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[ Innendämmung ]

Den richtigen Anschluss finden

Text: Ulrike Meywald

Als Alternative zu außenseitig gedämmten Fassaden bietet sich eine Innendämmung an. Sie verringert zwar die Wohnfläche, hat aber auch positive Effekte: Die Räume heizen sich schneller auf, die Kosten sind geringer und vor allem bleibt der Wärmeschutz für die Öffentlichkeit unsichtbar. Andererseits sind dem erreichbaren Dämmniveau bekanntermaßen Grenzen gesetzt. Eine 15 oder 20 Zentimeter dicke Innendämmung ist de facto nicht möglich. Je dicker die Dämmung, desto größer werden die bauphysikalischen Probleme. Auch verläuft das energetische Einsparpotenzial nicht proportional zur Dämmstoffstärke. Am wirkungsvollsten sind die ersten Zentimeter. Beispielsweise ergibt eine Dämmstoffstärke von drei Zentimetern bereits eine Energieeinsparung nach EnEV 2009, Anlage 3, von 32,4 Prozent, und dabei treten kaum bauphysikalische Probleme auf.
In den letzten Jahren gab es mehrere Initiativen, solche Probleme zu vermeiden. Anatol Worch von der Materialprüfanstalt für das Bauwesen in Braunschweig: „Um Diffusionsströme aus den kalten Bereichen der Konstruktion fernzuhalten, wurden bisher diffusionsdichte Schichten verwendet. Jetzt setzt man verstärkt diffusionshemmende Schichten (Dampfbremsen) oder kapillaraktive Dämmstoffe ein.“ Ziel der Planung muss demnach sein, dass eventuell auftretendes Tauwasser abtrocknen kann. Wichtig ist außerdem, dass von außen durch Schlagregen in die Fassade eindringende Nässe wieder entweichen kann. Weiterhin sollte nicht ausschließlich der bauliche Wärmeschutz betrachtet werden, sondern es sollten auch die Nutzungsbedingungen und Lüftung der Räume Beachtung finden.
Zu berücksichtigen ist, dass es keinen auf alle Situationen anwendbaren Dämmaufbau gibt. Zu verschieden sind die Wandkonstruktionen beim Bauen im Bestand und die verfügbaren Innendämm-Systeme. Anatol Worch: „Grundsätzlich kann man aber sagen, dass Kondensat tolerierende Systeme bei wechselnden klimatischen Belastungen gut funktionieren. Klassische Kondensat verhindernde Systeme sind dagegen bei hoher Raumluftfeuchte vorteilhafter“.
Wärmebrücken sind besondere Gefahrenstellen. Sie führen bei einer Innendämmung schneller zu Schäden als bei einer Außendämmung – im schlimmsten Fall können Schimmelpilze entstehen. Schwachpunkte sind vor allem die Einbindung von Fenstern und Türen sowie die Anschlussbereiche an Decken und Innenwänden. Aber auch Hohlräume in der Außenwand sind nicht zu unterschätzen.

Hohlräume: am besten auffüllen

In einer Altbauwohnung liegt die relative Raumluftfeuchte bei normaler Nutzung im Winter durchschnittlich unter 50 Prozent. Unter diesen Bedingungen kondensiert keine Feuchte auf den Innenseiten der Außenwände, doch durch eine Innendämmung kann sich das ändern. Kritisch sind vor allem Hohlräume zwischen Dämmebene und Außenwand. Die Temperatur kann darin unter den Taupunkt der Raumluft sinken. Zieht dann die warme, wasserdampfhaltige Luft aus dem Wohnraum durch Konvektionsströme in die Hohlräume ein, bildet sich innen an der Außenwand Tauwasser. Um eine solche Luftkonvektion auszuschließen, sollte unabhängig von der Art des Dämmsystems keine Luft zwischen die einzelnen Schichten gelangen. Da bei Altbauten die Außenwände in den meisten Fällen nicht eben sind, bietet sich die vollflächige Verklebung diffusionsoffener Innendämmungen an.

