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[ Bauträger ]

Oft Feind, manchmal Freund

Bekämpfen, ignorieren und bedienen – bewährte Strategien gegenüber Bauträgern.

Unbehandelt: Einfamilienhaus Mörtl in München-Feldmoching von Hanno Kapfenberger in ökologischer Holzrahmenbauweise.

Fred Wagner
„Es ist frappierend, welche Unwissenheit über unsere Arbeit vorherrscht“, schimpft der Münchener Architekt Hanno Kapfenberger. „Fast jeder Bauherr hat das Vorurteil, wir würden teuer bauen.“ Das Gegenteil sei aber der Fall, so Kapfenberger: „Bauen ohne Bauträgergewinne und Grunderwerbssteuer auf das Gebäude spart mindestens zehn Prozent der Kosten – es können sogar 30 Prozent sein.“

Der Markt für Eigenheime wird von Bauträgern und selbst ernannten Schlüsselfertiganbietern beherrscht. Vertragspartner privater Bauherren – so eine aktuelle Umfrage des Bauherren-Schutzbundes – sind zu 90 Prozent Bauträger und Generalunternehmer, nur jeder Zehnte baut mit einem freien Architekten.

Mit Bauherrenseminaren aufklären

„Hier herrscht dringender Aufklärungsbedarf“, sagt Norbert Rosengarten aus Weilrod in Hessen und schlägt vor: „Von kleinen regionalen Architektengruppen sollten Bauwillige über die Arbeit des Architekten informiert werden, um Aufträge zu sichern.“ Etwa in der Form von Energieberatungstagen oder Bauherrenseminaren.

Solche Seminare bietet zum Beispiel die Kammer von Niedersachsen, seit Februar auch die von Nordrhein-Westfalen. Ihr Vizepräsident Christian Schramm: „Es muss uns darum gehen, private Bauherren als potenzielle Auftraggeber nicht einfach zugunsten von Bauträgern und Großanbietern aufzugeben, sondern um die Aufmerksamkeit und das Interesse dieser wichtigen Kundengruppe aktiv zu kämpfen.“

Der Kampf lohnt sich: 1 662 potenzielle Bauherren ließen sich von der nordrhein-westfälischen Kammer schon binnen weniger Monate informieren. Die Mehrheit konnte sich danach ein Projekt mit einem Architekten sehr gut vorstellen. Die jeweils rund zweistündigen Veranstaltungen sind so aufgebaut, dass den Teilnehmern ausreichend Zeit für individuelle Fragen und zur Diskussion bleibt. „Damit sprechen wir zum ersten Mal den Endverbraucher des Architekten an“, erklärt Kammersprecher Christof Rose. Auf besonders großes Interesse bei Bauherren stoßen die Themen „Kostengünstig planen und bauen“, „Energetische Optimierung von Gebäuden“, „Bauen im Bestand“ sowie „Freiraum- und Gartengestaltung“.

Verbindend: Neubau einer Produktionshalle mit Verwaltungsgebäude in Tuttlingen von Rolf Weber.

Bauträger als Arbeitgeber

Alfons Kraus aus Tuttlingen in Baden-Württemberg hat eine andere Perspektive: Zahlreiche Architekten sind als Bauträger tätig oder bei ihnen angestellt oder arbeiten selbstständig für sie. Kraus: „Ich habe mehrere Projekte mit verschiedenen Bauträgern ausgeführt und dabei durchaus positive Erfahrungen gemacht. Bauträger erwarten schnelle und bis ins Detail führende Planung mit einer zuverlässigen Kostenplanung, akribischer Terminplanung sowie sorgfältiger Objektüberwachung.

Dafür sind sie bereit, ein angemessenes Honorar nach der HOAI zu zahlen.“ Und die Kammern vertreten auch Architekten, die als Bauträger oder für sie arbeiten.Klaus Wehrle aus Gutach-Bleibach, Vorstandsmitglied der Kammer Baden-Württemberg, sieht das ähnlich: „Die Kammer kann nicht die Arbeit für die Kollegen machen und Aufträge beschaffen. Sie ist dazu da, die Rahmenbedingungen zu sichern.“ Auf die Frage nach dem Leistungsbild des Architekten in der Öffentlichkeit antwortet Wehrle: „Da ist sich die Architektenschaft nicht einig.“ Es müsse zunächst klar sein, was Architekten eigentlich sein wollen. Wehrle: „Sind sie unabhängige Planer und Künstler oder fest eingebundener Bestandteil der Wertschöpfungskette Bau?“

Bei der Entwicklung des Selbstverständnisses von Architekten könne die Kammer viel leisten. Wehrle hat aber auch einen Rat, um sich gegen Bauträger zu behaupten: „Man sollte sich ein Konzept überlegen, das die eigenen Stärken nutzt. Zum Beispiel das Thema Baugruppe oder die Projektentwicklung.“

Lohnend: Der Neubau eines Privathauses in Obernburg am Main war der Folgeauftrag für Thomas Witte zu einem Umbau in der Nachbarschaft.

