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[ Interview ]

„Der Architekt als Lotse“

Kann man Kundenorientierung und Baukultur in Einklang bringen? Ja, sagt Isabella Göring.

Isabella Göring, ­Leiterin der Managementberatung der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen.

Dienstleistung, Kundenorientierung – wo bleibt da der Sachwalter auf Augenhöhe mit dem Bauherrn?

Nach wie vor glauben manche Kollegen, sie würden ihre Unabhängigkeit verlieren und sich mit solch einer Haltung aufgeben. Aber vor allem jüngere Büroinhaber fragen sich inzwischen nicht mehr, ob sie ihren Dienstleistungs-Charakter ausprägen sollen – sondern nur noch, wie.

Aus der Not heraus?

Nein, aus ihrer Lebenserfahrung heraus. Die Dienstleistungs-Kultur in Deutschland hat sich insgesamt verbessert. Jüngere Architekten sind damit aufgewachsen, auch als Empfänger von Dienstleistungen, und wissen, wie gut eine solche Haltung allen Beteiligten tut.

Die Jungen machen, was die Kunden wollen – und die Älteren, was sie selbst für richtig halten.

In Wirklichkeit müssen sich doch alle nach den Kunden richten. Manche stellen das nur nicht nach außen dar. Aber wer sich da desinteressiert gibt, macht es sich selbst schwerer – und wird gegenüber dem Bauherrn unglaubwürdiger. Kundenorientierung heißt nicht, dem Bauherrenwunsch blind nachzukommen, sich aufzuopfern oder sich unterzuordnen. Vielmehr muss der Architekt seine Ideen so vertreten, dass er seinen Bauherrn überzeugt.

Wo setzt man an, um ein besserer Dienstleister zu werden?

Man sollte sein Gefühl und Gespür dafür schulen, dass es dem Bauherrn im ganzen Planungs- und Bauprozess um den materiellen Nutzwert des fertigen Objekts geht: um Benutzbarkeit, Kosten und Termine. Das sind ganz berechtigte Anliegen; schließlich zahlt, benutzt oder verwertet er es. Hat der Bauherr den Verdacht, für den Architekten sei das ­sekundär, dann hat dieser ganz schlechte Karten. Seine eigene Vorstellung von Bauqualität kann er dann kaum noch durchsetzen. Aber gerade die immateriellen Werte machen den Unterschied in der Kundenbeziehung aus. Hier erwartet der Kunde eine Wertschätzung, die er sehr direkt, persönlich und intensiv ­erlebt. Als Maßstab gelten Freundlichkeit, ­Reaktionsschnelligkeit und lösungsorientiertes Verhalten.

Wollen Bauherren all ihre Anliegen wegdelegieren und sich um nichts mehr kümmern?

Die meisten Bauherren kümmern sich heftig. Aber sie erwarten gerade vom Architekten professionelle Unterstützung. Das betrifft das Inhaltliche, aber auch die Form der gegenseitigen Beziehung. Bauherren haben ein Recht darauf, dass man reaktionsschnell, bei Wünschen und Änderungen flexibel sowie verständnisvoll auch bei Klagen reagiert.

Wird man da nicht nur noch gehetzt?

Man kann die Beziehung zum Bauherrn sehr gut lenken. Er bestimmt das Ziel, aber er will und soll sich dem Architekten als Lotsen dorthin anvertrauen. Und wie an einer Felsenküste bestimmt der Lotse den Kurs, nicht der Kapitän. Und wie dort braucht der Lotse natürlich Rückgrat und muss warnen, wenn eine Klippe droht. Es geht um eine partnerschaftliche Kundenbeziehung, nicht um Aufopferung und Unterordnung. Schließlich wollen beide, dass das Projekt gelingt.

Wie fängt man an mit der Kundenorientierung?

Nicht beim Kunden, sondern bei sich selbst. Man sollte für sich erst mal klären: Wo liegt der eigene Schwerpunkt, was ist die besondere Dienstleistung des Büros? Welchen speziellen Nutzen wird und soll ein Kunde haben, wenn er gerade mit mir arbeitet? Bekommt er zum Beispiel etwas besonders Energiesparsames, etwas Kostengünstiges, etwas Repräsentatives? Natürlich gehört hierzu auch ein Blick auf den Markt: Wer sind die möglichen Kunden und welche Bedürfnisse haben sie?

Und wenn der Kunde, sprich Bauherr, dann gewonnen ist?

Dann bestehen 70 Prozent des Erfolgs aus Kommunikation. Wir Architekten sind mal anders angetreten; an den Hochschulen haben wir vor allem das Entwerfen gelernt. Aber die Verengung des Blicks darauf ist wirklich gefährlich; ständiges Kreisen um den Entwurf und ein zu wichtig genommenes Entwurfsergebnis können sogar für andere Defizite blind machen.

Also einfach viele Informationen ­austauschen?

Nicht nur. Die meiste Kommunikation liegt unterhalb der Sachebene, ähnlich wie bei einem Eisberg, von dem nur der oberste Teil sichtbar ist. Aber man kann in Kursen und Fortbildungen auch diese Techniken trainieren und die eigene Sensibilität stärken. Wir müssen lernen, unsere Außenwirkung auf das Gegenüber richtig einzuschätzen und uns auf dessen Verhaltensstil schnell einzustellen. Dann können wir Besprechungen, Präsentationen und Verhandlungen kompetent meistern. Und das führt eben zum Erfolg!

Das Interview führte Roland Stimpel.

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