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[ HOAI ]

Entwurf mit Verwerfungen

Der Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums zur HOAI hat schwere Mängel. Reformversprechen sind nicht eingehalten. Eine Analyse der Bundesarchitektenkammer.

Bundeswirtschaftsministerium gegen Bundesarchitektenkammer: Die HOAI hält nicht Ihre Reformversprechen.

Das Ministerium behauptet:Die in der Novelle enthaltenen Regelungen zur drastischen Beschränkung des Anwendungsbereichs seien erforderlich, um die HOAI „europafreundlicher“ zu machen.

Richtig ist, dass eine Veränderung des Anwendungsbereichs europarechtlich ohne Auswirkungen bleibt. Dies gilt insbesondere für die ­Verkürzungen des Leistungsbildes und der Honorartafeln. Wenn die Verordnung tatsächlich als sogenannte Inländer-HOAI konzipiert wird, erledigen sich auch europarechtliche Zwänge in Bezug auf grenzüberschreitende Dienstleistungen.

Das Ministerium behauptet: Das Honorarrecht soll in der bisherigen rechtlichen Form erhalten bleiben.

Richtig ist,dass nach dem vorgelegten Vorschlag nicht ernsthaft ­weiter von geregelten Honoraren gesprochen werden kann. Wie eine genaue Analyse des Entwurfs ergibt, ist durch zahlreiche Öffnungsklauseln eine weitgehende Abschaffung des geregelten Honorarrechts nach den ursprünglichen Vorstellungen des damaligen Wirtschafts­ministers Clement zu befürchten.

Durch einzelne Bestimmungen (zum Beispiel „Baukostenvereinbarung“) kann der verbliebene Anwendungsbereich ausgehebelt werden. Anstatt der versprochenen „berufsstandsgerechten“ Honorarregelung ist eine faktische Abschaffung des geregelten Honorarrechts mit ­dieser Novelle verbunden.

Die bislang an objektiven Kriterien ausgerichtete Honorarzonenbestimmung wurde durch Streichen der Punktbewertung und der Objektliste völlig beseitigt. Die Feststellung der anrechenbaren Kosten wurde der Beliebigkeit preisgegeben. Mit der faktischen Beseitigung der Unterscheidung zwischen Grundleistungen, besonderen Leistungen und zusätzlichen Leistungen wurde auch die Klarheit beseitigt, welche Leistungen mit dem Grundleistungshonorar abgedeckt sind.

Das Ministerium behauptet: Die Novelle diene dem Verbraucherschutz und erhöhe die Anwenderfreundlichkeit.

Richtig ist, dass gerade der nichtprofessionelle Bauherr nicht nachvollziehen kann, mit welcher Honorarforderung gerechnet werden muss. Durch die mangelnde Transparenz, mehrdeutige Begriffe und nur unklar geregelte Honorarparameter fehlt für den Auftraggeber die Möglichkeit zur Überprüfung von Honoraransprüchen.

Das Ministerium behauptet: Der Entwurf regele nur Preisrecht und verzichte auf schuldrechtliche Elemente.

Richtig ist, dass eine ganze Reihe unnötiger schuldrechtlicher/vertragsrechtlicher Regelungen neu eingeführt wird. Tatsächlich wurden die bisherigen Regelungen zu Abschlags- und Schlusszahlungen gestrichen. Der Wegfall der Möglichkeit, wie bisher Abschlagszahlungen zu fordern, ist für Architekten existenzbedrohend. Der Hinweis, dass im BGH insoweit ausreichende Regelungen zur Verfügung stehen würden, ist falsch, da diese bekanntermaßen so nicht auf Architekten­leistungen anwendbar sind. Negiert wird, dass der BGH dem bisherigen § 8 Leitbildfunktion zuerkannt hat.

Diese beispielhafte Aufzählung von ganz offensichtlichen Mängeln des vorgelegten Referentenentwurfs führt zwangsläufig zur Feststellung, dass sich dieser als eine drastische Verschlechterung der bisherigen Honorarregelungen darstellt. Darüber hinaus ergibt sich, dass die vom Bundeswirtschaftsministerium selbst propagierten Regelungsziele und Regelungsnotwendigkeiten nicht erreicht beziehungsweise offensichtlich bewusst verfehlt werden. Das Versprechen einer ­Honorarerhöhung ist nicht eingelöst worden.

Das Ministerium behauptet:Der Entwurf diene dem Bürokratieabbau und der Deregulierung und schaffe Anwendungstransparenz.

