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[ Bauzeichner ]

Nicht nur sture Striche

Immer weniger Büros bilden Bauzeichner aus. Dabei können diese manches, was Hochschulabsolventen nicht leisten

Von Roland Stimpel

Sterben die Bauzeichner aus? Mancher Architekt hat schon lange keinen mehr gesehen, geschweige denn im eigenen Büro gehabt. Georg Müller, Architekt und Bauzeichner-Ausbildungsleiter für das Saarland: „Ende der 1990-er Jahre haben wir allein in unserem Land noch 60  ausgebildet. Jetzt sind es nur noch etwa 15.“ Müller bedauert das. „Im Büro haben Bauzeichner deutliche handwerkliche Vorteile gegenüber Hochschulabsolventen. Sie erstellen Pläne nach entsprechenden Vorgaben mindestens so gut, aber deutlich schneller.“
Man könnte Müller unterstellen, er spreche für sich selbst: Er hat seine Bauzeichnerlehre im 15.Lebensjahr begonnen und sich später über den zweiten Bildungsweg und eine Kammer-Sonderregelung zum Architekten hochgearbeitet. Aber sein Urteil kommt aus vielen Beobachtungen: In Büros und als Lehrender an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken hat Müller seitdem immer wieder gelernte Zeichner mit Nicht-Zeichnern vergleichen können.
Aber wird nicht das Routinezeichnen zu einem Gutteil vom CAD-Programm erledigt? „Die Aufgabe ist im Prinzip die gleiche geblieben, nur die Mittel sind anders. Und gerade die vielen neuen Möglichkeiten in der Darstellungstechnik verlangen solide Grundkenntnisse und Erfahrungen im Zeichnen.“ Das werde allerdings von vielen Kollegen unterschätzt: „Sie wollen nicht mehr ausbilden – auch weil sie denken, ein junger Bachelor kostet das Gleiche oder gar weniger, kann aber auch Entwurf und Städtebau. Dabei bringt der Entwurf, über alle Leistungsphasen gerechnet, nur sieben Prozent des Honorars – viel weniger als Werkplanung, Detaillierung und Ausschreibung.“

Ein Bauzeichner entwirft nicht – „es ist ein technischer und kein kreativer Beruf“. Aber er zieht nicht nur stur Striche: „Man muss auch nach den Vorgaben des Architekten detaillieren können. Und man muss natürlich räumlich denken und sich in den Aufbau von Treppen oder Fassaden hineindenken können.“ Müller sieht sogar ein wachsendes Tätigkeitsfeld für Bauzeichner: „Je mehr sich unsere Aufgabe vom Neubau zum Bestand verlagert, desto mehr präzise Bauaufnahmen brauchen wir – natürlich auch zeichnerisch.“
Seinen eigenen Weg vom Bauzeichner zum Architekten sind auch jüngere Kollegen gegangen. Zwei der drei Inhaber des Saarbrücker Büros 3bstoff, der 37-jährige Michael
Arend und der 38-jährige Michael Seiler, haben nach der Schule zunächst den Beruf gelernt. Arend erinnert sich: „Als ich dann studiert habe, hatte ich anfangs einen extremen Vorsprung. Und die Ausbildung nützt mir bis heute: Wir zeichnen noch selbst.“ Was 3bstoff aber nicht hindert, sondern im Gegenteil motiviert, selbst Bauzeichner auszubilden – gerade beendet die erste Auszubildende ihre Lehre. „Natürlich wird heute nur noch auf CAD ausgebildet, nicht mehr am Zeichenbrett.“ Wobei der Bediener nach wie vor wichtiger sei als das Gerät: „Sie können nicht aus einem schlechten Bauzeichner mithilfe eines CAD-Programms einen guten machen.“ Ein guter kennt aber nicht nur das Gerät: „Wir versuchen ganzheitlich auszubilden. Es geht darum, über das Zeichnerische hinauszudenken, auch mal auf die Baustelle mitzukommen und kleinere Überwachungen zu leisten. Die jungen Leute müssen ja sehen, was vor Ort aus ihren Plänen gemacht wird.“

