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Gründer auf festem Grund

Ländliche Eigenheime, Energieberatung oder ein Büro mit eigenem Schaufenster: Wie junge Büros durch die Startphase kommen

Rudolf Heinz und Heike Schmidt

Rosa Grewe

Zu zweit aufs Land

Heike Schmidt und Rudolf Heinz von schmidtundheinz architekten, Moosburg an der Isar

Als Heike Schmidt und Rudolf Heinz 2006 in Moosburg an der Isar ihr Büro gründeten, wollten sie der Massenproduktion der Bauträger hohe Qualität entgegensetzen. „Die Bauherren sind dankbar und offen für architektonische Alternativen, die es bisher in Moosburg und Umgebung nicht gab. Wir bedienen eine jüngere Klientel mit begrenztem Budget und beweisen, dass Individualität nicht teurer sein muss als ein Fertighaus“, erklärt Heike Schmidt den Erfolg. „Nicht zuletzt kommt mein Büropartner aus Moosburg und hat dort ein sehr gutes Netzwerk, das ist das A und O.“

Die beiden hatten sich beim Studium an der TU München kennengelernt und wurden für die gemeinsame Diplomarbeit mit dem Wissenschaftspreis der Landeshauptstadt München 2006 ausgezeichnet. „Der Preis war gut für unser Renommee. Er gab den Kunden das Gefühl, dass wir grundsätzlich nicht ganz falsch liegen.“ Bei der Gründung kurz nach dem Diplom mit zunächst eingeschränkter Bauvorlageberechtigung waren beide noch unter dreißig Jahre alt und hatten Berufserfahrung vor allem neben dem Studium gesammelt. Mit kleinen Einfamilienhaus-Projekten fing das Team an, durch Mund-zu-Mund-Propaganda kamen neue Aufträge hinzu.

„Bei uns wurde es langsam immer mehr, die Projekte sind mitgewachsen.“ Rund ein Jahr dauerte es, bis das Büro gut lief. Heike Schmidt empfiehlt: „Ein finanzielles Polster für ein bis zwei Jahre sollte man einplanen“ – Ersparnisse, Hilfen von Verwandten oder für Gründer. Die Provinz sei ein guter Standort: „So chaotisch jede Gründung am Anfang ist, auf dem Land ist der Umgang mit Behörden persönlicher und unbürokratischer. Ich bin absolut sicher, in München hätte die Gründung nicht funktioniert.“ Was war das Wichtigste bei der Gründung? „Netzwerk, Netzwerk, Netzwerk!“

Marion Daum-Klipstein

Frühe Freiheit

Marion Daum-Klipstein, Architektin und Energieberaterin, Darmstadt

Als sich Marion Daum-Klipstein 2005 mit frischem Diplom auf die Arbeitssuche machte, erging es ihr wie vielen anderen: Eine feste Stelle, womöglich in einem Büro der Wahl, war kaum zu bekommen. Als Freiberuflerin bearbeitete sie Aufträge für verschiedene Büros. Was zunächst aus der Not geboren war, entwickelte sich zu einer soliden Existenzgrundlage mit immer größeren Projekten.

„Ende 2006 kam die Erkenntnis: Eigentlich ist es das Schönste, frei und für sich zu arbeiten. Die wichtigste Entscheidung war, selbst aktiv nach Aufträgen zu suchen und Netzwerke aufzubauen.“ Sie startete mit Wohnungsprojekten. Wie sie heute sagt, ist sie „mit einer gewissen Naivität“ hineingewachsen. Unterstützung fand sie durch Partnerbüros, die mit fachlichem Rat halfen. „Früher war es ein No-Go, mit Partnerbüros zu arbeiten, heute macht es ökonomisch Sinn, Kompetenzen zu bündeln.“ Und sie machte eine Weiterbildung zur Energieberaterin.

„Das lohnt sich nicht als alleiniges Betätigungsfeld, aber für die Akquisition weiterer Aufträge und als zusätzliches Qualitätsmerkmal zahlt es sich aus.“ Rund eineinhalb Jahre nach dem Diplom konnte sie Gewinne verzeichnen, auch dank fester Honorarvereinbarungen und der Umsetzung erster eigener Kleinstaufträge. „Mit Leidenschaft dabei sein und die Motivation nicht verlieren, gute Arbeit abzuliefern, das ist das Wichtigste.“

Christian Hauss

In Vaters Exbüro

Christian Hauss von Hauss Architekten, Hassloch

„Ich bin in einem Unternehmerhaushalt aufgewachsen“, erzählt Christian Hauss. Er wusste, worauf er sich bei seiner Bürogründung im Jahr 2005 einließ. Sein Vater hatte fast 45 Jahre lang ein Architekturbüro mit bis zu zwanzig Mitarbeitern geführt. Christian Hauss arbeitete in großen Büros in Wien und Erfurt, aber auch immer wieder im väterlichen Büro, bis dieses drei Jahre nach seinem Diplom schloss.

