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Dicht-Pflicht

Techniken, Verfahren und Materialien für die Planung einer luftdichten Gebäudehülle

31.08.20126 Min. Kommentar schreiben

Von Hanns-Christoph Zebe

Die Planung und Ausführung der luftdichten Gebäudehülle gehört als Qualitätsmerkmal für den Neubau zu den Eckpfeilern der Konzeption energiesparender Häuser. Über Fugen und Undichtigkeiten kommt es zu Wärmeverlusten und in der Folge zu Tauwasserschäden in der Konstruktion. Zudem können Luftschadstoffe in die Raumluft eindringen und das Wohlbefinden der Bewohner kann durch Zugluft beeinträchtigt werden. Auch verschlechtert sich das Schalldämmmaß eines Bauteils durch Undichtigkeiten.

1. Bild: Das „Stiftkonzept“ nach DIN 4108-7 verdeutlicht die Rolle der Planung und Ausführung der Luftdichtheitsebene von beheizten Räumen. 2. Bild: Abgestimmte Klebebänder und Klebe-Dichtstoffe ermöglichen langfristig funktionierende Anschlüsse der Luftdichtheitsebene. 3. Bild: Die sichere Durchdringung der Luftdichtheits-ebene erfolgt mit abgestimmten Klebebändern und sinnvollen Manschetten. 4. Bild: Die Konterlattung unter der Luftsperre sichert gegen Spannungen aus der Dämmung und dient als Untergrund für die UV-Abdeckung.

Mit einem Blower-Door-Test nach DIN EN 13829 „Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden – Bestimmung der Luftdurchlässigkeit von Gebäuden – Differenzdruckverfahren“ kann die Luftdichtheit überprüft werden. Zwingend vorgeschrieben ist der Nachweis zwar nicht. Doch gilt eine luftdichte Ausführung der Gebäudehülle als anerkannter Stand der Technik und ist damit ohne besonderen Hinweis gefordert und als geschuldete Leistung auch vom Bauherrn zivilrechtlich einklagbar.

Luftdicht versus winddicht

Die Planung einer luftdichten Gebäudehülle beginnt mit der richtigen Einordnung dieser Schicht, denn häufig werden die Begriffe winddicht und luftdicht falsch interpretiert. Dabei hat DIN 4108-7 „Luftdichtheit von Gebäuden – Anforderungen, Planungs- und Ausführungsempfehlungen sowie -beispiele“ klargemacht, dass in der Regel die Luftdichtheitsebene zur Vermeidung jeglicher Konvektion auf der Bauteil-Innenseite angebracht wird. So wird Luftströmung durch Bauteile hindurch aufgrund eines Gesamtdruckgefälles auf der Innenseite von Außenbauteilen verhindert und die Gefahr von Tauwasserschäden in der Konstruktion durch Kondensation im Bauteil sowie Wärmeverluste werden reduziert.

Winddichte Sperrschichten sind dagegen eine präventive Maßnahme. Sie werden ohne definierte Anforderung einer Norm meist auf der Außenseite der Wärmedämmung verlegt und verhindern das Einströmen kalter Außenluft in die Konstruktion und den Wiederaustritt an anderer Stelle. So wird die Abfuhr von Wärme vermieden. Auch wenn moderne Dämmstoffe durchströmungssicher sind, kaschiert die winddichte Schicht vor allem eine ungenaue Ausführung der Anschlussbereiche.

Konstruktiver Feuchteschutz

Neben den Grundanforderungen an eine luftdichte Gebäudehülle sind die elementaren bauphysikalischen Bedingungen für den konstruktiven Feuchteschutz zu beachten. Dem ­Begriff der Diffusion, also dem Transport von ­molekularem, dampfförmigem Wasser durch Bauteile hindurch, ist nach DIN 4108-3 „Anforderungen an den klimabedingten Feuchteschutz“ Rechnung zu tragen. Hier sind die Bauteile entsprechend ihren Diffusionseigenschaften eingeordnet:

  • diffusionsoffene Schicht: Bauteilschicht mit sd < 0,5 m
  • diffusionshemmende Schicht: Bauteilschicht mit 0,5 < sd < 1.500 m
  • diffusionsdichte Schicht: Bauteilschicht mit sd > 1.500 m.

In der Konsequenz sind die dampfhemmenden oder -sperrenden Eigenschaften einzelner Funktionsschichten einer Konstruktion genau zu bezeichnen und aufeinander abzustimmen. Das gilt für Sanierung wie Neubau. Der Nachweis erfolgt mit einem rechnerischen Tauwassernachweis nach DIN 4108–3. Der Nachweis wird nicht erforderlich, wenn die Vorgaben der sd-Werte für Bauteile und Konstruktionen der handwerksorientierten Regelwerke berücksichtigt werden. Zum Beispiel so, wie es im „Merkblatt Wärmeschutz bei Dächern“ des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks beschrieben ist.

