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[ Geschäftsfeld Iran ]

Architekt-Sein unter Sanktionen

Arbeiten unter internationalen Sanktionen: Für Architekt Christoph Woop, Leiter des Teheraner Büros von Hadi Teherani Architects, ist das Alltag. Wie geht er damit um? DABonline traf ihn zum Interview in der iranischen Hauptstadt

Architekt Christoph Woop leitet das Teheraner Büro von Hadi Teherani Architects.

Interview: Stefan Kreitewolf

Herr Woop, in Zeiten von Wirtschaftssanktionen und internationalen Konflikten sind sie im Iran als Architekt tätig. Was reizt sie an der Islamischen Republik?

Es ist wichtig, zwischen Politik und Religion sowie Land und Leuten zu unterscheiden. Für mich ist der Iran einfach der Iran und nicht nur die Islamische Republik. Denn der Iran blickt auf eine jahrtausendealte Architekturgeschichte zurück und ist eine Entdeckung wert. Aber klar, der Islam ist allgegenwärtig, als Architekt habe ich aber wenig mit Religion zu tun. Wir arbeiten meistens für private Auftraggeber, deswegen kommen wir mit dem Islam nur bedingt oder so gut wie nie in Kontakt.

Warum lohnt es sich im Iran als deutscher Architekt aktiv zu sein?

Für Architekten ist es hier sehr reizvoll. Es gibt im Iran zahlreiche interessante Projekte. Uns erreichen nahezu jeden Tag neue Anfragen potenzieller Auftraggeber. Im Iran gibt es tatsächlich einen Bauboom. Neben der Ölbranche ist das Baubusiness einer der wichtigsten Wirtschaftszweige. Zugleich ist die gegenwärtige Architektur eher von Masse als von Klasse geprägt. Und genau hier besteht die Chance für deutsche Architekturbüros. Deutsche genießen im Iran ein sehr hohes Ansehen.

Bevor Sie nach Teheran gezogen sind, haben Sie zehn Jahre in Moskau gelebt. Das Arbeiten in einem Land, das unter internationalen Sanktionen steht, kennen Sie also bereits. Welche Auswirkungen hat das auf die alltägliche Arbeit in einem Architekturbüro?

Die Sanktionen gegen den Iran sind seit 1979 in immer wieder veränderter Form in Kraft. Die Iraner haben sich also daran gewöhnt. Trotzdem gab es natürlich eine gewisse Aufbruchstimmung nach dem Atomabkommen und der Lockerung der Sanktionen. Seit dem Ausstieg der USA und der Androhung stärkerer Sanktionen ist in Teheran allerdings ein starker Währungsverfall zu beobachten, der auch uns unmittelbar betrifft. Zusätzlich ziehen sich bemerkenswert viele ausländische Firmen aus dem Iran zurück, um negativen Auswirkungen auf ihr internationales Geschäft vorzubeugen. Für uns Architekten heißt das: Bei der Planung ist zu beachten, dass bestimmte Produkte oder Leistungen aus dem Ausland nicht mehr zur Verfügung stehen könnten. In erster Linie ist das Hochtechnologie für Lifte, Rolltreppen oder Antriebstechnik. Das war in meiner Zeit in Russland ähnlich. Aber Sanktionen können in der Architektur auch weitergehende Folgen haben. So ist zum Beispiel die Green Building Certification LEED in Iran zurzeit nicht zu erwirken.

 

Sie haben das Büro in Teheran vor einem Jahr eröffnet, als die Sanktionen außer Kraft gesetzt wurden und im ganzen Land Aufbruchstimmung herrschte. Mittlerweile sieht es ganz anders aus. Mit welchen Schwierigkeiten und Problemen werden Sie konfrontiert?

Derzeit macht uns vor allem der Währungsverfall zu schaffen. Wir schließen Verträge natürlich in der Landeswährung Rial ab, sind als deutsche Architekten aber immer mit dem schwankenden Wechselkurs konfrontiert. Wenn, wie zuletzt, der Rial also nur noch die Hälfte wert ist, verdienen wir in Euro gerechnet auch nur die Hälfte. Wir planen die Gebäude im Iran aber zum Teil in Europa und müssen Kosten für Fachplaner in Euro begleichen. Finanziell ist das also schon manchmal eine Herausforderung. Andererseits muss man sich uns leisten können. Die potenziellen Unsicherheiten schlagen sich deswegen auch teilweise im Preis nieder.

Wie lautet ihr Fazit für das erste Jahr im Iran?

