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[ Wohnungsbau ]

Wohnen: Unsere Buchtipps

Wir stellen Neuerscheinungen vor, die Projektvergleiche anhand von Kenndaten anstellen, die schlaue Ideen für eine platzsparende Raumausnutzung präsentieren oder gesellschaftliche und politische Denkanstöße liefern. Außerdem: Spielspaß mit dem Grundriss-Quartett

Von Heiko Haberle

 

Wohnen auf dem Prüfstand

Bezahlbarkeit empirisch zu ermitteln und Gebäude objektiv zu vergleichen ist immer ein schwieriges Unterfangen: Hier sind die Mieten hoch, dafür aber auch das Durchschnittseinkommen. Dort ist das Bauen unglaublich günstig, dafür müssen Abstriche beim Komfort gemacht werden. Dieser Herausforderung begegnen die Autoren offensiv, indem sie Zahlen und Fakten, die man in anderen Publikationen oft vermisst, als Hauptthema inszenieren. Diagramme und Grafiken veranschaulichen Baukosten, Bewohnerdichte und Flächenausnutzung oder erklären, wie viele Stunden man in New York, Hamburg oder Shenzhen für eine Monatsmiete im Beispielprojekt durchschnittlich arbeiten muss. Hinzu kommen Angaben zur Anbindung an den ÖPNV, zur Gebäudetechnik oder zur Privatsphäre.

Dieses Schema und viele Projekte haben die Autoren aus ihrer englischsprachigen Publikation „Affordable Living“ von 2014 übernommen und mit Unterstützung der Hans Sauer Stiftung neu aufbereitet. Daher wirken nicht mehr alle Beispiele ganz taufrisch und die Projektauswahl bleibt eher international als auf Deutschland bezogen. Da die Projekte aber nicht alleine stehen, sondern ernsthaft ausgewertet und Rückschlüsse auf Bauweisen und Wohnmodelle gezogen werden, bleibt der Lerneffekt dennoch groß genug. Im Übrigen gibt es auch viel zu lesen und zu gucken, wobei die zurückhaltende aber einprägsame Gestaltung von Kathrin Schmuck dafür sorgt, dass kein technisches Vergleichswerk entstanden ist, sondern ein gehaltvolles und schönes Architekturbuch in handlichem Format. Das überzeugte auch die Jury des Deutschen Architekturmuseums, die dafür 2017 den internationalen „DAM Architectural Book Award“ verlieh.

Klaus Dömer, Hans Drexler, Joachim Schultz-Granberg
Bezahlbar. Gut. Wohnen.
Strategien für erschwinglichen Wohnraum

jovis Verlag, Berlin, 2016
296 Seiten, 25 Euro

 

Anleitung zum anders wohnen

Der Autor Daniel Fuhrhop hatte mit seiner Streitschrift „Verbietet das Bauen!“ für Furore gesorgt. Neubau sei überflüssig. Stattdessen reiche der Bestand völlig aus, wenn er denn besser genutzt würde. Nun liefert Fuhrhop 66 konkrete und alltagsnahe Vorschläge nach, mit denen daheim Platz gespart werden kann oder die Nachbarschaft lebenswerter wird. Im Kleinen beginnt der Autor mit Tipps zum Entrümpeln (z.B. mit einem nur vorgestellten Umzug) oder zur effektiven Raumausnutzung, etwa mit einem ausfaltbaren Gästezimmer oder Möbeln, die zugleich Treppe sind. Es folgen Tipps zum Wohnungstausch, zum Finden von Wohnpartnern, die Senioren im Alltag aushelfen, oder zur Vermietung von ungenutzten Garagen als Band-Probenräume. Dass es Hemmschwellen gibt, ist Fuhrhop klar. Ob man sich das Teilen von Räumen vorstellen kann, kann man ja auch testen, indem man sich online mit Fremden zum Kochen verabredet. Den Einfluss des Einzelnen sieht der Autor dabei bis auf die Quartiers- oder Ortsebene, indem man einfach mal wieder im kleinen Laden nebenan einkauft, womöglich sogar einen neuen Dorfladen gründet oder in ein heruntergekommenes Haus einzieht. Ein erster Schritt gelingt oft schon, wenn man neu sehen lernt, um Qualitäten zu erkennen. Das gilt für Quartiere mit schlechtem Ruf ebenso, wie für die eigene Wohnung.

Zu seinen Tipps nennt Fuhrhop weitere hilfreiche Adressen und Ansprechpartner und zitiert Studien. Die gefundene bunte Mischung funktioniert als kurzweilige Lektüre (ab und zu mit einem Schmunzeln) in erster Linie aber als echter Ratgeber, nach dem man zur Tat schreiten sollte.

Daniel Fuhrhop
Einfach anders wohnen
66 Raumwunder für ein entspanntes Zuhause, lebendige Nachbarschaft und grüne Städte

oekom Verlag, München, 2018
128 Seiten, 14 Euro

 

Wer hat die beste Wohnung?

