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[ Algen an Fassaden ]

Ungeliebtes Grün

Stören Algen die Ästhetik des Gebäudes? Damit der Bauherr nicht ihretwegen vor Gericht zieht, muss ihn der Architekt früh informieren.

Wasserabläufe entlang der Fassade begünstigen die Algen-bildung

Ralf Schneider

Algen an Fassaden haben sich in den letzten Jahren erheblich vermehrt – ebenso wie die Bauprozesse zu diesem Thema. Bauherren sehen darin einen Mangel, der zu beheben ist, und klagen vor Gericht. Jedoch schon 2005 wurde in einem Gutachten des Instituts für Baurecht Freiburg i. Br. e.V. (Professor Dr. Vygen, RAe Haitz und Wiedemann) festgestellt: „Algen und Pilze an der Fassade begründen grundsätzlich keinen Mangel der Werkleistung, da der Putz in seiner Substanz nicht geschädigt wird. Algenbefall kann aber zu einer optischen Beeinträchtigung führen.“ Der Bauherr könnte demnach behaupten: Vereinbart war eine weiße Fassade und keine mit grau-grünen Flecken. Abwegig ist diese Begründung keinesfalls. Auch im Sinne der Rechtssprechung hat die Fassade neben bauphysikalischen Aufgaben sehr wohl auch gestalterische zu erfüllen. Das trifft dem Grunde nach auch für mit Algen oder anderen Mikroorganismen, wie Flechten oder Moosen, befallene Außenwände zu.

Fassade mit besonders starkem Algenbefall

Gerichtliche Auseinandersetzungen

gibt es meist dann, wenn die grau-grünen Verfärbungen innerhalb der Gewährleistungszeit auftreten. Ist die Veralgung nachweislich nicht durch einen fehlerhaft geplanten und ausgeführten Wetterschutz der Fassade entstanden, ist der Architekt in der Regel auf der sicheren Seite – aber nur, wenn er seiner Beratungs- und Hinweispflicht nachgekommen ist. Der Architekt sollte daher stets den Bauherrn unter Berücksichtigung der äußeren Einflüsse, wie der Lage des Gebäudes oder der Dämmung der Außenwände, auf die mögliche Gefahr der Algenbildung hinweisen; dies nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich dokumentieren und vom Bauherrn unterschreiben lassen.

Fassade im Neuzustand

Sicher ist sicher. Obwohl es keine generelle, allumfassende Informationspflicht über alle denkbaren, mit einer Baumaßnahme verbundenen Risiken gibt, ist dem Architekten im Hinblick auf das vorgenannte Rechtsgutachten und bekannte OLG-Urteile in dieser Angelegenheit zu raten, den Bauherrn (Auftraggeber) über das Risiko einer Fassadenveralgung nachweislich aufzuklären. Das Gleiche ist ausführenden Unternehmen zu empfehlen.

Umweltphänomen

Paradox: Seit Kraftwerke nur noch mit Entschwefelungsanlagen betrieben werden und Gebäude hoch wärmegedämmt sind, breiten sich an Fassaden Algen und Pilze aus. Ihr Wachstum wird durch den vormals schwefel­dioxidhaltigen „sauren“ Regen nicht mehr gebremst. Gleichzeitig bleiben die Oberflächen der Außenwände, besonders bei mit Wärmedämmverbundsystemen bekleideten Fassaden, länger feucht. Es gelangt kaum noch Wärme aus dem Gebäudeinnern an die Wandoberfläche, was den Temperaturunterschied zur Außenluft drastisch minimiert. Ob Morgentau- oder Niederschlagswasser, die Feuchte verdunstet dadurch nur noch sehr langsam. Beides zusammen bietet einen idealen Nährboden für Algen und Co.

Algenbefall verzögern

Die Hersteller von Putzen und Oberflächenbeschichtungen von Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) haben längst auf die veränderten Bedingungen reagiert. Den reinigenden Effekt des sauren Regens haben Nanotechnologie, fungizide und algizide Produktzusätze übernommen. Zwar verlieren die Wirkstoffe im Lauf der Zeit aufgrund der Witterung ihre Kraft. Sie können den Algenbefall jedoch um Jahre verzögern, im Idealfall bis zur ohnehin erforderlichen Renovierung. Da die Putze werkseitig nicht standardmäßig mit Algenschutz ausgerüstet sind, sollte man die Entscheidung darüber nicht vergessen. Der Fachverband für WDVS rät zu einer schriftlichen Bestätigung, wenn der Bauherr eine Oberflächenbeschichtung ohne algizide Zusätze wünscht.

Wetterschutz sicherstellen

Diese konstruktiven Maßnahmen sind notwendig:
– Ein ausreichender Dachüberstand ist unerlässlich, um Niederschlagswasser von der Fassade fernzu-halten. Gleichzeitig wird damit eine schnelle Abkühlung der Außenwandoberfläche durch Feuchtigkeit in der Nacht minimiert.
– Bauteile wie Attiken und Gesimse, Fensterbänke oder herzustellende Tropfkanten und Ähnliches sind so zu planen und auszuführen, dass die Fassade nicht zusätzlich mit Wasser beaufschlagt wird.
– Spritzwasserschutz ist besonders in Bereichen wie dem Gebäudesockel (Regenstreifen), Balkonen, Terrassen, Vordächern oder Aufbau-Rollladenkästen zu gewährleisten.

Dipl.-Ing. Ralf Schneider ist ö.b.u.v. Sachverständiger für das Maler- und Lackiererhandwerk einschließlich Verputz- und Trockenbau.

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