Planung nach Stiftkonzept

DIN 4108-7 „Luftdichtheit von Gebäuden, Anforderungen, Planungs- und Ausführungsempfehlungen sowie -beispiele“ sieht für die Planung der Luftdichtheit das so genannte Stiftkonzept am Vertikalschnitt durch ein Gebäude vor. Dabei wird die beheizte Gebäudehülle mit einem Stift innen abgefahren (siehe Grafik). Der Stift kann dabei verschiedene Materialien berühren, beispielsweise Gipsputz, Gipskartonplatten oder Beton. Es ist zu beachten, dass die Anschlussbereiche der unterschiedlichen Werkstoffe dicht und funktionssicher herzustellen sind. Besonders zu beachten sind Versprünge im Schnitt, also Bereiche, in denen es zu einem Wechsel der Ebenen und Bauteile kommt. Dazu sind in DIN 4108-7 funktionssichere Konstruktionen und bei Verklebungen auch bestimmte Werkstoffanforderungen definiert.

Geeignete Materialien

Wichtig ist, dass Klebstoffe und Bauteile für den jeweiligen Verwendungszweck geeignet und aufeinander abgestimmt sind. Bei der Planung und Ausführung mit Systemkomponenten eines Herstellers ist dies in der Regel gegeben, da Klebertyp und Festigkeit auf die Oberflächen der zu verklebenden Bahnen und Untergründe angepasst sind. Dabei ist vor allem auf die Feuchtigkeits-, Oxidations- und UV-Beständigkeit sowie Reißfestigkeit zu achten. Luftdichtheitsbahnen und Klebemittel dürfen in der Regel nicht dauernder UV-Belastung ausgesetzt werden. Sie sind abzudecken oder anderweitig zu schützen. Die verwendeten Bauprodukte und vor allem deren Verbindungen müssen die bauüblichen Bewegungen aufnehmen können. Gegebenenfalls ist die Aufnahme der Bewegungen konstruktiv zu lösen, zum Beispiel durch Schlaufenbildung.

Ein funktionssicherer Wandanschluss mit systemgerechtem Kleb-Dichtstoff erfolgt mit Bewegungsschlaufe.

In der Regel werden als Luftdichtheitsschicht Funktionsmembranen eingesetzt, die durch eine Installationsebene mit Konterlattung und eine Innenausbauschicht geschützt werden. Die Luftdichtheitsschicht und ihre Anschlüsse dürfen während und nach dem Einbau nicht durch Witterungseinflüsse oder nachfolgende Gewerke beschädigt werden. So gilt, dass Klebeverbindungen möglichst spannungsfrei herzustellen sind, damit keine dauerhaften Zugkräfte auf Klebeverbindungen und Luftdichtheitsbahnen lasten. Durch Auflast eingebauter Dämmstoffe, feuchte- oder temperaturbedingte Längenänderungen der Luftdichtheitsschichten oder Bauteilbewegungen dürfen keine negativen Einflüsse auf Klebeverbindungen erfolgen. Eine Klebeverbindung darf nicht unter Spannung stehen. Die Luftdichtheitsebene ist so auszuführen, dass es keine Hinterströmung gibt.

In der Praxis können mit einseitigen Klebebändern erstellte Verbindungen bei Überlappungen und Stößen leichter luftdicht hergestellt und überprüft werden. Falten werden überklebt. Dagegen sind Verbindungen in Überlappungsbereichen mit zweiseitig klebenden Bändern nicht mehr überprüfbar und bergen bei Faltenbildung die Gefahr der Undichtheit. Alternativ ist der Einsatz von geprüften Kleb-Dichtstoffen möglich.

Für den Anschluss der Luftsperre an raue oder bewegliche Bauteile sind nach DIN 4108-7 nur pastöse Kleb- und Dichtstoffe einzusetzen, die in der Lage sind, die Schwind- und Quellbewegungen sowie andere Bauteilverformungen aufzunehmen. Praxisgerecht aufgebracht, können diese pastösen Klebstoffe auch ohne Primer und ohne Anpresslatte an einer rauen Wand und auf baufeuchten Untergründen nach vorheriger Eignungsprüfung dauerhaft dichten und kleben. Bei schwierigen Untergründen kann ein Glattspachtel die Sicherheit erhöhen. Noch höhere Sicherheit wird durch eine Anpresslatte oder durch Einputzen mit einem Streckgitter erzielt.

Durchdringungen der Luftsperre werden mit flexiblen Klebebändern sicher hergestellt. Runde Bauteile oder Kabel können dauerhaft mit dem Klebeband Easy-Form (Klöber) oder geeigneten Dichtmanschetten in die Ebene der Luftsperre eingebunden werden. 

Dipl.- Ing. Hanns-Christoph Zebe ist Geschäftsführer der Dr. Kiefhaber+Zebe Ingenieur Consult GmbH in Kaiserslautern.

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