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[ Wohnungen 2 ]

Unternehmer mit Architektenstamm

Wie Matthias Ottmann zu den Entwerfern seiner Wohnungen steht

Effizient, aber auch ästhetisch: das Südhausbau-Projekt in München-Sendling von Robert Meyer und ­Victoria von Gaudecker. Oben die Nord- und Ostfassade mit Balkons. Die Straßenfassade mit ihren horizontalen Brüstungs­bändern ziert ein Kunstwerk von Sabrina Hoffmann mit Mustern eingedrückter Kiesel aus der nahen Isar.

Roland Stimpel

Auf kommerziellen Websites führt der Button „Unternehmen“ normalerweise zu Geschäftsberichten, zu einer Vorstandsgalerie und zu Imagebroschüren. Anders bei der Südhausbau in München: Hier geht es unter diesem Button zu den Werten, der Geschichte und einem Porträt der Firma – und genauso direkt zum Stichwort „Architekten“. Nein, nicht die der eigenen Bauabteilung. Stattdessen tun sich da Porträts von elf renommierten Büros auf, von A wie Arnold und Gladisch bis V wie Gernot Vallentin – alle mit Fotos, Statements und einer Biografie der Inhaber. Was bewegt eine große private Wohnungsbaufirma, ihre Architekten derart auf der eigenen Plattform hervorzuheben?Die ungewöhnliche Tat begeht ein ungewöhnlicher Chef: Matthias Ottmann ist einerseits traditionsbewusster Familienfirmenerbe, distanziert sich aber schon mit seiner Lockenpracht von aller spießigen Betonköpfigkeit. Er ist promovierter Volkswirt, aber mit Leidenschaft und Kenntnis in Architektur und Urbanes, die ihn unter anderem in die Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung führte. Er rechnet hart, aber er gesteht offen zu, dass er Architekten generell nicht gerade hoch bezahlt findet – auch durch ihn selbst, leider und zwangsläufig.

Die Südhausbau hat schon 19 000 Wohnungen gebaut, die meisten in der Nachkriegszeit. 7 500 davon gehören ihr noch. Sie hat den Städtebau für sechs Siedlungen und Stadtviertel mit bis zu 3 500 Wohnungen gemanagt. Jahrzehntelang hat das Unternehmen auf ordentlichem Niveau Masse geschaffen, ob in der Trabantenstadt Hasenbergl oder mit dem „Ramses“ mit 350 Wohnungen in 19 Etagen im sehr kantigen 1960er-Jahre-Stil. Heute sind die meisten Projekte kleiner, aber feiner – zum Beispiel der aktuelle Luxuswohnbau von Peter Ebner in der zentralen Müllerstraße mit seinen modisch springenden Fenstern und Raumhöhen bis zu fünf Metern. Oder ein von Robert Meyer und Victoria von Gaudecker entworfener Komplex in der Urbanstraße nahe der Isar, die sich durch Abdrücke von Flusskieseln in der schwingenden Fassade manifestieren soll.

Architektonisch wie ökonomisch war die Firma immer auf der Höhe ihrer Zeit. Heute weiß Ottmann, der nebenbei Vorstand zweier Kunstvereine ist: „Bilder, die uns umgeben, haben mehr Bedeutung denn je.“ Bei Wohnungen denkt er in Zielgruppen und ihren „Wertedimensionen“, was bis hin zur Bildbearbeitung in seinen Exposés durchschlägt. Aber er will nicht oberflächliche Bildwünsche erfüllen, sondern per Architektur andeuten, welchen Lebensformen und -stilen seine Häuser entsprechen sollen.

In München mit seinem chronischen Wohnungsmangel ist aber nicht die Vermarktung von Wohnungen der engste Flaschenhals, sondern schon lange vorher der Erwerb von Grundstücken. Kommt mal eins auf den Markt, muss der Kaufentschluss sehr rasch fallen. Ottmann beauftragt in dieser Phase Architekten, um mögliche Baumassen und Geschossflächenzahlen, Erschließungen und Baurechte zu ermitteln. „Das sind in diesem Stadium vor allem ökonomische Größen. Davon unabhängig fragen wir uns, ob wir uns mit dem Standort identifizieren können.“

Matthias Ottmann: kulturell ambitionierter Wohnungsbauherr mit kommerziellem Ehrgeiz

Kein Freund von Wettbewerben

Auch wenn das Grundstück gekauft ist, kommt vor dem ­Entwurf das Marketing: „Wen können wir am besten mit einem Haus an diesem Standort ansprechen? Sind es eher urban oder naturorientierte Menschen; eignet es sich für besonders hochwertigen oder relativ preisgünstigen Wohnungsbau; erlauben Grundstück und Umfeld eine eher freie Grundrissplanung oder sind wir da sehr eingeschränkt und zu Kompromissen gezwungen?“

