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Touristen und Puristen

Peter Ramsauer plant nachkriegsmodern, Bauhausdirektor Oswalt rekonstruktiv und Schlossförderer von Boddien à la Dessau

Von Roland Stimpel

SPDler wie Thierse und Tiefensee waren heftig fürs Berliner Schloss; ein CSU-Minister aus Neuschwansteinland hat es jetzt gestoppt. Das hat aber weniger partei- als regionalpolitische Gründe: Was soll ein Forum für die Humboldts, wenn von denen einer bloß in den Anden am Chimborazo war, aber keiner auf dem Watzmann? Die Berliner entschädigt Peter Ramsauer mit einem Erbstück nachkriegsmoderner Planung: 420 Millionen Euro, fast die Sparsumme vom Schloss, hat er für drei Kilometer Stadtautobahn übrig. Die ist Teil eines Konzepts von 1953, damals entworfen nach dem Vorbild von Los Angeles.

Lange bremsten falsche Prioritäten den Bau – Mauer, S-Bahn, Klimaschutz und sonstwas. Doch jetzt soll die Straße rasch her, bevor das Öl unbezahlbar wird. Gegenstück zur christlich-sozialen Berliner Moderne ist der Kampf zwischen Dessauer Traditionalisten. Deren eine Partei besteht aus Stadtpolitikern, Bürgergruppen und Tourismusförderern, ist bilderfreudig und will das Ensemble der Bauhaus-Meisterhäuser wieder mit dem kriegszerstörten Heim von und für Gropius komplettieren. Für die andere Partei geht Bautradition nur in Originalmaterial, nicht per Zweitausfertigung zerstörter Häuser.

Jetzt vereinen sich die Traditionslinien: Gropius’ Haus wird wiederaufgebaut, aber auch nicht. Vorbild sind nämlich keine Pläne oder Bilder des früheren Baus, sondern es ist ein Gipsmodell aus der Gropiuszeit. Das ist genug Frühmoderne für Touristen und eine gerade noch verträgliche Nachschöpfung für Puristen. Endlich sind wir beim chronischen Traumpaar dieser letzten Heftseite. Mit dem klaren rekonstruktiven Jein empfiehlt sich Bauhausdirektor Philipp Oswalt fürs Berliner Schloss. Er hat es wie kein Zweiter bekämpft und kann es jetzt wie kein Zweiter retten.

Sein Widersacher Wilhelm von Boddien geht den umgekehrten Weg. Er hat den Start des Schlossbaus mit einem Spendentopf probiert, der nicht für Rundumbarock gereicht hätte, sondern größtenteils nur für frühmoderne Glätte. Allein für diesen Ansatz hat er eine Dienstwohnung in Gropius’ alt-neuer Villa verdient. Und einen Posten am Bauhaus, das in wichtigen Teilen wie der legendären Vorhangfassade eine Rekonstruktion von 1976 ist.

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