Bauträgerangebot zerpflücken

Thomas Witte aus Aschaffenburg teilt Bauträger in zwei Kategorien ein. Die einen betreiben Projektentwicklung und
–abwicklung sowie Vertrieb, wogegen es keine Einwände gebe. Dies sei eine kaufmännische Tätigkeit und die Architektenleistung ist Teil der Gesamtleistung. Die Leistungen Grundstücksbeschaffung und Vertrieb seien ohnehin keine   Architektenleistungen. Diese würden separat im Auftrag des Bauträgers erbracht.

Ganz anders sehe es aber mit der häufigsten Form der Bauträgerarbeit aus, meint Witte. Hier trete der Bauträger in direkte Konkurrenz zum Architekten. Dabei nutze er Möglichkeiten, die dieser als Treuhänder des Bauherrn nicht hat. Leistungsbeschreibungen seien bewusst äußerst ungenau und unverbindlich. Witte hat jedoch eine Erfolgsstrategie zur Überzeugung von Bauherren: „Das Geheimnis ist Aufklärung, Aufklärung und nochmals Aufklärung.“ Er wirbt für die Architektenschaft im Allgemeinen und sagt dem Bauherrn, dass er auch zu einem Kollegen gehen könne – nur nicht zu einem Bauträger.

Wenn der Bauherr schon das Angebot eines Bauträgers hat, analysiert Witte die Baubeschreibung und zeigt, was der Bauherr alles nicht bekommt und wie geschickt diese Nichtleistung umschrieben ist. Witte: „Die meis­ten können es dann gar nicht fassen, dass sie so über den Tisch gezogen werden.“ Danach fordert er die Bauherren auf, noch einmal mit dem Bauträger zu sprechen, um sich Nachträge geben zu lassen. Witte: „Viele gehen diesen Schritt jedoch schon gar nicht mehr. Wenn doch, kommt meistens vom Bauträger überhaupt kein Angebot mehr, da er den aufgeklärten Kunden nicht haben möchte.“

Dem Kunden gegenüber offen

Witte zeigt den Bauwilligen auch, wie transparent er in der Ausschreibung und Mitwirkung der Vergabe arbeitet und wie man schon durch eine engagierte Planung Kosten sparen kann. „Fast alle begreifen dann, dass das Architektenhonorar nicht höher sein kann als die Gewinnmarge des Bauträgers.“ Hilfreich sei dabei, dass er regelmäßig für einen Projektentwickler arbeite, der alle paar Jahre ein Mehrfamilienhaus baut. „Wir rechnen dann vor, dass dieser uns unser normales Honorar bezahlt und trotzdem noch einmal das Eineinhalb- bis Zweifache unseres Honorars am Objekt verdient.“

Einen anderen Weg der Aufklärung geht Rolf Weber aus Gosheim in Baden-Württemberg. Er hat zusammen mit seinen Bürokollegen eine „Liste der zehn wichtigsten Argumente“ zum Thema erarbeitet und auf die Hompage gestellt (siehe unten). Wenn es nach Weber ginge, müsste jeder Architekt diese zehn Punkte auf seiner Webseite verbreiten: „Wir sollten jeden, der sich für unsere Arbeit interessiert, informieren, warum sich die Zusammenarbeit lohnt.“ Für ihn selbst hat es sich bereits gelohnt: „Die Nachfrage nach Aufträgen hat sich seit der Überarbeitung unseres Internetauftrittes und der Veröffentlichung der Lis­te spürbar verstärkt.“

Altes Problem

„Derjenige, der ein Bauwerk auf eigene Rechnung errichtet und schlüsselfertig anbietet, wird auch alles daransetzen, eine gute Leistung zu erbringen. Es soll keinem Baugewerbetreibenden unterstellt werden, dass er nicht sein Bestes geben will. Er verdient aber im Gegensatz zum freien Architekten daran, wenn er das Bauwerk ‚billig‘ herstellt, Mängel vertuscht usw. Vor allem in Krisensituationen besteht die Gefahr, dass er durch ‚Einsparungen‘ seinen Gewinn zu vermehren und seinen Verlust zu vermindern versucht. Deshalb kann ihm keine Sachwalterstellung zukommen. Vielmehr ist er ein echter ‚Vertragspartner‘, der nach Gewinn strebt, dem gegenüber deshalb kritische Wachsamkeit angebracht ist. Gerade um ihn zu überwachen, bedarf es des „freien Architekten“.

