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[ Baukultur und Feste ]

Heimspiele

Am Tag der Architektur sind nicht nur Projekte zu besichtigen – sondern auch viele Büros, in denen sie entworfen sind

Text: Cornelia Dörries

Zu Dutzenden, manchmal sogar zu Hunderten strömen Besucher am Tag der Architektur durch Einfamilienhäuser, Bürobauten, Gärten oder Schulen. Die Gelegenheit zur Besichtigung mitunter preisgekrönter, in der Presse gefeierter Großprojekte lässt man sich dabei genauso wenig entgehen wie die neugierige Inspektion eines gelungenen Wohnhauses gleich um die Ecke in der eigenen Nachbarschaft.
Der Tag der Architektur hat mit den zeitgleich geöffneten Architekturbüros so etwas wie eine Nebenreihe bekommen, die nicht minder erfolgreich ist. Denn viele interessieren sich nicht nur für neue Projekte, sondern auch für den Berufsalltag des Architekten sowie die Bedingungen, unter denen Häuser, Quartiere und ganze Städte geplant werden – während andere einfach mal hinter die Kulissen schauen wollen. Den teilnehmenden Büros bietet dieser Tag die Möglichkeit, in entspannter Atmosphäre auf sich und ihre Arbeit aufmerksam zu machen, mit potenziellen Bauherren ins Gespräch zu kommen und die Wahrnehmung des Berufsstands in der Öffentlichkeit zu stärken. In einigen Bundesländern ist der „Tag der offenen Architekturbüros“ ein eigenes Format, in anderen ein nicht eigens ausgewiesenes Angebot. Büros jeder Größe nehmen teil, vom Einzelkämpfer bis zum Weltkonzern. Und jedes macht seine eigenen Erfahrungen.

Kavalierstart: Stefanie Kilimann, Dresden

Wann bekommt eine junge Innenarchitektin schon die Gelegenheit, sich mit Unterstützung der Lokalpresse und einer groß angelegten Werbeaktion der Architektenkammer der Öffentlichkeit zu präsentieren – ohne dafür tief in die eigene Tasche greifen zu müssen? Eben, sehr selten. Das dachte sich auch Stefanie Kilimann im vergangenen Jahr, als sie vom „Tag des offenen Architekturbüros“ hörte. Sie hatte sich gerade selbstständig gemacht und entschied sich ohne langes Zögern, ihr kleines Büro im feinen Dresdener Stadtteil Bühlau einen Nachmittag lang für das interessierte Publikum und die Nachbarschaft zu öffnen. Ohne wirklich zu wissen, was da auf sie zukommen sollte, wählte sie einige Projekte für die Präsentation aus, stellte Sekt kalt und den Kaffee warm – und musste nicht lange auf Besucher warten. Sicherlich ist ihr dabei auch zugutegekommen, dass sie in Dresden die einzige Innenarchitektin war, die ihr Büro für Besucher geöffnet hatte.
„Die meisten wollten sich über den Beruf informieren und waren dann doch erstaunt angesichts der Komplexität meiner Arbeit“, so die 30-Jährige. „ Denn viele betrachten Innenarchitekten ja als eine Art gehobene Raumausstatter, die Gardinen aussuchen.“
Für Stefanie Kilimann war der Tag jedenfalls eine gute Möglichkeit, ihre Arbeit vorzustellen, mit Leuten ins Gespräch zu kommen und Projekte und Ideen zu zeigen. Auch in diesem Jahr ist sie am „Tag der Architektur“ dabei. Ihre Bürotüren werden allerdings verschlossen bleiben. Wer Stefanie Kilimann und ihre Arbeit kennenlernen will, kann am 23. Juni ihr neues Ladenprojekt in der Dresdener Innenstadt besichtigen.
www.innenarchitektur-sk.de/