Auf das jüngste Ausbildungsangebot von 3bstoff meldeten sich etwa zehn Bewerber, von denen drei ernsthaft infrage kommen. Zwei Talente müsse ein junger Bauzeichner haben, meint Arend: „Räumliches Verständnis und Freihandzeichnen.“ Da schaden auch kreative Versuche nicht: „Wir freuen uns, wenn wir sehen, was ein Bewerber im Kunstunterricht gemacht hat.“
Praktisch jeder Architekt mit eigenem Büro kann Bauzeichner ausbilden. Die günstigste persönliche Einstellung des Architekten dafür beschreibt Juliane Baumgart von der IHK Berlin so: „Ein Talent zur Motivation und zum Anleiten, Geduld und Erklärungsfähigkeit.“ Auch in Berlin ist die Lehrlingszahl in jüngster Zeit zurückgegangen – und Baumgart wirbt: „Architekturbüros sollten hier mehr tun. Sie erzeugen schließlich ihren eigenen Fachkräftenachwuchs und gewinnen Mitarbeiter, die viele Abläufe bald sehr genau kennen.“
Mit der Ausbildungskrise bei Bauzeichnern beschäftigt sich jetzt auch das Bundesinstitut für Berufsbildung. Auf Anregung der Bundesarchitektenkammer überprüft es in den kommenden Monaten die Ausbildung zum Bauzeichner auf Aktualität und Praxisnähe. Wo nötig, soll das Berufsbild danach neu geordnet werden – auf dass Architekten wieder mehr Bauzeichner ausbilden und beschäftigen.

Beschäftigen Sie selbst Bauzeichner? Haben Sie Wünsche, was deren Ausbildung angeht? Teilen Sie Ihre Erfahrungen und Ertwartungen mit Kollegen – diskutieren Sie mit!

5 Gedanken zu „Nicht nur sture Striche

  1. Im grossen und ganzen stimme ich Herrn Stimpel zu.

    Ich bin selber auch Bauzeichner und habe meine Lehre noch am guten alten Zeichenbrett mit Tusche und Zirkel gemacht. Das war 1984.

    Heute undenkbar, da alles mit CAD geht. Aber auch diese CAD-Technik entwickelt sich weiter. In vielen Büros wird heute schon gar nicht mehr gezeichnet im klassischen Sinne, sondern da arbeiten junge Bachelor-Leute die auch gleich mitplanen. BIM macht es möglich. Alles wird parametrisch und sobald man alle Parameter eingegeben hat, steht das Gebäude.

    Sicher, in vielen Büros wird noch mit CAD gearbeitet, aber in spätestens 10 Jahren werden wir ein anderes CAD haben als heute und Bauzeichner sucht man dann leider vergebens. Wie sagt man heute: In wenig Zeit viel schaffen, das ist Rendite“ – und darum geht es in unserer Leistungsgesellschaft.

    Alfons Akamp, Rheine

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  2. Ich bin leitende angestellte Architektin mit Hochschulstudium und Führungserfahrung seit 8 Jahren. Wir haben uns entschlossen in unserer Abteilung für Industriebauplanung (Abteilung innerhalb eines Grosskonzerns) ab 2013 Bauzeichner Fachrichtung Architektur auszubilden. Wie mir die Architektenkammer NRW mitteilte gilt die Ausbilder-Eignungsverordnung AEVO nicht für Angehörige der freien Berufe, und als eingetragene und vorlagenberechtigte Architektin gehöre ich zu den „freien Berufen“ gemäß Mitteilung der Architektenkammer NRW. Dieses habe ich der zuständigen IHK mitgeteilt. Als Antwort erhielt ich die Aussage, dass hier unter „Angehörige eines freien Berufes“ die selbständige Ausübung verstanden wird. Würde ich mich morgen am Tag selbständig machen, findet die AEVO keine Anwendung, für eine angestellte leitende Architektin mit dem selben Aufgabenfeld wie eine selbständig tätigen Architektin findet sie jedoch Anwendung. Über eine sinnhafte Erklärung würde ich mich sehr freuen, denn die Zeit, die wir jetzt damit verbringen, den Vorbereitungskurus inkl. Prüfung aufzubringen, tut unserer kleinen Abteilungon zusätzlich zur extremen Arbeitsbelastung nicht gut und diese Regelung ist bestimmt ein Hemmnis für viele Konzerne, Bauzeichner auszubilden.
    Britta Hennessen, Köln

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  3. Als Stadtplaner schaue ich neidisch in die Schweiz. Dort gibt es den Beruf des Raumplanungszeichners.

    „Raumplanungszeichner/innen veranschaulichen die Ideen von Raumplaner/innen: Am Computer zeichnen sie Pläne, verfassen Berichte und erstellen Tabellen. Sie führen auch Erhebungen und Berechnungen durch und übernehmen administrative Aufgaben.“ (Quelle: http://www.berufsmessezuerich.ch/global/show_document.asp?id=aaaaaaaaaaahlik)

    Wieso gibt es eigentlich in Deutschland nicht den Beruf des Stadtplanungszeichner / der Stadtplanungszeichnerin?

