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[ Kindersachbuch ]

„Über die Schulter gucken“

Hessens Kammergeschäftsführer Rolf Toyka über seinen Weg zum ersten Kinderbuch, das die Arbeit des Architekten erklärt.

Interview: Nils Hille

„Betreten verboten! Eltern haften für ihre Kinder“, steht an Baustellen. Wollten Sie mit Ihrem Sachbuch „Achtung, fertig, Baustelle!“ den Blick hinter den ­Bretterzaun bieten?

Bei einem der Entwürfe haben wir tatsächlich so ein Schild im Buch gehabt, mit der Aufschrift: „Betreten der Baustelle erlaubt!“. Genau darum geht es in dem Buch. Wir geben dem Leser die Möglichkeit, dem kleinen Tim über die Schulter zu gucken, wie er die Dinge auf der Baustelle verfolgt. Seine Eltern sind die Bauherren und wollen mit einem Neubau eine Baulücke schließen. Der befreundete Architekt hilft ihnen dabei. Und Tim steht bei der Entstehung des Hauses nicht nur passiv herum und beobachtet, sondern er fotografiert, er kann mit mauern und darf in die Baugrube hineinklettern. Dabei erklären die am Bau Beteiligten dem Jungen, was sie alles machen müssen. So können Kinder das alltägliche Thema Baustelle und die ihnen weniger präsente Arbeit des Architekten verbinden.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Architektur über ein Kindersachbuch zu vermitteln?

Die Kammern in Nordrhein-Westfalen und hier in Hessen haben schon einige Schulbücher produziert. Zielgruppe waren die Mittel- und Oberstufe. Doch nun wollten wir, wiederum in Kooperation, auch die jüngeren Kinder ansprechen. Die Idee, zunächst für ein Bilderbuch mit dem Arbeitstitel „Ich habe einen Freund, der ist Architekt“, kam in der Arbeitsgruppe Öffentlichkeitsarbeit auf. Ich habe dazu ein Storyboard geschrieben, komplett mit Text und Skizzen.

Konnten Sie einen Verleger von der Idee überzeugen?

Der angefragte Verlag war zwar angetan, schob die Entscheidung aber immer wieder heraus. Nun wollte ich den Grund erfahren und habe mich an eine bekannte Kinderbuchgestalterin gewendet. Ihr war das Problem schnell klar: Unsere Konzeption war aus Architektensicht interessant, aber für Kinder nicht spannend genug. Was ein Architekt macht, ist nicht wahnsinnig sexy. Kinder sehen, da sitzt einer am Schreibtisch und zeichnet mit einem Stift oder mit der Maus am Computer. Oder er spricht mit seinen Bauherren oder Handwerkern. Auch das auf Bildern zu zeigen, ist eher langweilig.

Wie haben Sie das Problem gelöst?

Die Expertin empfahl mir, die Baustelle mehr in den Vordergrund zu stellen. Das ist viel näher an der Erlebniswelt der Kinder dran. Und den Rest haben wir unter ausklappbare Seiten gepackt, die zusätzliche Informationen verbergen. Die Komplexität der einzelnen Bauberufe und vor allem die der Architektentätigkeit wird hierdurch und durch die Illustrationen vermittelt. Das hat die Verlage, die wir dann kontaktiert haben, angesprochen. Mit Gerstenberg haben wir schließlich den richtigen Partner gefunden, der das Buch in den „normalen“ Buchhandlungen verbreitet und nicht nur in die Läden der Architektur- und Designmuseen bringt.

Was ist die Botschaft Ihres Buchs?

So selbstverständlich es klingt: Ein Architekt ist nicht derjenige, der eine Fassade wie eine Tapete entwirft, sondern Räume. Er ist nicht nur Gestalter oder Künstler, sondern ein kreativer Manager, der alle Fäden in der Hand hält. Und er ist zum Beispiel auch für das Thema Kosten der Ansprechpartner. Da gibt es viel Nachholbedarf bei der Vermittlung.

Wieso sollte ein Kind erfahren, was ein Architekt bei der Arbeit macht?

Zum einen geht es darum, dass Architektur nicht gottgegeben ist. Man kann den Umgang damit lernen und man kann ihre Stärken wie Schwächen erkennen. Und der nächste Schritt: Was kann ich als Nutzer, auch als Kind, tun, damit es mein Raum ist, den ich gut finde? Zum anderen werden diese Kinder vielleicht irgendwann zu Bauherren, die auf ihre individuellen Bedürfnisse hören und zu deren Erfüllung einen Architekten beauftragen. Und wir schielen natürlich auch auf die vorlesenden Eltern, die sicher ebenfalls einiges Neues durch das Buch erfahren.

Wie haben Sie genau für Ihre Zielgruppe der sechs- bis elfjährigen Kinder geschrieben?

Ich habe mir sozusagen die Zeit genommen, mich kurz zu fassen. Mit einer Lektorin des Verlags habe ich dabei den Text gemeinsam mehrfach überarbeitet. Zuerst hatte ich zum Beispiel zu detailliert beschrieben, was ein Architekt bei einer Ausschreibung macht. Das war zu technisch und ich musste es kürzen. Auch konnte nicht jedes Gewerk vorkommen. Stattdessen muss in der Geschichte auch etwas am Rande passieren, wie zum Beispiel ein kleines Malheur, das ich eingebaut habe. Außerdem haben wir Kindern vorab die Entwürfe gezeigt und sie gefragt, was sie davon halten und ob sie es verstehen.

Zu der Einführung Ihres Buchs gibt es besondere Aktionen. Was haben Sie geplant?

Wir werden in größeren Buchhandlungen von Nordrhein-Westfalen und Hessen Veranstaltungen durchführen. Das sind aber keine Lesungen, sondern wir bringen eine Art Werkbericht. Dazu zeigen wir Kindern und Eltern die Originalillustrationen, die viel größer als im Buch sind, und erzählen, wie so ein Sachbuch entsteht. Der Nachwuchs kann auf Papier in den Konturen der Neubauplanung in der Baulücke aus dem Buch seine eigene Fassade gestalten. Zusätzlich planen wir, dass Architekten mit dem Buch nachmittags in Grundschulen gehen und Programme innerhalb der Ganztagsschulangebote anbieten. Hierzu erstellen wir noch passendes Lernmaterial.

Rolf Toyka, Ferenc B. Regös, Heike Ossenkop
Achtung, fertig, Baustelle! Wie ein Haus geplant und gebaut wird
17 Euro, Gerstenberg

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