Weitere sieben Jahre später nahm er zusammen mit Kollegen am Wettbewerb für das Konzerthaus im isländischen Akureyri teil und gewann den dritten Preis. Das brachte den Mut zur Selbstständigkeit. Vaters alte Büroräume waren noch verfügbar, was die Investitionskosten gering hielt. „Auf ein Kundennetzwerk konnte ich aber nicht mehr zurückgreifen.“ Er gründete eine Arbeitsgemeinschaft mit anderen Büros, für die er früher tätig war, und erstellte Wettbewerbsbeiträge. „Die Preisgelder sorgten bald für eine schwarze Null.“ Zudem bildete er sich zum Energieberater fort, arbeitet Kollegen zu und präsentiert sich auf Messen.

Der erste Auftrag kam ein Jahr nach der Gründung: eine Villa in der Provinz. Sie zog zwei weitere Projekte nach sich. „Gerade in einem eher ländlich geprägten Raum ist die Akquisition von qualitätsvollen Aufträgen, die sich rechnen, besonders schwierig.“

Sabine Schütte und Claudia Ronge (r.)

Innenraumplanung im Schaufenster

Sabine Schütte und Claudia Ronge von Helle Freude, Büro für Raumkonzepte, Paderborn

„Ich hätte es nie allein gewagt“, sagt die Innenarchitektin Sabine Schütte. Zusammen mit Claudia Ronge gründete sie 2004 in ihrer Heimatstadt Paderborn das Innenarchitekturbüro Helle Freude. „Das Schwierigste war, die Leistungen zu definieren, die wir anbieten wollten.“ Es wurden schließlich drei: Innenarchitektur-Planungen, Wohnberatung und Seminare zu Licht und Farbe.

„Am Anfang haben wir vor allem über die Seminare Kunden erreicht.“ Nicht nur dadurch wurde die Arbeit der Innenarchitektinnen für interessierte Laien transparent. Ihre Räume im Erdgeschoss eines zentral gelegenen Eckgebäudes sind durch Schaufenster von der Straße einsehbar. „Wir haben zwischenzeitlich überlegt, in ein größeres Büro umzuziehen, aber unsere offenen Räume schaffen sehr gute Präsenz bei potenziellen Kunden.“ Schon nach einem Jahr hatten sie ihren Investitionskredit zurückgezahlt.

Bald kamen größere Planungsprojekte für Gewerbebauten; sie (es sind nur zwei Inhaberinnen) mussten die Seminare zurückstellen. Sabine Schütte berichtet: „Trotz der guten Auftragslage hatten wir aber anfangs noch viele Zweifel, vor allem wegen der extrem hohen Arbeitsbelastung bei erst nur geringem Gewinn. Doch wir standen als Team voll dahinter.“ Ihr Tipp an Gründungswillige: „Man sollte sich nie unter Wert verkaufen.“ Hat sie keine Angst vor Fehlern? „Es gibt immer Gebiete, die neu für uns sind. Mit einem guten Netzwerk aus verschiedenen Fachleuten kann man alles lösen. Letztendlich haben wir erkannt: Es gibt keine Fehler, es gibt nur Prozesse.“

Ute Roth

Frei in Teilzeit

Ute Roth von Lebensraum Architektur und Design, Lorsch

„Man muss warten, bis die Zeit reif ist“, sagt die Architektin Ute Roth. Sie war zunächst sechs Jahre freie Mitarbeiterin in anderen Büros. „Irgendwann sollte man sich entscheiden: Will man richtig selbstständig sein oder fest angestellt? Sonst entwickelt man sich auch persönlich nicht weiter und zahlt drauf.

