DABonline | Deutsches Architektenblatt
Menü schließen

Rubriken

Services

Menü schließen

Rubriken

Services

Einfamilienhaus mit Metallfassade

Das Minimalhaus von Atelier Stocker wurde im Bestand eines alten Gehöfts gebaut (Klicken für mehr Bilder)

[ Reduktion ]

Günstiges Einfamilienhaus für 1000 Euro pro Quadratmeter

Das Minimalhaus bei Stuttgart zeigt, dass es selbst in einem boomenden Ballungsraum Alternativen zum Standard-Einfamilienhaus auf der grünen Wiese gibt: im historischen Bestand, überaus preiswert und höchst individuell

Von Christoph Gunßer

Reine Bauwerkskosten von gut 1.000 Euro brutto pro Quadratmeter für ein Einfamilienhaus, noch dazu im teuren Großraum Stuttgart – das muss man dem Architekten Florian Stocker aus Remshalden erstmal nachmachen. Doch der gibt sich bescheiden: Das Geheimnis des „Schnäpple“ liege zwischen Recycling und Industriebau, und die Kunst sei einfach, Dinge wegzulassen. Zudem half der praktisch begabte Bauherr, ein Werkzeugmacher, der „eigentlich nur ein günstiges Haus bauen wollte“, bei dessen Entstehen kräftig mit.

Scheune gekauft und abgerissen

Doch der Reihe nach: Die junge Familie mit zwei kleinen Kindern kaufte eine baufällige alte Scheune mit 99 Quadratmetern Garten im Ortskern von Leutenbach. Auf der Ostseite war sie an den Wohnteil einer alten Hofstelle angebaut, der als etwas schmuddeliger Putzbau überdauert hat. Die Scheune jedoch riss man ab. Ihr Ersatzbau wagt radikal Neues, ohne dabei allzu weit vom ländlichen Nutzbau entfernt zu sein, den die Scheune zuvor ja darstellte.

Rohbau gleich Ausbau

Stocker, der in Stuttgart und Harvard studiert und zum Beispiel mal beim Industriebau-affinen Büro Benthem Crouwel in den Niederlanden gearbeitet hat, wählte eine originelle Mischkonstruktion für den Neubau, der seinem Vorgänger nur im Umriss etwas gleicht. Satteldach und Nordwand bestehen aus Trapezblech-Sandwichpaneelen, wie sie im Hallenbau gängig sind – Rohbau ist hier gleich Ausbau. Die Tragstruktur des im Grundriss etwa quadratischen Hauses ist ein Betonskelett aus Halbfertigteilen, das heißt, dass nur noch die Fugen zwischen Standardstützen und -platten vor Ort vergossen wurden. Das erinnert an Le Corbusiers Domino-Konzept aus den Zwanzigern. Auch die zwei einläufigen Raumspartreppen sind Fertigteile.

Fenster in Fassade gestanzt

Das zweistöckige Dach mit seiner markanten Gaube, die eine mächtige alte Eiche im Garten visuell ins Haus holt, ist eine offene Stahlkonstruktion. Die Südfassade und auch das Ostgiebeldreieck sind vollständig in Glas aufgelöst – das ging ohne weiteren Sonnenschutz, da ja die Eiche Schatten spendet. Auf der Nordseite wurden nur drei kleine Fenster zum Hof ins Trapezblech gestanzt, womit man zur Lochfassade des Altbaus nebenan ein Pendant schafft. Die Terrasse über dem Garten entstand aus einer alten Hebebühne, das filigrane Geländer schweißte der Bauherr selbst.

Edle Arte Povera

Roh blieben auch die Untersichten der Decken sowie die Treppen. Im Obergeschoss, dem Hauptwohngeschoss, entfallen Trennwände, sodass ein offener Allraum entsteht, den nur die Treppe gliedert. Erst unterm Dach gibt es Zimmer. Das Erdgeschoss ist als Garage und Werkstatt thermisch abgekoppelt und auch gestalterisch abgesetzt: Billige krumme Holzabschnitte, sogenannte Schwarten, kontrastieren in der Fassade mit dem perfekten Blechkleid und dessen schwarzer Lackierung.

Einfache Haustechnik

Ziemlich simpel ist auch die Haustechnik: Ein wasserführender Kaminofen im Wohnbereich speist zusätzlich die Fußbodenheizung unterm Eichenparkett; eine Gastherme deckt die Spitzenlast. Sogar eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung passte noch ins Budget. Die gesamte Elektrik verschwand in einem Kabelkanal vor den Wänden.

So ist ein im Ortsbild ziemlich unauffälliger und unaufdringlicher Annex von hohem Wohnwert und edler Anmutung entstanden. Und während im Ort fast niemand das Haus kennt, freut sich Architekt Florian Stocker über eine große fachliche Resonanz von außen. Er hofft, dass diese innovative Nachverdichtung einen Impuls für die 2027 geplante IBA in Stuttgart setzen wird, die ja das 100 jährige Bestehen der Weißenhofsiedlung ebendort zum Anlass nimmt, um nach neuen Wegen im Wohnungsbau zu suchen.

Die Gesamtkosten des 184 Quadratmeter großen Hauses beliefen sich letztendlich auf 337.000 Euro brutto, wobei der Grunderwerb daran einen Anteil von 90.000 Euro ausmachte, die Planungsleistung gut 40.000 Euro. Die Ausstattung ist in den Kosten nicht berücksichtigt.

Sie wollen schon gehen?

Bleiben Sie informiert mit dem DABnewsletter und lesen Sie alle zwei Wochen das Wichtigste aus Architektur, Bautechnik und Baurecht.

Wir nutzen die von Ihnen angegebenen Daten sowie Ihre E-Mail Adresse, um Ihnen die von Ihnen ausgewählten Newsletter zuzusenden. Dies setzt Ihre Einwilligung voraus, die wir über eine Bestätigungs-E-Mail noch einmal abfragen. Sie können den Bezug des Newsletters jederzeit unter dem Abmeldelink im Newsletter kostenfrei abbestellen. Nähere Angaben zum Umgang mit Ihren personenbezogenen Daten und zu Ihren Rechten finden Sie hier.
Anzeige