    Markus Toepfer, Radolfzell am Bodensee

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  4. Zwar bilden wir in unserem extrem kleinen Büro eine Zeichnerin aus, würden dies allerdings in Zukunft unterlassen. Durch lange und unregelmäßige Schul- und Praktikumszeiten fehlt bei der Auszubildenden einfach die kontinuierliche Arbeit an einer Zeichnung – ganz zu Schweigen von einer kontinuierlichen Arbeit an einem Projekt.
    Dabei ist der Unterricht in der Schule wenig nachvollziehbar und nicht mehr zeitgemäß, auch wenn ein Einblick in die traditionelle Zeichentechnik auch m.E. noch notwenidig ist, sollte doch dabei der Schwerpunkt auf die räumliche Vorstellungskraft gelegt werden. Weiterhin überschneiden sich Fächer und Themen, andere werden nur gestreift. Eine Zusammenarbeit mit dem Ausbildungsbetrieb wird von Seiten der Schule nicht angestrebt. Frappierend ist außerdem, dass die Zeit der Praktika – in der die Auszubildende vom Betrieb bezahlt wird – fast länger ist, als in einem Studium.
    Hinzu kommen Urlaub und Krankheit, so dass die Auszubildene eher ein selten gesehener Gast ist, als eine liebe Kollegin.
    Das alles führt zu Frust bei Auszubildener und Ausbilder – was wir ausdrücklich bedauern – aber zu dem Schluss kommen lassen, keine Zeichner mehr auszubilden.
    Reino Seipel, Architekt, Büdingen

    Antworten
  5. Wir bilden in unserem Büro mit im Mittel 30 Mitarbeitern seit über 20 Jahren regelmäßig Bauzeichner mit großem Erfolg aus. Jedes Jahr beginnt ein Auszubildender neu, so dass es immer 3 Auszubildende parallel in unserem Büro gibt. Bedingung für eine Ausbildung in unserem Büro ist die 3-jährige Ausbildungszeit, eine Verkürzung für Abiturienten gibt es bei uns nicht. Damit wird sicher gestellt, dass auch innerhalb der Gruppe der Auszubildenden immer gegenseitige Hilfestellung möglich ist, die Jüngeren von den Älteren profitieren können, die Älteren bereits nach einem Jahr die Erfahrung machen können, dass sie anderen von ihrem erlernten Wissen etwas weitergeben können.

    Die Ausbildung innnerhalb des Büros wird von einer Mitarbeiterin intensiv betreut, die Auszubildenden werden im Laufe der Zeit immer stärker in laufende Projekte eingebunden und absolvieren nach Möglichkeit die Praktika auch eingebunden in Bauvorhaben unseres Büros. In der Regel schließen unsere jungen Mitarbeiter ihre Ausbildung mit sehr guten Zeugnissen ab.

    Vor zwei Jahren konnten wir sogar den Bundessieger unter den Jahrgangsabsolventen der Bauzeichner stellen.

    Leider verlieren wir dannach viele ehemalige Auszubildende, da sie nach ihrem Abschluss mit dem Studium beginnen. Einige begleiten uns im Rahmen von Ferienjobs weiter. Ziel unserer Ausbildung ist natürlich auch, immer wieder für unseren eigenen Bedarf auszubilden.

    Innerhalb des Büros beschäftigen wir aktuell 3 Bauzeichnerinnen, darunter unsere im vergangenen Jahr fertig gewordene Auszubildende.
    Unsere Bauzeichnerinnen sind für uns sehr wichtige Mitarbeiterinnen, die selbständig zahlreiche Zeichneraufgaben für die Werkplanung innnerhalb der Planungsteam erledigen, Bauanträge zusammenstellen, Berechnungen fertigen, Aufmaße erstellen oder Massen für Ausschreibungen ermitteln.

    Wir glauben, dass das Berufsbild des Bauzeichners auch in der Zukunft eine große Berechtigung haben wird, die Aufgaben oder Bearbeitungsweisen werden sich sicher wandeln, doch das größere, arbeitsteilig tätige Planungsteam wird immer genügend Aufgaben zu erledigen haben, die durch einen Bauzeichner optimal abgedeckt werden können.

    Michael Straus, Schwarz Architekten, Stuttgart

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