Architektur gegen Volksvergnügen: Maurice Ihle, Naumburg

Als der Naumburger Architekt Maurice Ihle im vergangenen Jahr erstmals sein Büro für Besucher öffnete, war ihm durchaus bewusst, dass er gegen eine schier übermächtige Konkurrenz antreten würde. Nicht, dass in der Domstadt an der Saale besonders viele Architekten um Publikum buhlten – es gibt dort nur eine Handvoll  –  doch wie in jedem Jahr fiel der „Tag der Architektur“ mit dem Kirschfest zusammen, dem größten und beliebtesten Volksfest der Region. „Trotzdem sind an den beiden Tagen, in denen das Büro geöffnet war, jeweils 15 bis 20 Leute gekommen“, so Maurice Ihle. Und er hat guten Grund, stolz auf diese Bilanz zu sein. Denn da die von der Architektenkammer Sachsen-Anhalt verschickten Werbeflyer erst wenige Tage vor dem Termin bei ihm eintrafen, hatte er kaum noch die Möglichkeit, wirkungsvoll für sein geöffnetes Büro zu werben – für einen Architekten, der vor allem in der Region tätig ist, ein kleines Desaster. Umso mehr freute sich Ihle, dass neben seinen eingeladenen Bauherren auch andere Interessenten den Weg in sein Büro fanden. „Etwa die Hälfte der Besucher waren Leute, die einfach nur neugierig waren und sich informieren wollten.“ Vor allem Familien mit dem Wunsch nach Wohneigentum waren es, die sich nicht nur für Kostenfragen, sondern auch für gestalterische Aspekte und Innenarchitektur interessierten. Für Ihle, der sein Büro gemeinsam mit einem Mitarbeiter betreibt, war der Tag der offenen Tür jedenfalls eine gute Erfahrung. Und auch wenn er in diesem Jahr nicht teilnehmen kann – er baut gerade sein Büro um –, 2013 ist er gern wieder mit dabei. Obwohl das Kirschfest wieder am gleichen Wochenende stattfinden wird.
www.mauriceihle.de

Brandschutz trifft Kunst: Reinhard Eberl-Pacan, Berlin

Dass auch ein Büro mit der Spezialisierung Brandschutzplanung den Publikumstag mit einer stattlichen Besucherzahl absolvieren kann, hat der Architekt Reinhard Eberl-Pacan aus Berlin bewiesen. Als er 2011 zum ersten Mal sein Büro fürs Publikum öffnete, beschränkte er sich nicht auf die Bereitstellung von Knabbereien und die Hoffnung auf zufällig vorbeikommende Interessenten. Stattdessen setzte er auf ein Konzept, das sowohl Fachkollegen wie auch Kunstliebhaber anziehen sollte. Dazu muss man wissen, dass die Büroräume des schöngeistig interessierten Architekten eine feste Adresse in der Ausstellungsszene des Berliner Bezirks Friedenau darstellen: Hier finden schon seit mehreren Jahren regelmäßig Kulturveranstaltungen statt.
Bei seiner Premiere im vorigen Jahr setzte Eberl-Pacan auf die publikumswirksame Eröffnung einer Ausstellung mit Arbeiten des Künstlers und Architektennachfahren Wilfried Muthesius und konzipierte für die eher fachlich interessierten Besucher zwei Vorträge in seinem Spezialgebiet Brandschutzplanung. Und die zunächst unvereinbar scheinenden Angebote haben offensichtlich gut funktioniert. Die 20 Sitzplätze waren bei Eberl-Pacans Vorträgen voll besetzt, und die Ausstellung lief so gut, dass sie später erweitert wurde und noch sieben Monate lang zu sehen war. Der Fachplaner führt den Erfolg vor allem auf seine eigene Werbung zurück – das Büro hat eine aufwendige Internetpräsenz und macht seine Projekte und Kulturveranstaltungen außerdem in sozialen Netzwerken bekannt Auch in diesem Jahr öffnet Eberl-Pacan seine Türen für Besucher. Die können wieder wählen: Fachvortrag oder Kunst – oder beides.
www.brandwende.com