So definiert die Lage das Milieu, dem Ottmann das ­passende Haus bauen will. Erst jetzt kommen wieder Ar­chitekten ins Spiel. „Ihnen sagen wir aber nicht: Entwirf mal ein Erscheinungsbild für die oder die Gruppe. Sondern es geht eher umgekehrt. Wenn uns ein bestimmtes Milieu vorschwebt, dann wird unsere Wahl des Architekten darauf ausgerichtet sein. Und das ist nicht unbedingt ein syste­matisch durchdachter Vorgang, sondern teilweise ein unbewusster.“

Wie findet er seine Architekten? „Wir kennen viele, wir treffen uns hier oder da, wir beobachten, was sie machen.“ Aber nicht der Zufall steuert das Verfahren: „Bevor ich jemanden anspreche, machen wir unsere Voranalysen.“ Für das Projekt Müllerstraße zum Beispiel wählte er so Peter Ebner: „Der Standort ist ausgesprochen urban. Wir haben seine Arbeit über mehrere Jahre verfolgt und gesehen, dass er mit dem Thema Stadt spielt, dass er dafür auch ungewohnte Formen realisiert. Aber er versteht es, zugleich auch harte Kriterien geschickt umzusetzen.“

Einen starken Wunsch des Berufsstands enttäuscht er durch seine Auswahlmethode: „Wettbewerbe machen wir eher selten. Ich will keinen Architekten verschleißen, indem ich ihn fünfmal einlade und er dann fünfmal ganz oder fast umsonst arbeitet. Lieber beauftrage ich ihn beim sechsten Mal direkt. Dafür nehme ich in Kauf, dass die Breite der Ideen nicht so groß ist.“ Und er nimmt in Kauf, dass er so kaum unerprobte Talente entdeckt: „Architekten brauchen ein erkennbares Profil. Ich muss abschätzen können, welches Gepräge sie einer Planung geben.“

Erst jetzt geht es ans Entwerfen. Da sollen Architekten für ihn zwar „die ganze Tiefe des Planungsprozesses verfolgen“ – dessen wirtschaftliche, rechtliche und technische Seite. Sie sollen aber nicht in die Bauherrenrolle schlüpfen, sondern auch ihm gegenüber „hohe gestalterische Souveränität“ bewahren. „Ich arbeite immer gern mit jemandem zusammen, der seinem Ziel treu bleibt, den ich auch wiedererkennen kann, der auf unserem schmalen gemeinsamen Weg seine Haltung bewahrt. Dann weiß ich, dass am Ende die Räume die erwartete Qualität haben und das Gebäude den Charakter zeigt, den es braucht.“

Springende Quadrate: „Mich interessiert, wie es von innen heraus wirkt“, sagt Architekt Peter Ebner zur Fassade der Müllerstraße 22 in München. „Die Fenster werden immer frei gesetzt. Wir machen keine Raster.“ Matthias Ottmann: „Es entspricht unserem Anspruch an zeitgenössische Architektur und Kunst.“

Natürlich kann da keine reine Harmonie herrschen. Der Unternehmer Ottmann stellt schroff fest: „Qualität ist ein Wertebegriff, aber sie ist ökonomisch zunächst dimensionslos.“ Auch Architekten mit Haltung und Souveränität müssten andere Dimensionen anerkennen: „Wir müssen versuchen, für Ökonomie und Qualität einen gemeinsamen Weg zu finden. Fänden wir den nicht, könnte ich mir beim nächsten Mal gar keine Qualität erlauben.“

Wie muss man gute Architekten bezahlen? „Ich halte mich natürlich an die HOAI. Die Frage ist aber, ob sie für die komplizierte Leistung noch ausreicht, für all das Wissen, das ein Architekt braucht, und all die komplexen Anforderungen, die er beherrschen und berücksichtigen muss.“ Kann er da nicht etwas drauflegen? „Mehraufwand zahlen wir natürlich. Aber ansonsten gibt die HOAI Architekten und uns den Rahmen, in dem wir uns aufhalten können. Und den wir auch wirtschaftlich nicht einfach sprengen können. Unsere Wohnungsbaukalkulationen sind wirtschaftlich immer auf Kante genäht. Ein Neubau macht etwa 15 Jahre keinen Gewinn. Da muss aber auch der Verlust streng begrenzt sein.“

In jenen 15 Jahren bringen ältere Häuser mit abbezahlten Baukrediten das ein, was er in die neuen hineinsteckt. Ottmanns Zeithorizont ist generationenlang: „Wir würden nie an die Börse mit ihrem Zwang zu raschen Renditen gehen.“ Dem sei auch sein Umgang mit Architekten geschuldet: „Als Familienunternehmen definieren wir uns durch das, was wir bauen. Und da können wir nicht von Projekt zu Projekt in der Qualität schwanken, nicht mal von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. Sondern wir müssen den einmal eingeschlagenen Weg immer weitergehen.“

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