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Vielfach engagiert: Der Braunschweiger Architekt Hartmut Rüdiger ist Vizepräsident der Kammer Niedersachsen und ehrenamtlicher Vorsitzender des Verwaltungsausschusses der Bayerischen Architektenversorgung.

[ Architektenversorgung ]

„Ein ungemütliches Jahr“

Bedrohen Finanzkrise, Zinstief und Alterung unsere Renten? Aufklärung gibt Hartmut Rüdiger, Architekt und Vorsitzender des Verwaltungsausschusses der Bayerischen Architektenversorgung

Vielfach engagiert: Der Braunschweiger Architekt Hartmut Rüdiger ist Vizepräsident der Kammer Niedersachsen und ehrenamtlicher Vorsitzender des Verwaltungsausschusses der Bayerischen Architektenversorgung. Foto: Andreas Kreiser (Bayerische Versorgungskammer)

Interview: Roland Stimpel

Rentner in der gesetzlichen Versicherung erhalten in diesem Jahr im Westen 2,18 Prozent mehr Geld. Dagegen gibt es wie in den Vorjahren keine Rentenerhöhung für Mitglieder der Bayerischen Architektenversorgung – also für Architekten im Ruhestand aus Bayern, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. Wirtschaftet die Architektenversorgung schlechter?

Sie wirtschaftet anders, aber das Ergebnis ist nicht schlechter. Über die letzten 20 Jahre betrachtet, sind die Renten in der gesetzlichen Versicherung und der Architektenversorgung fast im gleichen Maß angestiegen. Unterschiede ergeben sich aus den grundverschiedenen Finanzierungssystemen. In den gesetzlichen Kassen steigen Renten, wenn die Summe aller Gehälter und Löhne wächst. Denn aus den Rentenbeiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber werden die gezahlten Renten direkt finanziert – man spricht vom Umlagesystem. Anders in der Bayerischen Architektenversorgung: Hier werden die Renten aus dem Kapital finanziert, das jeder Architekt selbst in seiner aktiven Zeit eingezahlt hat, und den Erträgen, die die Architektenversorgung mit diesem Kapital erwirtschaftet. 2012 sind nun die Gehälter und Löhne deutlich gestiegen, deshalb die Rentenerhöhung. Für Kapitalerträge war es jedoch ein sehr ungemütliches Jahr, in dem zum Beispiel Abschreibungen oder Bewertungskorrekturen bei Staatstiteln erforderlich wurden. Außerdem schien es den Gremien sinnvoller, die Reserven zu stärken und mögliche Dynamisierungen lieber auf die Zukunft zu verschieben.

Warum erwirtschaftet die Bayerische Architektenversorgung nicht mehr Erträge aus dem Kapital?

Leider können wir uns vom wirtschaftlichen Umfeld nicht abkoppeln. Jeder, der heute Geld anlegen will, weiß, dass die Zinsen auf einem historisch niedrigen Niveau liegen – insbesondere für sichere Anlagen. Für deutsche Staatsanleihen gibt es erstmals weniger als zwei Prozent Zinsen. Es wird also schwieriger, die Zinsen zu erwirtschaften, die für die Einhaltung der Rentenzusage erforderlich sind.

Sind nicht die Beitragszahlungen selbst viel wichtiger für die Rente als der Zins, den man dafür erhält?

Natürlich kommt es vor allem auf eine möglichst lange, kontinuierliche und hohe Einzahlung an. Wenn sich jedoch über Jahrzehnte ein hohes Kapital angesammelt hat, dann wächst auch die Bedeutung des Zinses für die schließlich auszahlbare Rente. Das zeigt eine Modellrechnung: Wer jeden Monat 500 Euro einzahlt, hat nach dreißig Jahren bei vier Prozent Zins fast 350.000 Euro Kapital für die Rente, bei zwei Prozent Zins dagegen nur rund 250.000 Euro – also ist nur eine entsprechend geringere Rente möglich.

Wieso werden die früher eingezahlten Beiträge auch heute noch höher verzinst?

Die Mitglieder erhalten jedes Jahr eine Mitteilung, welche Rente sich aus ihren bisherigen Einzahlungen ergibt. ­Hierbei wird bereits berücksichtigt, dass die Bayerische Architektenversorgung mindestens den sogenannten Rechnungszins erwirtschaftet. Dieser liegt für die bis 2004 eingezahlten Beiträge bei 4 Prozent. Eine Absenkung des Rechnungszinses für diese „alten“ Beitragszahlungen würde bedeuten, dass die Rentenzusagen reduziert werden müssten. Dies sollte vermieden werden, denn die bisher mitgeteilte Rentenhöhe ist für die Mitglieder natürlich ein wichtiger Aspekt ihrer Altersplanung. Deshalb wurde entschieden, die alten Beiträge weiterhin mit mindestens 4 Prozent zu verzinsen und den Rechnungszins nur für die neuen Beiträge auf 3,25 und für die jüngsten Beiträge auf 2,5 Prozent abzusenken.