Schaufenster für kleine Büros: Norgat Hauke, Berlin

Norgat Hauke war ein wenig erstaunt, dass in Berlin so viel Radio gehört wird. Denn als sie sich bei ihren Besuchern erkundigte, wie sie von ihrem offenen Büro erfahren hatten, verwiesen nicht wenige auf die Meldungen des lokalen Rundfunks. Keine Frage, ohne die Hauptstadtmedien wäre der Tag der Architektur nicht ein solch erfolgreiches Format. Das findet auch Norgat Hauke. Sie führt ihr Büro seit 2004 und öffnet es seit mehreren Jahren für Besucher. Für sie ist diese Veranstaltung ein Schaufenster, in dem sich auch kleine Büros präsentieren können. Hauke nutzt diese Chance, „auch wenn man nur bedingt von Akquise-Erfolgen sprechen kann“. Es geht vor allem um das gegenseitige Kennenlernen, um Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache und die Stärkung bestehender Kontakte. 2011 kamen gut 35 Gäste, darunter etliche reifere Paare, die sich für altersgerechtes Wohnen interessierten, zahlreiche Besucher, die Informationen rund um das Thema Baugruppen suchten, sowie eine Lehrerin, die Architektur im Unterricht behandeln wollte.
Norgat Hauke geht den Tag des offenen Büros immer planvoll an: Sie bereitet eine Präsentation ihrer Projekte vor, stellt einen Imbiss bereit und lädt Interessierte zu Vorträgen über spezielle Themen ein. Auch in diesem Jahr ist sie wieder dabei – mit Informationsveranstaltungen über altersgerechtes Wohnen in Bestandsbauten sowie einem Einstiegsvortrag für Bauherren und solche, die es noch werden wollen. Hauke arbeitet dafür auch mit einem Rechtsanwalt zusammen, der die Besucher über juristische Aspekte, beispielsweise in Sachen Grundstückskauf, informiert. Sie ist froh, dass es diese Veranstaltung gibt. Denn Aufklärungsbedarf in Fragen rund um die Architektur besteht ihrer Ansicht nach genug. „Es geht nicht nur um gestalterische Aspekte, sondern auch um Kosten und Honorare. Wenn manche Leute hören, was ein Architekt kostet, sind sie erstmal geschockt.“ Aber in Norgat Haukes Büro  sehen sie ja auch gleich, was ein Architekt alles leistet.
www.norgathauke.de

Zu Besuch beim Global Player: gmp Berlin

Man könnte meinen, ein so erfolgreiches Großbüro wie gmp habe es nicht nötig, am Tag des offenen Architekturbüros teilzunehmen – zumindest nicht zum Zwecke der Akquise. Dennoch ist der Berliner Standort von gmp seit 2005 am Tag der Architektur geöffnet. Dabei geht es dem Team weniger um Selbstmarketing, sondern vielmehr darum, die Wahrnehmung von Architektur in der Öffentlichkeit zu stärken und sich als großes, international agierendes Unternehmen auch vor Ort für die Belange der Baukultur zu engagieren. Ihrer Bekanntheit tragen die Architekten mit einer professionellen Organisation dieser Veranstaltung Rechnung: Die Besucher werden gleich am Eingang gefragt, ob sie nur kurz einen Blick in den Eingangsbereich werfen wollen oder sich lieber Zeit für eine der etwa 60-minütigen geschlossenen Führungen nehmen. Die meisten, neben vielen fachlich interessierten Bürgern auch zahlreiche Kollegen und Architekturstudenten, nehmen sich diese Zeit gern. Sie bekommen einen Überblick über aktuell laufende oder gerade fertiggestellte Projekte, die anhand von Plänen, Fotos und Filmen erläutert werden, und sie haben die Möglichkeit, den anwesenden Architekten Fragen über Wettbewerbsverläufe, Kosten oder die Auftragsvergabe zu stellen. Nicht wenige frischgebackene Hochschulabsolventen nutzen die Gelegenheit, um ihre Bewerbungsunterlagen abzugeben.
Im vergangenen Jahr konnte das Büro den Tag der offenen Tür sogar gleich mit einer Objektbesichtigung verbinden – der erste Bauabschnitt der von gmp geplanten „Staatlichen Ballettschule Berlin“ war kurz zuvor fertig geworden und wurde der interessierten Öffentlichkeit präsentiert. In diesem Jahr lässt sich der Besuch im Büro mit einer Projektbesichtigung via Public Viewing verknüpfen – schließlich finden die in Warschau geplanten Spiele der Fußball-EM im von gmp entworfenen neuen Nationalstadion der polnischen Hauptstadt statt. 
www.gmp-architekten.de

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