Balkenköpfe: mögliche Ausführungen

Beim Bauen im Bestand wird man häufig mit alten Holzbalkendecken konfrontiert. Die Auflager der Balkenköpfe auf der Außenwand sind in der Regel luftumspült konstruiert, so dass eventuelle Feuchte das Holz auf kapillaraktiven Weg gar nicht erreicht. Nach einer erfolgten Innendämmung gelangt jedoch nur noch wenig Wärme in das Deckenauflager hinein, was das Austrocknen wesentlich erschwert. Anatol Worch: „Ziel ist daher, durch fachgerechte Konstruktion diesen Bereich trocken zu halten oder eine schnelle Abtrocknung feuchter Stellen zu gewährleisten.“ Dazu ist zunächst das Außenmauerwerk auf bauübliche Feuchte zu prüfen. Die Balkenköpfe im Auflagerbereich dürfen maximal 20 Masseprozent Feuchtigkeit besitzen und müssen frei von Schädlingsbefall sein.
In der Fachwelt gibt es unterschiedliche Ansichten darüber, wie die Balkenköpfe in Verbindung mit einer Innendämmung am besten vor Feuchtigkeit geschützt werden können. Energieberater empfehlen meist diesen Weg: Zunächst wird die Verkleidung der Holzbalkendecke auf der Ober- und Unterseite von der Außenwand weg auf einer Breite von 20 bis 40 Zentimetern entfernt. Damit werden die Holzbalken und Gefache sichtbar. Sind die Gefache gefüllt, wird das Füllmaterial herausgenommen. Um zu verhindern, dass sich die Feuchtigkeit aus der Raumluft im Hohlraum rund um das Auflager des Balkenkopfes niederschlägt, wird mit einer Dichtmasse ein luftdichter Abschluss zwischen Balkenkopf und Mauerwerk hergestellt. Besitzt der Holzbalken Risse, sind diese im Bereich der späteren Dämmung mit der Dichtmasse zu schließen. Nun wird die Dämmung zwischen den Holzbalken vollflächig verklebt. Erst jetzt können die Gefache wieder gefüllt und die Decke kann geschlossen werden.
Andere Experten plädieren dafür, die Decke bauphysikalisch als Bauteil im Ganzen zu betrachten. Der Ansatz ist hier, zur Vermeidung von Feuchteschäden auf passivem Weg ausreichend Wärme in die Konstruktion einzuleiten. Es gilt also weniger, die Wärmeverluste zu optimieren, sondern punktuell die Wärmeströme so zu beeinflussen, dass eine dauerhafte Lösung gefunden werden kann. Die Bestandsdecke wird in diesem Fall nicht geöffnet und die Innendämmung wird in den einzelnen Geschossen bis zur Ober- und Unterseite der Decke geführt. Alternativ können die Balkenköpfe mit einem Dämmstoff mit einer höheren Wärmeleitfähigkeit als der Innendämmstoff umschlossen werden. Auf diese Weise gelangt genügend Wärmeenergie aus dem Innenraum zum Balkenkopf, um ein rasches Abtrocknen sicherzustellen. Bei dieser Variante nimmt man den Energieverlust an dieser Stelle in Kauf, um die Bausubstanz zu schützen.

Innenwände: kritische Oberflächentemperatur

Innenwände sind bei Altbauten in der Regel von der Außenwand nicht thermisch getrennt. Deshalb ist die Oberflächentemperatur der an die Außenwand grenzenden Innenwände und Decken im Vergleich zu den übrigen Raumflächen deutlich niedriger, wenn es draußen kalt ist. In einem Modell beschreiben Martin Krus, Klaus Sedlbauer und Hartwig Künzel vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik unter zugrunde gelegten Außenklimabedingungen bei einer Innendämmung „eine Absenkung der Oberflächentemperatur auf der Innenseite des Mauerwerks auf etwa vier Grad Celsius. An der raumseitigen Dämmstoffoberfläche beträgt die Temperatur dagegen 17 Grad Celsius. Bei einer relativen Raumluftfeuchte von 50 Prozent ergeben sich damit hier unkritische Oberflächenfeuchten von 60 Prozent. Da die Innenwand über die Außenwand abgekühlt wird, ergibt sich dagegen am Übergang zum gedämmten Bereich eine deutlich abgesenkte Oberflächentemperatur von lediglich zehn Grad Celsius. Die Folge ist eine Oberflächenfeuchte von 95 Prozent.“ Das Problem lässt sich lösen, indem die Innendämmung entlang der Innenwand weitergeführt wird – zum Beispiel mit Dämmkeilen. Das ist allerdings nur dann zu empfehlen, wenn das ganze Haus eine Innendämmung erhält – wie der folgende Abschnitt zeigt.

DIN-Norm: umsichtig anwenden

Laut DIN 4108, Teil 3, ist für den Mindestwärmeschutz zur Vermeidung von Tauwasser eine Oberflächentemperatur an allen Wärmebrücken von 12,6 Grad Celsius nachzuweisen. Allerdings ist die Norm auf den Neubau ausgerichtet; hier lässt sich dies problemlos erfüllen. Im Bestand sieht das ganz anders aus. So ist die Baukonstruktion eines vor 1981 fertiggestellten Gebäudes gar nicht darauf ausgelegt, diese 12,6 Grad Celsius zu erreichen. Der Wert wurde bundesweit erst 2002 normativ festgelegt. Hält man nun bei der Modernisierung die Norm ein, können sogar Bauschäden entstehen. Zum Beispiel dann, wenn in einem Mietshaus nur eine Wohnung eine Innendämmung erhält. In den angrenzenden nicht gedämmten Wohnungen sinkt die Oberflächentemperatur durch die fehlende Wärmezufuhr aus der gedämmten Wohnung. Damit droht Schimmelbefall, obwohl der Nachbar sein Nutzer- und Lüftungsverhalten nicht geändert hat. Daher sollte entweder das ganze Haus eine Innendämmung erhalten oder es wird auf die Flankendämmung der Innenwände verzichtet, selbst  wenn das zu einer Oberflächentemperatur unter 12,6 Grad Celsius führt. Das ist im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben durchaus möglich. Bei der Planung ausschließlich auf diesen Wert zu achten, greift viel zu kurz, erklärt Worch bei seinen Seminaren Architekten immer wieder: „Es ist nicht notwendig, diese Temperatur bei allen Wärmebrücken nachzuweisen, wenn sich offensichtlich nicht alle Randbedingungen einhalten lassen.“ Besser sei es, ein Gesamtkonzept zu erstellen, das die Nutzung und Lüftung des Gebäudes miteinbezieht.

Ulrike Meywald ist freie Baufachjournalistin in Münster.

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