). Die Verwendung dieser natürlichen Bestandteile ermöglicht es, dass Leichtbeton-Baustoffe nur noch getrocknet werden müssen. So kann auf ein energieintensives Brennen oder Härten des Endproduktes im Ofen vollständig verzichtet werden. Diese Herstellungsweise reduziert nicht nur den Primärenergieverbrauch erheblich, sondern hat zusätzlich zur Folge, dass das Rezyklat später bei der Produktion neuer Steine hinzu gemischt werden kann. Auch bei der Herstellung von Leichtbeton-Mauersteinen und -Elementen ist ein effektiver Einsatz von Ressourcen gegeben. Im Falle von Ausschusschargen oder einer mechanischen Beschädigung im Rahmen des Herstellungsprozesses wird der Baustoff der Produktion in vollem Umfang wieder zugeführt. Dazu verfügen die produzierenden Werke der Leichtbetonindustrie über entsprechende Zerkleinerungsmaschinen. Hier werden die unbrauchbaren Baustoffe auf eine Korngröße von etwa 16 Millimeter zerkleinert und dann dem Produktionsprozess beigemischt. „Da Leichtbeton bei der Herstellung nicht gebrannt werden muss, hat die Wiederverwendung des Rohmaterials auch keinerlei negativen Einfluss auf die bauphysikalischen Eigenschaften der fertigen Baustoffe“, erklärt Dipl. – Ing. Dieter Heller, Geschäftsführer des Bundesverbandes Leichtbeton.

Recycling von nicht-sortenreinem Baustoff

In der Praxis besteht eine Außenwand nicht nur aus dem verwendeten Mauerwerk, sondern meist auch noch aus einem zusätzlichen Putzsystem. Bei Mauerwerk aus Leichtbeton finden unter anderem Gips-Innenputzsysteme Anwendung. Als rein mineralische Wandkonstruktion bietet diese Bauweise zwar einen wichtigen ökologischen Vorteil gegenüber Verbundkonstruktionen – eine Trennung der unterschiedlichen Baustoffe in der Abbruchmasse ist jedoch auch hier für das Recycling erforderlich. Dieser Umstand kommt insbesondere deshalb zum Tragen, da das Rezyklat wieder in die Produktion neuer Baustoffe einfließen soll. Das zusätzliche Putzsystem kann hier – anders als Kalk-Zement-Außenputze – nicht einfach untergemischt werden. „Die Gipsanteile im Gipsputz würden die Bindeeigenschaften des Baustoffes beeinträchtigen“ erklärt Dieter Heller. Daher sind nachhaltige Lösungen gefragt, um den Wandbaustoff vom Putz zu trennen. Beim konventionellen Abbruch findet keine Trennung der unterschiedlichen Baustoffe statt, so dass der verwendete Gipsputz den Leichtbeton-Mauersteinen und -Elementen auch nach dem Abriss anhaftet. Da dieses Gemisch nicht einfach in den Produktionskreislauf zurückgeführt werden kann, hat der Bundesverband Leichtbeton 2010 eine Studie in Auftrag gegeben, die eine mögliche Trennung von Wandbaustoff und Gipsputz untersuchen sollte.

Innovative Lösung gefunden

In einer breit angelegten Versuchsreihe entwickelten die Experten des Instituts für Angewandte Bauforschung (IAB) und der Bauhaus-Universität Weimar jetzt ein Verfahren, das eine einfache Trennung von Leichtbeton und Gipsputz ermöglicht. Dabei wird das verputzte Mauerwerk erst mit einer handelsüblichen Zerkleinerungsmaschine zerkleinert und danach in einer sogenannten Attritionstrommel nachbehandelt. Diese wälzt das Material bei geringer Geschwindigkeit um, wobei die Oberfläche der Partikel einer Reibungsbeanspruchung ausgesetzt wird. Durch diese Reibung können Partikel oder Anhaftungen mit einem geringeren Zerkleinerungswiderstand selektiv zerkleinert werden. Dieses System arbeitet ähnlich dem Prinzip einer Waschmaschine: Verbundpartikel werden in die Trommel gefüllt, die sich dann langsam und stetig dreht. Dabei reiben die Partikel sowohl aneinander als auch an der Innenwand der Trommel. Durch die unterschiedlichen Zerkleinerungswiderstände der Baustoffe Gipsputz und Leichtbeton erhöht sich der Aufschlussgrad gegenüber der einfachen Zerkleinerung im Brecher noch einmal signifikant. Etwa 90 bis 95 Prozent des Ursprungsmaterials können auf diese Weise wieder zu Mauerwerkssteinen weiterverarbeitet werden. Dennoch entsteht bei diesem Verfahren nicht nur feiner Gipsstaub und grobkörnige Leichtbeton-Partikel: Da Leichtbeton ein relativ „weicher“ Baustoff ist, werden neben Gipspartikeln auch Anteile des Leichtbetons abgetragen. Selbst diese Anteile sind nicht verloren, auch wenn die Mischung nicht für die Herstellung von Mauerwerkssteinen geeignet ist. Sie finden Anwendung in anderen Produktionszyklen.

Praktische Anwendung in greifbarer Nähe

Hauptaugenmerk bei der Entwicklung des Rückgewinnungsverfahrens war seine Alltagstauglichkeit. Um diese zu gewährleisten, legten die Entwickler Wert darauf, bei der ersten Zerkleinerung nur konventionelle, mechanische Zerkleinerungsverfahren anzuwenden, wie sie bei jeder Abbruch- und Recyclingfirma Anwendung finden. Auch die Attritionstrommel stellt ein rein mechanisches Verfahren mit geringer technischer Komplexität dar. Gemeinsam mit der Uni Weimar und den Abbruch- und Recyclingfirmen werden zurzeit praxistaugliche Anwendungslösungen entwickelt. Nähere Informationen zum Thema „Recycling von Leichtbeton“ erhalten Baufachleute hier.

Der Autor: Diplom-Ingenieur Dieter Heller (52) ist seit Jahren ausgewiesener Experte für den Baustoff Leichtbeton. 1995 trat er dem Bundesverband Leichtbeton bei und sitzt diesem seit 2002 als Geschäftsführer vor. Zudem zeichnet er für eine Vielzahl von Kompetenz-, Forschungs- und Entwicklungszentren rund um das Thema Leichtbeton verantwortlich.

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