Sind für alles, was jetzt hereinkommt, nicht mehr als 2,25 Prozent drin?

Doch, natürlich. Die Jahresergebnisse der vergangenen Jahre lagen weiter über 4 Prozent, von Ausnahmejahren wie dem letzten abgesehen. Es bleibt das Ziel, weiterhin mindestens vier Prozent zu erwirtschaften. Dann werden die künftigen Renten höher sein, als es eine Hochrechnung mit dem Rechnungszins ergibt.

Ist die Absenkung des Rechnungszinses nur eine Vorsichtsmaßnahme?

Im Wesentlichen ja. In diesem Jahr sind allerdings die Zinsen für Anleihen dramatisch gesunken. Sollte es in den nächsten Jahren so bleiben, werden wir froh sein, dass wir frühzeitig diese Vorsichtsmaßnahme ergriffen haben. Sie erspart uns dann drastischere Maßnahmen, etwa die Absenkung von Rentenzusagen.

Wie wird sich der Versorgungsgrad entwickeln, das Verhältnis der Rente zum letzten Arbeitseinkommen?

Das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentnern spielt in der gesetzlichen Rentenversicherung eine große Rolle. In unserem System verdient aber jeder seine Rente selbst. Die längere Lebenserwartung hat dagegen einen erheblichen Einfluss, da das angesparte Kapital länger reichen muss, als ursprünglich kalkuliert. Um die längere Lebenserwartung zu finanzieren, wird ein erheblicher Teil des Überschusses aufgewendet. Er steht dann natürlich nicht mehr für Rentenerhöhungen zur Verfügung. Dies ist aber notwendig und zumutbar, denn ein angestellter Architekt erhält zur Zeit als anfängliche Rente rund 80 Prozent des letzten Arbeitseinkommens, gleichmäßige Einzahlungen vorausgesetzt. Dies ist erheblich mehr, als der sogenannte gesetzliche Rentner erhält, und wird auch dann deutlich mehr bleiben, wenn bei uns Rentenerhöhungen geringer ausfallen oder einige Jahre ausbleiben. Das Versorgungsniveau wird allerdings auch bei uns sinken. Wegen der längeren Lebenserwartung und wenn das Zinsniveau sich nicht nachhaltig verbessert, wird es 2050 nur noch bei 60 Prozent liegen.

Ist auch Geld in ausländischen Anleihen angelegt?

Bekanntlich ist vor allem das Risiko für Papiere aus Südeuropa drastisch gestiegen. Wir haben dies bereits berücksichtigt, indem Staatsanleihen aus dieser Region teilweise abgeschrieben wurden und jetzt nur noch mit einem Teil ihres ursprünglichen Werts in unseren Büchern stehen. Momentan hat die Bayerische Architektenversorgung nur noch 0,4 Prozent ihres Vermögens in Anleihen anderer EU-Staaten angelegt. Das Risiko einer Staatspleite in Südeuropa ist für die Rente also viel geringer als das Risiko dauerhaft niedriger Zinsen.

Gibt es nichts Einträglicheres und Solideres als Staatsanleihen?

Die Bayerische Architektenversorgung hatte Ende 2011 Kapitalanlagen in Höhe von rund fünf Milliarden Euro. Diese sind mit elf anderen Versorgungsanstalten in der Bayerischen Versorgungskammer gebündelt. Deren großes Anlagevolumen erlaubt mehr als nur den klassischen Ankauf von Aktien, Rentenpapieren und Immobilien. So hat sie eigene Fonds aufgelegt, in denen 23 Prozent unseres Kapitals angelegt sind. Die breite Streuung mindert das Risiko. Es ist aber nicht möglich, alles Kapital in solchen gut rentierlichen, aber auch risikobehafteten Anlageformen anzulegen. Immer noch sind 69 Prozent des Kapitals in festverzinslichen Anlagen angelegt, überwiegend von Bund, Ländern und Kreditinstituten – vor allem deutschen.

Wie sieht es mit Immobilien aus?

