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Zurück Nachwuchs-Kolumne #198

Ohne Pflanzen keine Landschaftsarchitektur

Wenn ein Professor befürchtet, dass Studierende der Landschaftsarchitektur kaum Freude an Pflanzen haben, stimmt etwas nicht. Ein Plädoyer für die wichtigste Grundlage unseres Schaffens.

Von: Luisa Richter
Luisa Richter schreibt über Landschaftsarchitektur an den Unis, im Beruf...

10.04.20244 Min. Kommentar schreiben
Ast mit unterschiedlich farbigen Blättern
Jede Pflanze und jeder Baum ist anders: eine rieisge Chance für individuell gestaltete Freiräume.

Seit ich angefangen habe, die Nachwuchs-Kolumne zu schreiben, möchte ich über ein spezielles Thema schreiben: „Nicht jede:r Landschaftsarchitekt:in ist Pflanzen-Nerd.“ Aktuell lerne ich für eine mündliche Prüfung über Theorien der Pflanzenverwendung. Dazu schrieb unser Professor auf eine seiner Folien:

„Die Pflanzenverwendung zeichnet sich innerhalb der Landschaftsarchitektur durch ihre Nähe zu den Naturwissenschaften, der Botanik und der Ökologie aus. Sie besitzt einen dazu notwendigen, überproportional großen Wissenshintergrund. Deshalb war und ist sie immer denjenigen suspekt, die nur künstlerische Inspiration vertrauen oder aber visionäre Konzepte entwickeln, ohne an ihre Ausführbarkeit zu denken. Der notwendige Wissensvorrat schreckt aber auch viele Landschaftsarchitekten ab und führt zu einer unnötigen Abgrenzung.“

Landschaftsarchitektur ohne Pflanzen?

So kam ich wieder zu meinem ursprünglichen Gedanken, warum ich das Thema Pflanzen-Nerds auf meiner Liste habe. Da ich vor Landschaftsarchitektur auf Lehramt studiert habe und deshalb in ein höheres Semester einsteigen konnte, habe ich das Studium im Sommer begonnen. So kam es, dass meine erste Veranstaltung im Bachelor eine Vorlesung namens „Pflanzenkunde und Verwendung“ war. Unser Professor sagte am Anfang, er wisse, dass nicht jeder Pflanzen liebe. Das sei nicht die Stärke aller Studierenden der Landschaftsarchitektur. Aber wir müssten da nun durch und er hoffe, wenigstens einige würden Freude daran finden.

Am Anfang ein Schock

Davon war ich schockiert. Und auch nach nun einigen Semestern im Studium kann ich es immer noch nicht verstehen. Was prägt unsere Arbeit denn, wenn nicht unser Bezug zu Pflanzen? Ist es nicht gerade unsere Fähigkeit, unsere Kunst, die richtige Pflanze für den passenden Standort zu finden, diese mit anderen Pflanzen zu kombinieren und so Bilder und Räume zu erzeugen, die einen qualitativen Freiraum ergeben? Ganz sicher kenne ich nicht jede Pflanze. Die Fähigkeit, jede Pflanze erkennen zu können und zu wissen, wie man sie einsetzt, habe ich schon einige mal als „Superkraft“ benannt, die ich gern hätte …

Luftaufnahme des Stadtraums Superkilen in Kopenhagen
Der öffentliche Freiraum „Superkilen“ in Kopenhagen ist ein Reiseziel für Architekturbegeisterte aus aller Welt. Er wurde von Landschaftsarchitekt:innen (mit)geplant. Aber Pflanzen gibt es außer einigen eng eingefassten Bäumen kaum. Und die brauchen eine Generation, bis sie zu einem grünen Blätterdach werden.

Pflanzen prägen Außenräume

Auch habe ich einige Semester gebraucht, um mir überhaupt die richtigen botanischen Namen zu merken und sie von meinem Gehirn nicht als wilden Zauberspruch abstempeln zu lassen. Aber ganz sicher glaube ich, dass wir uns alle viel stärker mit dem Reichtum an Pflanzen beschäftigen müssen. Macht die richtige Pflanzenverwendung nicht den Unterschied zwischen einem Projekt und einem herausragenden Projekt aus?

Ist es nicht eine Kunst, die viele Jahre geübt werden muss, unseren Entwurf, unsere Idee für einen Ort mit Pflanzen zum Leben zu erwecken? Im wahrsten Sinne zum Leben. Wir arbeiten und planen mit Lebewesen. Dadurch haben wir die Fähigkeit, mit der richtigen Verwendung von Pflanzen unterschiedliche Räume und Wirkungen zu erzeugen, nicht nur im Laufe eines Jahres sondern auch für viele weitere.

Entwürfe brauchen Zeit zum Wachsen

Das kann man mit Hochbauarchitektur nicht leisten. Ein Gebäude ist zum Zeitpunkt seines Bauabschlusses schon fertig. Ein Freiraum braucht hingegen Jahre, bis er das verkaufte Bild eines Wettbewerbsentwurfs erreicht hat. Neugepflanzte Bäume haben oft erst nach über 20 Jahren eine ansehnliche Größe. In dieser Zeit wird ein Mensch geboren und volljährig. Und erst dann wird der geplante Zustand langsam erreicht.

Pflanzen sind Teil unserer Lösungen

Ich denke, gerade aktuell mit den klimatischen Herausforderungen, die auf uns zukommen, müssen wir wissen, welche Pflanzen wir brauchen. Wir müssen uns den nötigen Wissensvorrat anlegen und dürfen nicht nur ein bis zwei Personen im Büro haben, die verrückt genug waren, sich mit Pflanzen zu beschäftigen.

Unsere Kunst ist es doch, aus Lebewesen, die sich im Laufe des Jahres verändern und mit der Zeit wachsen, Orte zu schaffen, an denen sich Menschen wohlfühlen. Die aber auch das Regenwasser in unseren Städten aufnehmen können, damit unsere Häuser nicht überlaufen. Und nebenbei wollen wir unsere Freiräume natürlich auch sportlich nutzen. Aber nicht zu vergessen: Wir benötigen auch Spielplätze … Für jede dieser Anforderungen und Funktionen benötigen wir andere Pflanzen. All das in einen Entwurf zu bekommen, ist doch unsere Stärke!


Luisa Richter absolvierte ihren Bachelor in der Landschaftsarchitektur an der Technischen Universität Berlin und studiert dort nun im Master weiter. Sie engagiert sich in der Bundesfachschaft Landschaft.

Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Fabian P. Dahinten, Johanna Lentzkow und Lorenz Hahnheiser.

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