Mein erstes Jahr als Architekt im Iran war sehr ereignisreich, ich bin viel gereist und habe viel gelernt – über das Land, seine Menschen, ihre Gastfreundschaft, aber auch über die Architektur vor Ort, iranische Auftraggeber und lokale Gepflogenheiten. Was das Büro angeht, fällt das Fazit durchweg positiv aus. Wir haben mit zwei Kollegen angefangen, heute sind wir zu zwölft. Und wir vergrößern uns – auch in Zeiten neuer Sanktionen. Das ist auch ganz einfach zu erklären: Weil auch im Iran viel Geld im Umlauf ist und wohlhabende Bauherren durch die Sanktionen nicht oder nur schwierig im Ausland investieren können, bauen sie zum Beispiel im Iran – oftmals übrigens luxuriöse Appartementgebäude.

Welche Projekte haben Sie bereits im Iran realisiert?

Zu Beginn des Jahres wurde unser erstes Projekt „Kamran No.4“ eröffnet, ein luxuriöses neungeschossiges Apartmenthaus im eleganten Viertel Fereshteh im Norden Teherans. Architektur und Interior Design wurden in unserem Büro in Hamburg entworfen und vor Ort in erstklassiger Qualität umgesetzt. Das Haus bzw. seine Bestandteile wurden zum größten Teil mit importierten Produkten realisiert. Auch bei anderen hochwertigen Projekten arbeiten wir eng mit unserem deutschen Büro zusammen.

Lassen Sie uns in die Zukunft schauen: Welche Projekte befinden sich in der Planung? Woran arbeiten Sie gerade?

In Kooperation mit dem iranischen Büro DC(4S) bauen wir zurzeit die Teheraner Börse. Rohbau, Fassade und ein Teil der Interior-Arbeiten sind bereits abgeschlossen. Die Gestaltung des 14-geschossigen Handelszentrums umfasst Büros und öffentliche Bereiche, wie die Eingangszone, Konferenz- und Ausstellungsbereiche, Restaurant und Cafeteria und vor allem den Handelsplatz, das Herzstück der Börse. Generell sind die meisten unserer Auftraggeber Privatpersonen, die Architektur und Interior Design mit uns planen und umsetzen wollen. Hierbei handelt es sich um Projekte wie Fünf-Sterne-Hotels, Villen, luxuriöse Appartementhäuser, Bürogebäude, aber auch Industrieanlagen und die dazugehörigen Showrooms.

Wie empfinden Sie die Zusammenarbeit mit iranischen Bauherren? Welche Besonderheiten gibt es im Gegensatz zu Deutschland?

Die Zusammenarbeit mit iranischen Bauherren unterscheidet sich kaum von der mit deutschen Bauherren. Einige Bauherren hier vor Ort geben dem Architekten mehr Gestaltungsspielraum als in Deutschland. Aber oft fehlen detaillierte Aufgabenstellungen und Briefings, das birgt einige Risiken und Nebenwirkungen. Wichtig ist es, sich auf die lokalen Gegebenheiten einzulassen und sich den Gesprächspartnern anzunähern. Meetings sind im Iran nicht immer zielführend, aber man lernt voneinander.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit den iranischen Kollegen? Sprechen Sie eine einheitliche Architektursprache?

Wir sind ein junges Büro im Iran und haben hier vor Ort zurzeit zwölf angestellte Mitarbeiter. Wie in jedem Büro treffen Mitarbeiter mit den verschiedensten Vorgeschichten aufeinander. Insgesamt ist die Ausbildung in Iran sehr gut. Aber um ein eingespieltes Team zu werden, bedarf es Geduld, Ausdauer und natürlich gute Projekte. Wir arbeiten daran und wachsen täglich an unseren Aufgaben.

Reden wir über Ihre Konkurrenz: Wie bewerten Sie die Arbeit Ihrer iranischen Kollegen? Gibt es zeitgenössische Architektur im Iran, die Sie fasziniert?

Nach meiner Ankunft in Teheran habe ich schnell gelernt, dass es auch hier sehr gute Architekten und sehr gute Architektur gibt. Oftmals liegt das Problem nur im Detail oder in der Qualität der Ausführung. Iranische Architekten lieben ihr Land und ihre Architekturgeschichte und ihre Projekte stellen oft einen Bezug zu traditionellen Bauformen dar. Ich würde aber nicht von Konkurrenz sprechen. Wir sind ein offenes Büro und pflegen den Austausch mit Kollegen verschiedener anderer Büros mit nachhaltigem Ansatz.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Ein Traum wäre ein größeres Projekt, dass wir mit einem internationalen Planungsteam aus Architekten und Fachplanern hier vor Ort realisieren könnten. Ein Stadion wäre etwas Besonderes, aber wahrscheinlich unrealistisch. Ein Flughafen oder ein Bahnhof sind da schon wahrscheinlicher. Bedarf an Modernisierung der vorhandenen Infrastruktur gibt es zu genüge. Wir sind bereit.

Christoph Woop ist Architekt und leitet das Teheraner Büro von Hadi Teherani Architects


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