Richtig ist,dass durch eine Reihe von massiven handwerklichen Fehlern bei der Formulierung des neuen Verordnungstextes Probleme in der Praxis entstehen werden, sodass die Anwendbarkeit komplett infrage gestellt wird. Insoweit kann nicht von einer Reduzierung, sondern nur von einer Vervielfachung der Schwierigkeiten gesprochen werden. Als Beispiel sei hier auf § 1 hingewiesen, in dem es dem Verfasser nicht gelingt, den durch die einheitliche Rechtsprechung klargestellten Anwendungsbereich der HOAI eindeutig in die Verordnung aufzunehmen. Unverständlich muss bleiben, weshalb hier die Verfasser den bisher problembehafteten Text wieder ohne Korrektur übernehmen. Diese Liste lässt sich beliebig fortsetzen:

Die Berechnungsmethode für die Honorare ist nicht transparent und insbesondere für den Bauherrn kaum nachvollziehbar. Der Berechnungsmodus kann nicht funktionieren, da die einzelnen Berechnungsparameter durch die Verordnung nicht bestimmt werden und zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (aber auch später) nicht bestimmbar sind. Dies gilt für die maßgeblichen anrechenbaren Kosten, die Honorarzonen, den Leistungsumfang und die Vereinbarung des Honorarsatzes.

Anwendungsprobleme werden sich auch daraus ergeben, dass eine Reihe von undefinierten und unterschiedlich verwendeten Begriffen enthalten sind. Streitpotenzial für die Vertragsparteien sowie Auslegungsprobleme werden die Folge sein. Am deutlichsten zeigt sich dies daran, dass die Begrifflichkeit der DIN 276 (Fassung 1981!) beibehalten wurde, der Bezug zu dieser Norm allerdings ­gestrichen wurde. Des Weiteren finden sich Begriffe, die bislang im Honorarrecht unbekannt waren (zum Beispiel Bauentwurf oder Leistungsziel). Insgesamt ist also ein ­solcher Terminologiewirrwarr festzustellen, dass dem Entwurf bereits jetzt eine erhebliche Praxisferne und Unklarheit attestiert werden muss.

Das Ministerium behauptet:Der Entwurf beinhalte eine Erhöhung der geregelten Honorare um zehn Prozent.

Richtig ist, dass sich in der Gesamtschau drastische Honorarkürzungen ergeben:

  • Die angebliche Honorarerhöhung durch die Überbewertung der ­verbliebenen Leistungsphasen mit 110 Prozent erweist sich als ­Mogelpackung. Wenn nämlich Leistungen aus dem unverbindlichen Anhang hinzutreten, würde sich selbst nach Lesart des Mi­nisteriums eine Erhöhung schon rechnerisch auf etwa fünf Prozent reduzieren.
  • Nicht verpreiste Leistungen im sogenannten Anhang werden überhaupt nicht von der Erhöhung erfasst.
  • Dadurch, dass die verbliebenen Tabellen weiterhin die bisherigen ­Honorarwerte zurückgerechnet auf 52 Prozent ausweisen, wird es schwer möglich sein, einem Bauherrn zu vermitteln, dass er für ­eine vollständige Leistung (= 100 Prozent!) künftig 110 Prozent ­Honorar bezahlen soll. Es ist zu befürchten, dass es bei einem ­Honorar nach den bisherigen Tabellenwerten bleiben wird.
  • Faktisch besteht keine rechtliche Grundlage für die Vereinbarung von Zuschlägen, ebenfalls entfallen sind die sogenannten automatischen „Zuschlagsmindestsätze“ (bei Umbauten 20 Prozent).
  • Leistungen bei Umbauten, Modernisierung und Instandsetzungen werden gleich honoriert wie Leistungen bei Neubauten. Dies bedeutet Honorareinbußen in der Höhe von bis zu 33 Prozent bei Umbauten, 50 Prozent bei Instandhaltungen, 25 Prozent bei raumbildendem Ausbau.
  • Das BMWi-Modell zur Bestimmung der anrechenbaren Kosten führt – im Gegensatz zum differenzierten Regelungsvorschlag der BAK – zur beliebigen Festlegungen der Honorarbasis (s.o.), weil zu diesem Zeitpunkt noch keine planerischen Parameter vorliegen.
  • Durch eine Öffnungsklausel in der Bestimmung zum Leistungsbild wird sogar der bisher abschließende Charakter der Grundleistungen aufgehoben. Da die Abgrenzung zwischen Grundleistung und ­besonderen Leistungen ebenfalls komplett gestrichen wurde, wird für die Praxis ein Streit darüber vorprogrammiert, welche Leistungen mit dem verbliebenen Tabellenhonorar abgedeckt sind und welche zusätzlich im Rahmen einer freien Vereinbarung honoriert werden müssen.
  • Die völlig verunglückte Bonus-Malus-Regelung legitimiert Mindestsatzunterschreitungen.
  • Alle Regelungen, die in den sogenannten Anhang verschoben ­worden sind, bleiben ohne Relevanz, da der Verordnungsteil mit keinem Wort Bezug auf diesen Anhang nimmt oder diesen in anderer Art und ­Weise einbezieht. Es ist daher schlicht verfehlt, wenn hinsichtlich der gestrichenen Regelungen auf einen „unverbindlichen Verordnungsteil“ verwiesen wird. Auch von der propagierten „Geländerlösung“ kann mangels Rahmen- oder Auffangfunktion schon keine Rede mehr sein.

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