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„Ein ungeeigneter Bau“

Arno Sighart Schmid, bisheriger Präsident der Bundesarchitektenkammer, über den Denkmalwert von Nazi-Architektur – speziell in Venedig

Nur mäßig einladend: Entree des deutschen Pavillons während der Architektur-Biennale 2010

Interview: Roland Stimpel

Sie fordern, den deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig abzureißen und einen neuen zu bauen. Wollen Sie versuchen, mit dem Abriss einer Architektur von 1938 ein Stück Nazi-Vergangenheit zu entsorgen?

Diese Vergangenheit kann und darf man nicht entsorgen, weder per Abriss noch anderswie. Mir geht es um einen architektonisch hochwertigen, funktionalen Pavillon, mit dem Deutschland sich in Venedig international präsentieren kann.

Geht das nicht auch und gerade mit einem Pavillon, in dem man sich mit der Nazi-Zeit auseinandersetzen muss?

Der Pavillon ist kein überragendes Zeugnis dieser Epoche – auch nicht im Negativen. Kuratoren, Teilnehmer und Besucher ärgern sich da nicht vorrangig mit der Nazi-Zeit herum, sondern mit einem ungeeigneten Bau für Architektur- und Kunstausstellungen. Er ist düster, schwer bespielbar und hat zur Lagune nicht einmal einen Ausblick, geschweige denn Ausgang und Terrasse. Und so wichtig wie die Auseinander­setzung mit der Nazi-Zeit ist, ist sie doch kein vorrangiges Thema an diesem Ort. Der Pavillon muss den künftigen deutschen Beiträgen der Biennale dienen, nicht die Biennale der Geschichte des Pavillons.

Und der Denkmalwert?

Der Pavillon steht zwar unter italienischem Denkmalschutz. Aber den verdient nach meiner Ansicht vielleicht seine Urform, ein antikisierender Tempelbau von Daniele Donghi aus dem Jahr 1909, aber wohl kaum Ernst Haigers Umbau von 1938. Es wäre genauso falsch und verkrampft, jeden Bau aus dieser Zeit zu bewahren, wie es falsch und verkrampft wäre, einen Bau nur wegen seiner Herkunft aus der Nazi-Zeit abzureißen.

Also weg damit – unabhängig von der Geschichte?

Weg damit, wenn ein Bau über die Geschichte wenig sagt. Aber auf keinen Fall weg mit Zentralbauten der Nazis und ihrer Verbrechen etwa in Berlin, in München und in Konzentrationslagern. Sie sind Zeugnisse des Terror-Regimes, die selbstverständlich bleiben müssen.

Die Reaktionen auf Ihren Vorschlag waren teils ziemlich heftig.

Ja, es gab reflexhafte Verdächtigungen, ich wolle ein Stück Nazi-Vergangenheit verdrängen. Aber man muss über die Qualität des Baus diskutieren können, ohne dass man ihn historisch überstrapaziert.

Sind Sie eigentlich der Einzige, der an einen Abriss denkt?

Nein, in Gesprächen erhielt ich viel Zustimmung von unterschiedlichster Seite. Ein Abriss des Pavillons war übrigens auch Thema eines Biennale-Beitrags des Berliner Architekten Roger Bundschuh. Und die Universität Karlsruhe hatte – ohne dass ich dies wusste – bereits im Wintersemester 2009/2010 eine Exkursion nach Venedig veranstaltet und sich mit der Frage „Abriss und Neubau oder Um- und Anbau“ sachlich und fachlich fundiert auseinandergesetzt.

Und was soll folgen?

Ein offener Wettbewerb und spätestens zum 25j-ährigen Jubiläum des Mauerfalls 2014 ein anderer Pavillon, der Ausstellern und Besuchern dient, der Deutschlands Gegenwart und Zukunft zeigt und der ein Zeugnis unserer heutigen Baukultur ist.

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