Auf das Set „50 Urban Blocks“ folgen nun „50 Housing Floor Plans“ als Kartenspiel mit inhaltlichem Mehrwert. Dabei dürfte der Aufwand beachtlich gewesen sein, zu  50 herausragenden Mehrfamilienhäusern neueren Datums und aus diversen Ländern vergleichbare Daten und Pläne zu recherchieren. Gezeigt werden jeweils ein Etagen- und ein Wohnungsgrundriss mit praktischer Größenskala. Trumpfen kann man dabei mit Abmessungen, Geschosszahl, Erschließungskernen, Anzahl der Wohnungen, Prozentsatz von Außenraum oder von Fassade.  Ob dabei Großzügigkeit oder Sparsamkeit gewinnen soll, bleibt einem selber überlassen. Wer nicht spielen möchte, kann auch einfach nur Analysieren, Vergleichen und über die Fülle von Grundriss-Ideen staunen.

a+t research group
50 Housing Floor Plans
Density Series

a+t architecture publishers, Vitoria-Gasteiz (E)
55 Karten, englisch/spanisch, 22 Euro
hier erhältlich

 

Wohnen verstehen

Der Spagat zwischen Gesellschaft, Politik und Geschichte auf der einen und aktuellen Organisationsmodellen und gebauten Beispielen auf der anderen Seite, gelingt diesem Titel außerordentlich gut – ebenso wie der gleichnamigen Wanderausstellung des M:AI (Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW). Das funktioniert  dank eines klaren Layouts mit guten Bildern ebenso wie dank einer schlauen Struktur. Im Kapitel „Küche.Diele.Bad.“ werden Wohnmodelle und Grundrisse von 1900 bis heute betrachtet, die Rolle von Bauaustellungen analysiert oder Baugruppen und Genossenschaftsmodelle erklärt. Im Abschnitt „Akteure“ kommen in aller Kürze aber an sinnvoller Stelle Verbands- und Kammervertreter zu Wort, die in anderen Publikationen mit prominenter platzierten Grußworten vertreten sein mögen, aber weniger Aussicht darauf haben, auch gelesen zu werden. In „Recht auf Wohnen“ werden in einer übersichtlichen Chronologie Meilensteine zur Steuerung des Wohnungsmarktes seit 1794 aufgelistet. Außerdem werden verschiedene Bauland- und Fördermodelle vorgestellt und Baukosten und -standards thematisiert. Zehn gebaute Beispiele mit bezahlbarem Wohnraum sowie eine historische Übersicht von Typologien des Wohnungsbaus findet man anschließend im Kapitel „Architektur – Das Haus“. Den Schluss bildet der Abschnitt „Wohngebiete“ mit Exkursen zu Großwohnsiedlungen und zum Wandel von gesellschaftlichen Visionen und entsprechenden städtebaulichen Leitbildern im Laufe der Zeit.

Zwar mögen Experten angesichts der recht kurzen Texte – wie sie eben im Rahmen einer Ausstellung verdaulich sein müssen – keine bahnbrechenden neuen Erkenntnisse gewinnen, doch trotzdem ist ein regelrechter Rundumschlag gelungen. Der kommt leichtfüßig und eingängig wie selten daher, sodass dieses Buch in Analogie zu seinem Titel „Alle wollen wohnen“ für alle geeignet ist, die wohnen – nicht nur für Architekten.

Ursula Kleefisch-Jobst, Peter Klöddermann, Karen Jung (Hg.)
Alle wollen wohnen
gerecht sozial bezahlbar

jovis Verlag, Berlin, 2017
248 Seiten, 32 Euro

Neue Wohnungsfragen

Warum die Wohnungsfrage wieder hochaktuell ist, was sie von vergangenen Wohnungsfragen unterscheidet und wie sie gelöst werden könnte, beleuchtet dieser Sammelband mit Beiträgen einer Fachkonferenz des Instituts für Europäische Urbanistik der Bauhaus-Universität Weimar. Die Herausgeber möchten eine interdisziplinäre Wohnungsforschung etablieren, zumal der Wohnungsbau unter neoliberalen Vorzeichen – anders als früher – weniger der Daseinsvorsorge folgt, als Mechanismen von Spekulation, „Finanzialisierung“ und „Vermarktlichung“. Wie wieder eine „Responsibiliserung“, also die Übernahme von Verantwortung, gelingen kann, ist dann eine Kernfrage des Buches, das durchaus gut lesbar ist, sofern man sich nicht von den Schlagworten des akademischen Diskurses abschrecken lässt.

Die Beiträge unternehmen beispielsweise einen europäischen Vergleich des sozialen Wohnungsbaus, analysieren verschiedene Formen und Phasen von Gentrifizierung oder diskutieren kommunale Strategien, etwa von Frankfurt am Main, Jena, Leipzig, Hamburg und Wien, dessen Strahlkraft jedoch etwas „entzaubert“ wird. Die Berliner Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen Katrin Lompscher erläutert ihre Vorstellungen von einem Wohnraumversorgungsgesetz, während der Stadtsoziologe Andrej Holm für eine „neue Gemeinnützigkeit“ plädiert. Deutlich weniger umfangreich als der politische Rahmen werden alternative Modelle „jenseits von Markt und Staat“ behandelt, etwa der genossenschaftliche Wohnungsbau oder das Konzept der Community Land Trusts in den USA für nicht gewinnorientierten und selbstverwalteten, gemeinschaftlichen Landbesitz. Dabei wurde die von den Herausgebern  gewünschte Interdisziplinarität leider nur eingeschränkt umgesetzt. Zwar findet sich auch ein Exkurs zur Vorfertigung, der beispielhafte Projekte vergleichend analysiert, doch die Stärke dieses Buches ist weniger eine bauliche, als eine soziologische und politische Perspektive.

Barbara Schönig, Justin Kadi, Sebastian Schipper (Hg.)
Wohnraum für Alle?!
Perspektiven auf Planung, Politik und Architektur

transcript Verlag, Bielefeld, 2017
358 Seiten, deutsch/englisch, 29,99 Euro

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