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[ Architekturbiennale in Venedig ]

Jenseits

Architektur sei mehr als Gebautes, verkündete der Biennale-Kurator in Venedig. Auf der Schau ist eher weniger Gebautes zu sehen.

Nervensache: das Wiener Büro Coop Himmelb(l)au stellt in Venedig ein „Brain City Lab“ vor und teilt mit, es gehe um Verbindungen zwischen der Architektur des menschlichen Gehirns und komplexen städtischen Strukturen.

Cordula Rau
Venedigs elfte Biennale ist die größte internationale Ausstellung für Architektur und Städtebau – will aber weit darüber hinaus. Denn was bedeutet überhaupt Architektur? „Architektur ist mehr als nur Gebautes“, erklärt der Kurator Aaron Betsky. Mit der verheißungsvollen Botschaft kündigt er das Thema „Out there – Architecture beyond Building“ an.

Jenseits des Gebäudes – das klingt paradox und daher grundsätzlich spannend. Es sind keine gebauten Projekte und Entwürfe zu sehen, sondern Präsentationen anderer Art: Aaron Betsky lud die Stars der Szene ein. Zwei Dutzend groß angelegter Raummodelle und Installationen sind wie an einer Perlenschnur aufgefädelt. Entlang der Haupthalle des Arsenale reihen sich mehr oder weniger schillernd Arbeiten von Asymptote, Coop Himmelb(l)au, Zaha Hadid, Frank O. Gehry, UN Studio, Massimiliano Fuksas und einigen anderen aneinander. Betsky interessieren nicht Lösungen, also Gebautes, sondern Fragmente.

Ins Auge fällt der Hang zum Spiel. Ob das Greg Lynn mit seinem Plastikspielzeug ist, der dafür wenig nachvollziehbar einen Goldenen Löwen erhält, oder die mit Monitoren und Lautsprechern ausgestattete, neu aufgelegte Plexiglasblase von Coop Himmelb(l)au, die den Herzschlag des Besuchers visuell und klanglich erfahrbar macht. Dieser Entwurf ist allerdings nicht ganz neu, sondern von 1968. Die überdimensionalen Orgelpfeifen im Nomadic Garden von Barkow Leibinger sind Figuren eines Brettspiels, an dem der Besucher beteiligt wird. Dagegen stimmt der Beitrag von Diller Scofidio nachdenklich.

Die Projektion zeigt auf zwei sich gegenüberstehenden Videowänden Gondelfahrten in Venedig und deren Imitat überall auf der Welt. Die Frage nach Authentizität und Verortung steht im Raum. Insgesamt aber entsteht der Eindruck, kaum wirklich Visionäres gesehen zu haben.

In den Länderpavillons sind die dargestellten Theorien spannungsreicher. Russland tischt unverblümt ein Schachspiel mit Figuren russischer und importierter Architektur auf. Noch plakativer mit politisch gefärbter Note ist die grellgelbe Pipeline der Esten, die quer durchs Gelände von Russland nach Deutschland führt.

Die Deutschen haben das Thema Nachhaltigkeit ernst genommen. „Updating Germany“ zeigt ökologisch und sozial nachhaltige Projekte, kleine Schritte in eine bessere Zukunft. Dass die Natur bereits am Tropf hängt, wird im Pavillon bildhaft vorgeführt. Der Spieltrieb ist bei der Ausstellung ebenfalls unverkennbar. Ein Mobile, das Symbol für die stetige Suche nach dem Gleichgewicht, steht im Zentrum und hält das Ungleichgewicht der Welt vor Augen. Das Sinnbild ist aus der Balance geraten, ein Teil der Ausstellung liegt am Boden. Das ist die Absicht der Gestalter.

Ästhetisch stimmungsvoll sieht man gegenüber bei den Japanern feine Bleistiftzeichnungen an den Wänden, die variationsreich die Beziehung zwischen Architektur und Natur thematisieren. Radikal wie bewundernswert wirkt Belgiens Beitrag „After the Party“ durch den komplett ausgeräumten, mit Konfetti übersäten Pavillon.

Den Goldenen Löwen für den besten Beitrag in den Giardini erhält der polnische Pavillon. Er zeigt die spätere Umnutzung von glamourösen Prestigegebäuden in apokalyptisch düsteren Farben. Noch ist es nur ein einprägsames Bild, die schwerwiegende Montage eines Künstlers. Im Gegensatz dazu schwebt leicht und spielerisch im italienischen Pavillon die Installation aus Bambusstangen und Stühlen von Herzog & de Meuron und dem chinesischen Künstler Ai Weiwei. Sie durchmisst wie ein geworfener Ball im Hin und Her den Raum.

Cordula Rau ist Architektin und freie Journalistin in München.

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