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[ Architektinnen im Beruf - Interview ]

„Ein Konflikt wird bleiben“

Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen, über die schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Barbara Ettinger-Brinckmann

Interview: Cornelia Dörries

Viel mehr Frauen als Männer übennach dem Architekturstudium den Beruf nicht aus. Wo sehen Sie den Grund?

Ich weiß nicht, ob man die Zahlen so interpretieren kann, dass Frauen den Beruf tatsächlich nicht ergreifen. Wie steht es zum Beispiel mit den nicht in einer Kammer eingetragenen Diplom-Ingenieurinnen? Sind die in der Statistik erfasst? Sicher steigen jedoch viele gar nicht erst ein oder schnell wieder aus. Frauen am Beginn ihrer Berufslaufbahn sind in dem Alter, in dem viele Kinder bekommen wollen. Rein biografisch treffen da in einem engen Zeitrahmen viele wichtige Entscheidungssituationen aufeinander. Ein gewisser Konflikt wird bleiben, denn das Kinderkriegen und -aufziehen ist ja kein Geschäft, das man mal so eben und schnell absolviert, sondern eine überaus emotionale, verantwortungsvolle und eine längere Dauer umfassende Aufgabe. Zu verbessern wären allerdings die Rahmenbedingungen. Und hier ist die Politik gefragt, für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu sorgen. Die Kammern selbst können nur wenig tun, wenn sich eine Architektin nach dem Mutterschutz entscheidet, nicht wieder in den Beruf einzusteigen. Immerhin bietet meine Kammer Managementberatung an – und dies durch eine Frau, die das Problem selbst zu lösen hatte.

Wäre es denn nicht eine Aufgabe für die Standesvertretung, Druck für bessere Kinderbetreuung auszuüben?

Es gibt bislang keine gezielten Strategien der Kammern, hier Einfluss auf die Politik zu nehmen. Und die Politik hat unsere Profession nicht so im Blick, weil es anders als in anderen Branchen bei den Architekten kein Nachwuchsproblem gibt. Doch natürlich muss man sich fragen, wieso es gerade bei uns zu dieser Schieflage in der Berufsbeteiligung kommt. Das hat viel mit der Arbeit zu tun, die zeitintensiv und in ihren Abläufen nur bedingt familienfreundlich planbar ist. Ich selbst hatte am Anfang meiner Selbstständigkeit mit zwei, drei Mitarbeitern auch Angst, junge Frauen einzustellen, weil ich damit rechnen musste, dass sie – kaum eingearbeitet – schwanger werden und ausfallen.

Arbeiten bei Ihnen nur Männer?

(lacht) Ganz im Gegenteil. In meinem Büro arbeiten heute viele Frauen. Zeitweise waren es mehr Frauen als Männer, und in unserer Kammer sind allein acht Architektinnen beschäftigt. Inzwischen gehe ich mit diesem sogenannten Problem, nachdem ich es selbst zu lösen hatte, ganz anders um. Ich habe erfahren, dass sich Arbeit und Kindererziehung verbinden lassen und man nicht aussteigen muss. Ein innerer Konflikt bleibt allerdings. Hinzu kommt, dass ich mittlerweile auch gelernt habe, dass es verkraftbar ist, wenn eine Kollegin mal für einige Monate ausfällt. Und auch, wie sich Teilzeitarbeit selbst in unserem Beruf regeln lässt. Im Übrigen hat sich mit der Elternzeit schon ziemlich viel zugunsten von Gleichberechtigung geändert – hierauf setze ich. Welcher Büroinhaber weiß denn, ob nicht auch der junge männliche Kollege Erziehungsurlaub oder Elternzeit nimmt? Junge Männer sind heute genauso ein sogenanntes Risiko wie eine junge Frau. Wichtig sind für beide gute Wiedereinstiegsmöglichkeiten, damit sie nach der Erziehungspause so einfach und so schnell wie möglich zurück in den Beruf finden. Da ließe sich sicher noch einiges verbessern: Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung bei den Arbeitgebern, aber auch bei Auftraggebern.

Wie haben Sie selbst Ihre Aufgaben als Mutter und Büroinhaberin vereinbart?

Ich muss natürlich zugeben, dass ich günstige Bedingungen vorgefunden habe – eine verständnisvolle Partnerschaft im Büro, durch die ich für eine gewisse Zeit Freiräume hatte, wie auch im privaten Umfeld. So war es mir möglich, beide Rollen auszufüllen. Doch es ist auch bei nur einem Kind geblieben, was ich bedauere, weil ich es mir als selbstständige Architektin nicht zugetraut habe, dem Büro einfach über einen langen Zeitraum den Rücken zu kehren oder nur mit geringer Kraft dabei zu sein. Die verlässliche Zuwendung, die kleine Kinder brauchen, ist mit den Anforderungen eines eigenen Büros, bei dem man sich nicht auf feste Arbeitsstunden beschränken kann, schwer vereinbar. Mutter und freie Architektin: Man kann nicht beidem zu 100 Prozent gerecht werden. Darüber sollte man sich klar sein. Und dann muss man sich entscheiden.

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