Sie sind natürlich gerade für die Architektenversorgung ein thematisch naheliegendes Investment, aber es sind bekanntlich sehr komplexe Produkte mit speziellen Chancen und Risiken. Direkt und über Fonds der Bayerischen Versorgungskammer hat unsere Architektenversorgung acht Prozent ihres Geldes in Immobilien angelegt. Wir hätten gern mehr. Doch gerade hochwertige, sichere Immobilien sind derzeit auf den Kapitalmärkten sehr gefragt und entsprechend teuer, aber die Mieten halten damit nicht Schritt. Die Rendite wäre bei den meisten Objekten zu niedrig.

Was kann der einzelne Architekt tun, um im Alter mehr Geld zu haben?

Das, was immer schon erforderlich war: Wer im Alter finanziell sorgenfrei leben will, muss in jungen Jahren sparen. Ich weiß, dass für die jungen Kollegen zu Beginn ihres Berufslebens anderes wichtiger scheint als die doch sehr entfernte Rente. Auch mag der eine oder andere hoffen, kurz vor der Rente noch viel Geld zurücklegen zu können. Aufgrund des Zinseffektes haben aber gerade die Beiträge, die in jungen Jahren eingezahlt werden, den größten Einfluss auf die zukünftige Rente.

Gibt es Unterschiede zwischen selbstständigen und angestellten Architekten?

Ja, und das liegt am Beitragssatz. Angestellte zahlen bei der Bayerischen Architektenversorgung derzeit 19,9 Prozent des Gehalts ein – denselben Satz wie in der gesetzlichen Rentenversicherung –, Selbstständige nur 15 Prozent. Scheinbar ist der Unterschied gering, doch er wirkt sich über die lange Berufszeit kräftig aus. Ihr Versorgungsgrad beträgt schon jetzt nur 55 Prozent des letzten Einkommens und dürfte künftig weiter sinken.

Wie kommt das?

Beim Start der Architekten-Versorgung nahm man an, dass gerade Selbstständige auch noch auf andere Weise fürs Alter würden vorsorgen können, zum Beispiel mit Immobilien. Jedoch können das viele heute nicht. Andere könnten zwar, wollen aber nicht. Man kann deshalb jedem, der als Selbstständiger tätig ist, nur raten, mehr als den Mindestbeitrag zu zahlen oder noch auf andere Art fürs Alter vorzusorgen.

Zum Beispiel mit einer Lebensversicherung?

Hier sind in den letzten Jahren sowohl die Steuervergünstigungen abgebaut worden als auch die Zinszusagen drastisch zurückgegangen. Der Garantiezins liegt gegenwärtig deutlich unter unserem Rechnungszins. Aber schon in der Vergangenheit war die Mehrheit schlechter als die Bayerische Architektenversorgung. Es gab einen Vergleich mit 50 Lebensversicherungen und drei verschiedenen Laufzeiten. Hier nahm die Bayerische Architektenversorgung die Ränge 12, 13 und 15 ein, lag also immer im obersten Drittel. In der Regel steht sich also besser, wer mehr bei uns einzahlt.

Wird eigentlich das Geld rein nach finanziellen Aspekten angelegt, oder spielen auch Ethik und Nachhaltigkeit eine Rolle?

Investitionen in solche Firmen sind langfristig sicherer und erfolgreicher, die nachhaltig wirtschaften und ökologische sowie soziale Kriterien berücksichtigen. Die Bayerische Versorgungskammer hat 53 Milliarden Euro angelegt und kann aktiv darauf einwirken, dass die Unternehmen, in die sie investiert, nachhaltig wirtschaften.

Wie tut sie das?

Bei Immobilien wenden wir Zertifizierungs-Kriterien an und beachten beim Kauf die Nachhaltigkeit. Bei Zinspapieren arbeiten wir mit der Rating-Agentur oekom research zusammen, die Mindeststandards aufgestellt hat. Bei Aktien geht es über die Auswahl der Investments und über die Stimmrechte in Hauptversammlungen. Darüber hinaus wird über zwei relativ neue Fonds ganz bewusst in ökologische Infrastruktur investiert, so in zertifizierte Waldflächen, die eine stabile langfristige Rendite erwarten lassen, in Solarpark-Portfolios und Infrastrukturprojekte.

Ausführliche Texte von Hartmut Rüdiger zur Altersvorsorge von Architekten finden Sie in den Landesteilen des DAB für Niedersachsen, Ausgaben Mai und September 2012, jeweils auf Seite 20. Aus technischen Gründen sind die Landesteile nur komplett herunterladbar.


Über die Versorgung in Österreich lesen sie hier.

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