(Aus einem Urteil des Landesberufsgerichts Baden-Württemberg 1988)

Riklef Rambow: „Architekten müssen ihre Einzigartigkeit und Kompetenz deutlich machen.“

„Maßschneider statt Massenfabrikant“

Warum haben Bauherren immer wieder Kontaktprobleme mit Architekten?
Weil individuelle Architektur als Luxusvariante erscheint. Der Architekt wird wie ein Schneider empfunden, der individuelle Maßarbeit leistet. Die ist natürlich viel teurer und aufwendiger als die Ware von der Stange. Dazu kommt, dass die wenigsten Leute persönliche Erfahrungen mit Architekten haben, sondern ihr Wissen vom Hörensagen haben. Und dort kursieren leider auch Geschichten, die sehr problematisch sind: von Architekten, die kompromisslos ihre eigenen Vorstellungen verfolgen, unverständlich kommunizieren, die sehr teuer bauen.

Sollten Architekten lieber die Botschaft verbreiten:
„Wir sind in Wahrheit die besseren Bauträger“ oder sollten sie besser sagen: „Du bekommst bei uns etwas anderes“?

Das ist eine Frage der persönlichen Strategie. Ich denke, man sollte den Unterschied nicht zu verleugnen versuchen. Architekten müssen ihre Einzigartigkeit und Kompetenz deutlich machen. Nur muss das so geschehen, dass es nicht extravagant wirkt, sonst wird Architektur etwas für eine sehr kleine Kundenschicht. Man sollte eher vorgehen wie ein Maßschneider, der zu sehr konkurrenzfähigen Preisen Anzüge und Hemden liefert. Sich also von der Serienfertigung abgrenzen, aber so, dass der Nutzen für den Bauherrn klar zu erkennen ist. Die größte Angst für den Bauherrn ist die, dass Architekten nur etwas für die Magazine produzieren möchten.

Dann muss die Botschaft an den Bauherrn lauten: „Ich mache das, was Sie wollen.“
Ja, mit dem Zusatz: „Ich kann Ihnen Vorschläge unterbreiten, an die Sie noch gar nicht gedacht haben – zusammen finden wir die ideale Lösung.“

Riklef Rambow ist Psychologe und lehrt Architektur­vermittlung an der BTU Cottbus.


Unlautere Bauträger

Mit Qualitätsmängeln, fehlender Fachkompetenz und Unwahrheiten werden ahnungslose Bauherren geködert.

Miese Qualität: Immer mehr Bauträger arbeiten mit unqualifizierten Subunternehmern, berichtet der Verband Privater Bauherren (VPB).  Um die Kosten zu drücken, suchen sie sich die billigste Firma aus, egal ob deren Mitarbeiter überhaupt qualifiziert sind oder nicht.

Gefälschte Gutachten: Tausenden Hausbesitzern droht die Rückzahlung öffentlicher Fördermittel zur Energieeinsparung, berichtet ebenfalls der VPB. Grund: Die für Fördermittel relevanten Vorschriften werden von vielen Schlüsselfertiganbietern und Bauträgern nicht eingehalten.

Der VPB rät: Den Energiesparnachweis unbedingt frühzeitig vom Bauunternehmer aushändigen lassen und rechtzeitig vor Baubeginn von einem unabhängigen Sachverständigen prüfen lassen. Falls nötig: Nachbesserungen einfordern. Allerdings bekommen Bauherren das Dokument nur vor Baubeginn ausgehändigt, wenn sie dies im Kaufvertrag des Hauses auch so festgeschrieben haben.

Ähnlich verhält es sich mit den Baustellenkontrollen: Wenn sie im ­Kaufvertrag stehen, kann der unabhängige Sachverständige während der Bauphase im Auftrag des Käufers kontrollieren, auch wenn diesem das Grundstück noch nicht gehört, ob die Berechnungen zur Energie­einsparung auch umgesetzt und die vorgesehenen Materialien eingebaut werden.

Wettbewerbsverstöße: Auch der aktuelle Bericht der Wettbewerbszentrale ging kürzlich gegen einen Bauträger vor, der Architekten geschmäht hatte:

„Der Architekt fertigt Leistungsverzeichnisse an. Leider ist es hier oft so, dass detailliertes Fachwissen fehlt und dies zu höheren Preisen bei den Handwerkern führt.“

„Da sich auch viele Architekten dem Markt und dem Bauträger anpassen müssen, arbeiten sie für einen Bauträger. Wiederum zum Nachteil des Bauherrn, da hier aus Kostengründen keine vernünftige Planung durchgeführt wird.“

„Weiterhin stimmt es bedenklich, wenn der Architekt nur das Baugesuch anfertigt, nicht aber die Werkplanung, geschweige denn die Bauleitung ausführen möchte … Nicht umsonst liest und hört man oft in den Medien den Satz: „Falsche Planung kostet bis zu 25 000 Euro mehr‘.“

Der Bauträger hat sich inzwischen verpflichtet, dies nicht mehr zu behaupten.

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