Ich wollte schon lange den Schritt in die Selbstständigkeit gehen, nur wusste ich nicht wie.“ Schließlich reduzierte sie die freie Mitarbeit auf drei Gleittage in der Woche und arbeitete an zwei anderen im eigenen Büro. „Wenn beide, Arbeitgeber und freier Mitarbeiter, begreifen, dass eine freie Zeiteinteilung auch Flexibilität bedeutet, dann funktioniert das Zusammenspiel gut. Ich finde es schön, weiterhin in einem Team eingebunden zu sein und parallel dazu langsam in die Selbstständigkeit reinzuwachsen.“ Neben der Architektur bietet sie auch Design und Webdesign an, die Aufträge verteilen sich gleichmäßig auf ihre Standbeine. Sie begann mit kleineren Anbauten und Sanierungen, aber sie hatte von Beginn an Kunden. „Ich habe nie aktiv akquiriert.

Über Freunde und Bekannte wurde ich einfach angefragt, und ich kooperierte zeitweise mit einer ebenfalls freien Architektin.“ Schwierig war für sie vor allem, den Wert der eigenen Leistung einzuschätzen. Die Selbstständigkeit forderte die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit; Selbstzweifel waren die Folge. „Es gibt keine Selbstständigkeit ohne den Weg zu sich selbst.“ Schließlich rät sie: „Man sollte sich generell fragen: Bin ich eine Persönlichkeit, die auf Sicherheit setzt, oder liegt mir die Freiheit mehr?“

Resumee der Erfahrungen

Leistungsbereitschaft

Ein überdurchschnittliches Arbeitsengagement ist zwar auch für viele angestellte Architekten nichts Ungewöhnliches, aber als Grundlage für die Selbstständigkeit unbedingt nötig. Gründer müssen in unbezahlte Vorleistung treten – beim Kundenkontakt und beim Aufbau einer Büroorganisation, einer Webseite oder eines Leistungsprofils. Erst im Nachhinein zeigt sich, ob sich die Arbeit gelohnt hat.

Unternehmerisches Denken und Netzwerk

Gründer können sich ein Netzwerk und den damit verbundenen Bekanntheitsgrad selbst aufbauen. Der eine ist ehrenamtlich in seiner Gemeinde aktiv. Der andere präsentiert sich auf wichtigen Fachveranstaltungen, hält Vorträge, bietet Beratungen an und zeigt sein Gesicht auch außerhalb des Büros. Außenwirkung fängt bereits bei der geschickten Wahl der Büroräume an, wie das Büro Helle Freude beweist. Der Aufbau eines Netzwerkes ist ein wesentlicher Teil der Arbeit, nicht nur im Gründungsjahr. Dazu kommen organisatorische Arbeiten, die Büroorganisation, Steuern und Abrechnungen.

50 bis 80 Prozent ihrer Zeit wendeten die fünf Architekten für Organisation und Akquisition auf. Später sollte man immer noch 40 Prozent dafür einrechnen. Wichtige Helfer sind die Steuerberater – bei der Gründung, beim Geschäftsplan zur Beantragung von Krediten oder Zuschüssen und bei der Anmeldung und Erklärung von Steuern.

Finanzpolster

Eine finanzielle Absicherung trägt den Gründer über sein erstes und, wenn notwendig, auch über sein zweites Gründungsjahr und deckt die Investitionen. Dabei bekamen einige der fünf Architekten Hilfe – den staatlichen Gründungszuschuss, ein Preisgeld oder einen Investitionskredit. Andere Möglichkeiten sind Gründungsstipendien oder die Gründung in Teilzeit. Die Sachkosten zur Unterhaltung eines Architekturbüros betragen rund 18 000 Euro pro Jahr. Dazu kommen die Kosten für den eigenen Lebensunterhalt.

Innere Einstellung

Zwar erlebten alle fünf Architekten Zweifel an ihrem Vorhaben, Ärger über unbezahlte Leistungen und fehlenden Gewinn. Doch die Motivation war stärker, sodass sie bis zum ersten Auftrag durchhielten, auch wenn dieser manches Mal lange auf sich warten ließ.

Und die aufkommende Wirtschaftskrise? Bisher machen sich die fünf noch wenig Sorgen: „Im Moment können wir keinen Rückgang in Bezug auf die aktuelle Auftragslage erkennen“, sagt Heike Schmidt. Marion Daum-Klipstein meint: „Durch mein breites Leistungsspektrum und die flexible Bürostruktur finden sich immer Tätigkeiten.“ Christian Hauss profitiert von „spürbar erhöhten Nachfragen der letzten Monate“. „Nach den virtuellen Renditeversprechungen unserer Banker sind reale Investitionen im Bausektor mittelfristig wieder attraktiver, oder?“ Auch Sabine Schütte steht der drohenden Konjunkturflaute optimistisch gegenüber, „da wir als gut funktionierendes Team immer flexibel und offen für Veränderungen sind“.

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